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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mochte täuschen, denn mit seinen schlanken Fingern verstand er ebenso geschickt, das Schwert zu führen wie die Laute zu schlagen.
    Nachdenklich blickte der Barde in die Flammen der Feue r grube in der Mitte des Festsaals. Er wußte nicht zu sagen, w o her es kam, daß dieses Märchen ihn so aufwühlte. War es vie l leicht der Feuervogel? Wenn er ihm begegnete, wüßte er jede n falls, was er ihn fragen würde.
    »Ich danke dir für das schöne Märchen, mit dem du mich und meinen Hof unterhalten hast, auch wenn ich dir gestehen muß, daß ich Geschichten, die ein glückliches Ende nehmen, bevo r zuge. Doch ihr Barden scheint da einen anderen Geschmack zu haben … « König Gunther warf einen Seitenblick zu Volker und lächelte. »Auf jeden Fall heiße ich dich willkommen in meiner Burg. Nimm Platz an meiner Tafel und verweile, solange du dem Ruf der Ferne zu widerstehen vermagst.«
    Einen Augenblick lang hatte Volker den Eindruck, als wolle der Fremde dem König etwas erwidern, doch dann schien der Märchenerzähler es sich anders überlegt zu haben und vernei g te sich. »Ich danke für Eure Gastfreundschaft und erkenne in Euren Worten den Poeten.«
    Mit gesenktem Haupt ging der Mann rückwärts auf das hohe Tor zum Festsaal zu und ließ sich an einem der Tische am Ende der Festhalle nieder, die dem niederen Gefolge vorbehalten w a ren.
    Gunther hatte sich zu Hagen gewandt. Der düstere Krieger zeigte nicht die geringste Emotion. Viele der Ritter bei Hof w a ren der Meinung, daß das Gemüt des Recken mindestens g e nauso düster wie seine Gewandung war. Mit seinem schwarzen mit Rabenfedern verzierten Umhang, dem schwarzen Bart und Haupthaar und der schwarzen Binde, die sein zerstörtes Auge verdeckte, sah der Tronjer fast aus wie einer der Helden aus den Geschichten über die heidnischen Götter, zu denen ihre Ahnen einst gebetet hatten.
    »Nun, mein Freund«, fragte der junge König in aufgeräumten Tonfall, »wie hat dir die Geschichte gefallen?«
    Der düstere Recke lächelte dünn. »Wenn man den Feuervogel und diesen diamantenen Sarg vergißt, könnte es ein wahre G e schichte sein. Ein Mann liebt eine Frau und verliert sie. Er ist verzweifelt und reitet in die Berge … Zur Jagd vielleicht … Dort wird er vom Winter überrascht. Er ist auf die Kälte nicht vorb e reitet und erfriert. Der Rest … « Hagen machte eine wegwerfe n de Bewegung. »Das ist halt, was Dichter aus solchen Geschic h ten machen … «
    Gunther lachte und wandte sich zu Volker. »Und du mein Dichter … Denkst du genauso wie mein Waffenmeister?«
    »Es ist müßig, über die Wahrheit einer Geschichte zu deba t tieren, die ein Mann erzählt hat, den niemand kennt. Was ich zu beurteilen vermag, ist die Form, die er gewählt hat. Er ve r steht es, seine Worte wohl zu setzen, obwohl ihm der letzte Schliff zu fehlen scheint. Er wird den Gesetzen des Märchens gerecht. Es gibt ein Tier mit wunderbaren Fähigkeiten, eine magische Reise, einen Helden auf der Suche … Und für Mä r chen, die von Dichtern ersonnen werden, ist es auch üblich, daß sie tragisch enden.«
    »Jetzt ist es aber genug!« Königin Ute erhob ihre Stimme. Sie saß an Gunthers Seite und hatte bislang schweigend mit dem Messer in dem Fisch herumgestochert, den man ihr aufgetragen hatte. »Ich mag nichts mehr von düsteren Geschichten hören. Ich hasse Erzählungen, die ein trauriges Ende haben. Sie trüben nur das Gemüt des Zuhörers … Da sind mir ja die frechen und unmoralischen Minnelieder der fahrenden Sänger noch lieber. Ich für meinen Teil möchte niemals in eine solch tragische G e schichte verwickelt sein. Ich kann solchen Märchen nichts a b gewinnen.«

    Geron, der Märchenerzähler, hatte sich auf einer Bank im kle i nen Kräutergarten der Königin niedergelassen. Er streckte seine Glieder und lehnte sich gegen die Burgmauer, die von der Mi t tagssonne erwärmt wurde.
    Volker beobachtete den Fremden eine Weile. Geron hatte nicht das Format, um ihm bei Hof seinen Ruf als Dichter und Epiker abspenstig machen zu können. Er schien ein schlichter Bursche zu sein. Doch gerade diese Schlichtheit gab seinem Märchen Kraft.
    Der Spielmann war sich nicht sicher, wie alt Geron wohl sein mochte. Das Haar des Märchenerzählers war bereits von gra u en Strähnen durchsetzt, und graue Stoppeln standen gleich Dornen auf seinen hohlen Wangen. Der Mann war hager, fast ausgezehrt, so als habe er lange Zeit nur schlechten Lohn für seine Kunst erhalten. Seine Bundschuhe

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