Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
Euch ve r schlossen. Das Feuer bestimmt Euren Weg … « Der Märchene r zähler steckte das Kästchen in den Lederbeutel an seinem Gü r tel zurück, griff nach seinem Wanderstab, der an der Mauer des Turms lehnte, und schritt eilig über die staubigen Wege des sonnendurchfluteten Kräutergartens davon.
Lange blickte Volker ihm nach. Er wußte nicht, ob Geron nur ein harmloser Verrückter war oder ob er tatsächlich dem Wu n derbaren begegnet war. Schließlich fragte sich der Spielmann auch, ob ihn nicht viele bei Hof für mindestens ebenso verrückt hielten. Er hätte Geron nicht verspotten sollen! Wenn es den Feuervogel tatsächlich gab, würde dieser ihm verraten können, wo er die Morrigan finden konnte, jene Heidenpriesterin, an die er im vergangenen Jahr sein Herz verloren hatte.
Volker fluchte leise. Dann machte er sich auf den Weg, den Märchenerzähler zu suchen. Doch im Garten war er nicht mehr zu finden. Als der Spielmann schließlich an das Tor der K ö nigsburg gelangte, erklärten ihm die Wachen, daß der Fremde erst vor wenigen Augenblicken gegangen sei. Auf der Straße vor der Burg jedoch war niemand mehr zu sehen.
Der Barde eilte zu den Ställen und ließ sein Pferd satteln. Er ritt zur Stadt hinab und fragte in jeder Schenke und in jedem Gasthaus nach dem Märchenerzähler, aber keiner hatte Geron gesehen. Auch auf den Straßen, die von Worms fort führten, war der merkwürdige Wanderer nicht zu finden, und fast schien es, als habe es den Fahrenden niemals gegeben.
Lange nach Einbruch der Finsternis kehrte Volker zur K ö nigsburg zurück. Er war sich jetzt sicher, daß Geron ihn nicht belogen hatte. Ein Mann, der es schaffte zu verschwinden, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen, war mehr als nur ein Hirtenjunge, der eines Tages beschlossen hatte, als Fahre n der durch die Lande zu ziehen!
Wenigstens hatte Geron ihm eine Spur gewiesen. Er mußte nach Norden ziehen, überlegte Volker. Der Feuervogel würde wissen, wo die Morrigan zu finden sei. Es verging kaum eine Stunde, in der er nicht an die Herrscherin des Nachtvolks dac h te. Mit Hilfe des Feuervogels würde er sie wiederfinden! Oder würde er nur einer Märchengestalt nachlaufen und sich läche r lich machen?
Volker lächelte müde. Er war wohl der einzige Ritter im G e folge König Gunthers, der auf die Idee kommen würde, nach dem Funken Wahrheit zu suchen, der sich hinter einem Mä r chen verbergen mochte.
1. KAPITEL
olo hatte gewußt, daß es ein Fehler war, mit dem Spielmann zu reiten. Man folgte niemandem, der verrückt geworden war! Volker hatte sich tatsäc h lich in den Kopf gesetzt, den Feuervogel zu fi n den, ein Geschöpf, das der Phantasie eines Mä r che n erzählers entsprungen war … Verwechselte der Spielmann jetzt sein Leben mit dem der Helden aus den romantischen Li e dern, die er seinen Damen sang? Wie konnte Volker nur an so etwas glauben? Golo erinnerte sich noch gut daran, wie sein Gefährte ihm seinen Glauben an die Feen hatte ausreden wo l len. Mehr als ein Jahr war seitdem vergangen …
Man hatte den Spielmann freundlich am Hof von Worms au f genommen, als sie zum Weihnachtsfest zurückgekehrt waren. Volker hatte ein neues Lied von seiner Reise mitgebracht, so wie es alle erwartet hatten. Die traurige Geschichte vom Nach t volk hatte ihn noch berühmter gemacht, als er ohnehin schon war, und ganz besonders die Frauen bei Hof schienen wie ve r zaubert von ihm zu sein. Natürlich hielten alle das Epos um die Morrigan für erfunden. Und doch spürten gerade die Frauen, daß sich hinter dem Lied eine wahre Liebesgeschichte verbe r gen mußte. Es hatte mehr als eine gegeben, die versuchte, die Melancholie des Spielmanns zu vertreiben, und Volker war nicht der Mann, der sich den Wünschen von Frauen widerset z te … Doch keine hatte es geschafft, ihn die Heidenpriesterin vergessen zu lassen.
Der Gefährte des Ritters rutschte unruhig auf dem Sattel hin und her und suchte nach einer Position, die auch nur halbwegs bequem war. Obwohl er jetzt ein Ritter war, hatte er sich mit dem Reiten nie wirklich anfreunden können. Er war ein gutes Stück kleiner als Volker und sehr viel stämmiger. Nicht, daß er von sich sagen würde, er wäre dick … Das waren Muskeln! Und Rücklagen für schlechte Zeiten.
Mit seinen kurzgeschorenen, braunen Haaren und dem bre i ten, offenen Gesicht unterschied er sich sehr von dem Spie l mann, an dessen Seite er ritt. Vor ein paar Tagen erst hatte einer der Ritter bei Hof
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