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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Gürtel gelöst und um dem Oberschenkel geschlungen, um die Blutung zu stillen. »Sieh nach, ob drinnen noch jemand lebt!«
    Der Spielmann nickte knapp und eilte geduckt zur brenne n den Scheune. Vorsichtig spähte er um die Ecke des hohen Ei n gangstors. Von der Decke des Holzbaus regneten Funken. Ein Stück vor ihm lag ein alter Mann, der mit einer Heugabel ni e dergestochen worden war. Irgendwo zwischen den tanzenden Schatten, die die Flammen auf die Wände warfen, erklang ein leises Schluchzen. Ein bedrohliches Knacken ertönte im Gebälk der Decke. Eine Klappe zum Heuboden schlug auf, und eine Kaskade brennenden Strohs ergoß sich über den Mittelgang.
    Volker biß sich auf die Lippen. Einen Atemzug lang zögerte er. Dann zog er seinen Umhang schützend über sein langes Haar und lief in die Scheune hinein.
    »Wo bist du?« brüllte er aus Leibeskräften. Keine Antwort. Die Hitze brannte ihm auf Gesicht und Händen. Mit einem G e bet auf den Lippen drang der Spielmann weiter in die Scheune ein. Halb stolperte er über eine Frau, die am Boden lag. Ihr Kleid war zerrissen. Sie hatte sich ein Messer in den Leib gest o ßen. Noch immer umklammerten ihre Finger den groben Hol z griff der Waffe. Volker kniete sich nieder und fühlte nach ihrem Herzen. Sie war tot. Er drückte ihr die Augen zu und zog ihren Rock über ihre Scham hinab. War sie es gewesen, die er wi m mern gehört hatte? Suchend blickte er sich um. Von der Decke ertönte erneut ein bedrohliches Knacken. Es war an der Zeit zu verschwinden! Doch als der Barde aufsprang, hörte er erneut das klagende Schluchzen. Es kam aus der hinteren Ecke der Scheune. Undeutlich konnte er unter einem der Deckenbalken einen Schatten hin- und herpendeln sehen.
    »Komm raus! Uns bleiben nur noch einige Augenblicke, bis die Scheune einstürzt! Schnell!«
    Nichts rührte sich. Polternd stürzten einige glühende Bretter von der Decke herab. »Verdammt, komm endlich heraus!« Der Barde sprang auf und rannte dem Geräusch entgegen. Endlich fand er hinter einen Karren kauernd ein Mädchen. Die Kleine mochte vielleicht vierzehn Sommer gesehen haben. Sie hatte langes, braunes Haar, das ihr in wirren Strähnen ins Gesicht hing. Auch ihr Kleid war zerrissen. Sie hielte beide Hände fest vor die Brust gepreßt. Ihre Finger umklammerten etwas Helles. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie zu der schattenhaften Gestalt, die vom Deckenbalken hing. Es war ein Mann, dem das Brustbein gespalten war und dem man den Bauch aufgeschni t ten hatte. Ganz so, wie es ein Fleischhauer tat, um ein Schwein auszuweiden. Am Boden lag ein blutiger Haufen Innereien.
    Volker packte das Mädchen und zog ihm seinen Umhang über den Kopf. Mit dem Kind auf den Armen eilte er zum Mi t telgang der Scheune zurück. Fast hatte er das Tor erreicht, als mit ohrenbetäubenden Bersten ein Teil der Decke hinabstürzte. Eine Wand aus Feuer versperrte den Ausgang.
    »Bei allen Heiligen … Ich werde nie mehr eine Messe im Wormser Münster versäumen, wenn du mir jetzt hilfst, heilige Maria.« Verzweifelt blickte sich der Spielmann nach einem Fluchtweg um. Das Mädchen klammerte sich fest an seine A r me.
    Der Karren! Volker blickte zurück. Der Einspänner, hinter dem das Mädchen gekauert hatte. Vielleicht könnte er damit eine Bresche durch die Flammen schlagen.
    Keuchend stürzte er zurück und rammte mit der Schulter g e gen den hoch mit Holz beladenen Wagen. Doch statt loszuro l len, kippte er zur Seite weg. Ein Teil der Ladung fiel auf den gestampften Lehmboden. Fluchend rannte Volker auf die and e re Seite des Karrens um zu sehen, was geschehen war. Eines der Räder war auf einen hölzernen Block aufgebockt gewesen. Es war zerbrochen! Offenbar hatte der Wagen repariert werden sollen.
    Fluchend blickte Volker zu der Flammenwand, die den Weg zum Scheunentor versperrte. Sollte er es wagen? Die Luft war so heiß, daß er bei jedem Atemzug das Gefühl hatte, flüssiges Feuer rinne seine Kehle hinab. Ihm war schwindlig. Es schien, als würde die Hitze die Kraft aus seinen Beinen schmelzen. Mit jedem Herzschlag fühlte er sich schwächer …
    »Dorthin. Du mußt dorthin … laufen!« Hustend zeigte das Mädchen in eine Ecke, in der sich Kisten und Weidenkörbe türmten. »Dort ist eine Tür … Der dicke Mann hat die Körbe umgestoßen … «
    Dicht wie die Regentropfen eines Sommergewitters fielen die Funken von der Decke. Wie ein Gewicht aus Blei lag das zarte Mädchen in Volkers Armen. Müde stieß sich der Barde

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