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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ehrerbietig.
    Golo fühlte sich elend. Er stieß die Tür zu seiner Kammer auf und ließ sich auf den hochlehnigen Eichenstuhl sinken. Auf dem Tisch vor ihm brannte eine Öllampe. Zitternd hob er seine rechte Hand und starrte auf das Blut. Die feuchte Stelle unter dem Torbogen! Der Diener hatte ihn nicht versetzt. Er selbst war es, der zu spät gekommen war!

    Vor den Stadtmauern ließ Ricchar seinen Hengst in leichten Trab fallen. Er wies auf einen steilen Hügel im Westen. »Dieser Berg war früher einmal der Venus geweiht. Heute birgt er ein anderes Geheimnis. In dieser Nacht, mein Freund, sollst du e r fahren, was mich im Innersten bewegt, und wenn du willst, wirst auch du die erste Weihe auf dem Weg zum Licht empfa n gen.«
    Volker schüttelte verwirrt den Kopf. »Wie meinst du das? Ich fürchte, ich habe den Sinn deiner Worte nicht ganz versta n den.«
    »Nun, es ist ein wenig kompliziert. Ich möchte dir nicht zu nahe treten, doch denke ich, es ist an der Zeit, daß wir über g e wisse Dinge reden. Dir ist vielleicht schon aufgefallen, daß es an meinem Hof keine Geistlichen gibt. Ich habe sie alle davo n gejagt, denn ich halte die Christen für Diebe und Lügner. Diese Worte mögen dich verletzen, ja vielleicht sogar abschrecken, aber ich bitte dich, gib mir Gelegenheit, dir zu erklären, warum ich so denke.«
    »Ich gehöre nicht zu jenen, die glauben, das Christentum mit dem Schwert verbreiten zu müssen. Ich war sogar in eine hei d nische Priesterin verliebt. Solange du nicht versuchst, mich d a zu zu zwingen, meinen Glauben zu verleugnen, gibt es keinen Grund für mich, dir zu grollen.«
    Ricchar nickte ernst. »Ich habe gewußt, in dir einem weisen Mann begegnet zu sein. Auch ich war einmal Christ, bis ich e i nes Tages erleuchtet wurde. Es ist erst drei Jahre her. Ich hatte mich mit Mönchen über die Geschichte der Römer unterhalten, und plötzlich begriff ich, daß von dem Moment an, in dem die Römer das Christentum zur Religion des Kaiserhauses gemacht haben, ihr Reich schwach geworden ist.«
    »Soweit ich weiß, hat Konstantin im Zeichen des Kreuzes e i nen großen Sieg errungen«, entgegnete Volker kühl. Er war ein wenig enttäuscht. Bei ihrem Aufbruch hatte er darauf gehofft, daß Ricchar ihm etwas Ungewöhnliches zeigen wollte, doch nun schien es so, als wolle der Fürst lediglich mit ihm allein sein, um in Ruhe ein Gespräch über den Wert des Christentums zu führen.
    »Was hat dieser Sieg genutzt?« fragte Ricchar zynisch. »Es war nur eine Schlacht! Entscheidend ist, wie die letzte Schlacht endet. Und du weißt, daß die Römer ihr Reich Stück um Stück verloren haben. In den Zeiten, als ihre Legionen noch von Sieg zu Sieg gezogen sind, beteten die Soldaten zu einem Gott, der Mithras geheißen wurde. Er kam aus einem Land weit im O s ten, noch jenseits der Ufer von Euphrat und Tigris. Mithras wurde meist als Soldat dargestellt. Er hat den Urstier getötet, aus dem die Welt erwachsen ist. Die Babylonier und viele and e re Völker haben schon zu ihm gebetet, lange bevor Christus überhaupt geboren wurde. Mithras steht für das Licht, das die Finsternis besiegt, genauso wie der Christengott, der über Satan triumphiert. So wie dein Gott gilt er als Weltenschöpfer, und wie bei der Geburt Christi waren auch bei seiner Geburt Hirten als Zeugen zugegen. Und weißt du, an welchem Tag des Jahres er geboren wurde? Am vierundzwanzigsten Dezember, so wie dein Heiland. Die Priester des Christengottes haben all dies schamlos vom Mithrasglauben gestohlen. Es gibt Dutzende so l cher Geschichten. Die mithrischen Symbole Löwe, Stier und Adler kehren bei den Christen als die Symbole der Evangelisten Markus, Lukas und Johannes wieder. Wie Moses mit seinem Stab Wasser aus dem Felsen schlägt, so zaubert Mithras durch einen Pfeilschuß in eine Felswand Wasser herbei. Und sieh dir die Rituale deines Christengottes an! Die Taufe mit Vollbad, so wie sie Johannes vollzieht, kennt auch die Mithrasprieste r schaft. Weihwasser und das ewige Feuer spielen ebenso eine Rolle wie heilige Mahle und Gesang oder das Verdecken und Enthüllen des Altarbildes bei Schellengeklingel … «
    »Wenn dein Glaube dem Christentum aber so ähnlich ist, wie du behauptest, waren sollten dann die Christen dem römischen Reich den Untergang gebracht haben? So wie es scheint, hat sich doch kaum etwas geändert!«
    »Ein kluger Einwand! Doch vermag ein Schwert aus Bronze gegen eines aus Eisen zu bestehen, auch wenn es eine noch so gute

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