Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
einen Schritt in Volkers Richtung. »Du bist doch der Kerl, der an der Seite des ketzerischen Grafen g e kämpft hat.«
Volker lächelte breit. »Ich habe dir doch gesagt, daß Wissen einen nicht immer glücklicher macht.«
»Du Bastard bist mir doch in die Scheune nachgelaufen, um dir meinen Kopf zu holen.«
Der Spielmann nickte. »Richtig. Und ich muß sagen, es tut mir aufrichtig leid, daß wir beide uns dort verfehlt haben.«
»Nun, das können wir ja jetzt nachholen.«
Golo konnte es nicht fassen. Kaum waren sie einer Gefahr en t ronnen, brachte sie der Spielmann in den nächsten Schlamassel. Es war schon schlimm genug, daß der Eber ihn wiedererkannt hatte, aber hätte er nicht wenigstens auf dieses Duell verzichten können! Man konnte den Eindruck haben, daß Volker an se i nem Leben nichts mehr gelegen war. Unauffällig blickte Golo sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Sollte der Spielmann a l lein sterben!
Doch sie saßen in der Falle. Jeder Versuch einer Flucht war aussichtslos. Golo wußte, daß er den Bogenschützen niemals davonlaufen könnte. Inzwischen verfolgten sie zwar alle g e spannt den Streit zwischen ihrem Anführer und Volker, doch wenn er versuchte, die Lichtung zu verlassen, dann würde ihnen das kaum entgehen. Golo fluchte leise. Warum nur hatte ihn das Schicksal an diesen verrückten Barden gekettet.
Der Spielmann blickte zu den toten Franken zu seinen Füßen und grinste dann wieder zum Eber herüber. »Gegen nur einen wie dich zu kämpfen ist gegen meine Ritterehre! Zu gering w ä re deine Aussicht auf Erfolg, um den Kampf gerecht nennen zu können. Ich werde dir mit meinem Gefährten zeigen, wie gut ich das Schwert zu führen verstehe, damit du Gelegenheit hast, es dir noch einmal zu überlegen, ob du wirklich gegen mich antreten willst. Immerhin hast du meinem Freund Golo das Leben gerettet, und dafür stehe ich in deiner Schuld. Mit ve r bundenen Augen werde ich gegen den Recken kämpfen und dir zeigen, daß ich selbst blind einen Schwertkampf zu gewi n nen vermag. Golo, bring mir ein Tuch, damit ich mir die Augen verbinden kann!«
Golo mußte sich beherrschen, damit man ihm die Erleicht e rung nicht allzu deutlich ansah. An seinem Freund war ein wahrer Schmierenkomödiant verlorengegangen! Hundertmal und öfter hatten sie den Kampf mit den verbundenen Augen geübt. Die Reihenfolge seiner Angriffe war genau festgelegt, und Volker gab ihm durch unauffällige Gesten, wie ein Federn in den Knien oder ein scheinbar nervöses Zucken mit den Fi n gern jeweils den Einsatz für seine neuen Attacken. Dem unb e dachten Beobachter aber blieb dies verborgen. Für jeden, der es nicht besser wußte, mußte es so aussehen, als könne der Spie l mann mit verbundenen Augen genauso sicher kämpfen wie ein Sehender. Selbst Angriffe in seinen Rücken wehrte er mit spe k takulären Paraden ab. Bislang hatten sie noch jeden, dem sie diesen Schaukampf vorführten, damit zutiefst beeindruckt.
»Du glaubst doch wohl nicht, daß ich mich durch Zauberwerk narren lassen werde!« grollte der Eber. »Du wirst dir nicht mit dem Tuch, das dir dein Freund bringt, die Augen verbinden. Wahrscheinlich ist es durch Hexerei für deine Augen durc h sichtig gemacht. Nimm das hier stattdessen.« Der Räuber zog sich einen Schal aus fleckigem, braunem Tuch vom Hals.
Volker blieb gelassen. »Dein Mißtrauen kränkt mich. Ein vol l kommener Schwertkämpfer hat solche Betrügereien nicht nötig. Aber wie du willst … Komm her und verbinde mir selbst die Augen, damit du sicher sein kannst, daß alles mit rechten Di n gen zugeht.«
Golo legte seinen Schild zur Seite und zog sein Schwert. Vo r sichtig tastete er nach der Wunde über seiner Hüfte. Die Verle t zung blutete nicht mehr. Wahrscheinlich war es nur ein leichter Schnitt und nichts Ernstes. Müde streckte er seine schmerze n den Glieder. Zum Glück würde der Kampf mit Volker nicht sehr lange dauern. Der Spielmann war niedergekniet und ließ sich vom Eber die Augenbinde anlegen. Als dies geschehen war, erhob er sich und streckte die Rechte ein wenig affektiert in Golos Richtung. »Man führe mich zum Kampfplatz!«
»Das wird nicht notwendig sein, du Geck.« Der Eber lächelte grausam. »Warum sollte ich zusehen, wie dein Kamerad dir den Kopf abschlägt, wenn ich dieses Vergnügen genausogut selbst auskosten kann.« Der Räuber zog sein Schwert und einen breiten Dolch.
»Das ist gegen die Vereinbarung!« rief Golo empört und wol l te sich zwischen die beiden
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