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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Franken verstümmelt hatte, nun einen kleinen Jungen umarmte und auf seine Schultern hob. Die kaltblütigen Mörder, die der Eber um sich geschart hatte, führten sich plötzlich wie ganz normale Familienväter auf. Männer, die einem Reisenden schon für ein schlichtes Ku p ferarmband die Kehle durchgeschnitten hätten! Überall ertönte ausgelassenes Lachen.
    Auf dem Wall lungerten einige Männer mit Bögen herum, die ihren Kameraden lässig zuwinkten. Der Spielmann versuchte abzuschätzen, wie viele Krieger der Eber hier oben versammelt haben mochte. Vielleicht würde dieser Berg eines Tages zu Burgund gehören, wenn es noch einmal Krieg mit den Franken gab und die Ritter König Gunther s erneut den Rhein hinaufz o gen, um die Grenzen des Reiches nach Norden auszudehnen. Hagen würde niemals ein solches Räubernest innerhalb der Grenzen Burgunds dulden. Mit Sicherheit würde man eine Schar Ritter und Waffenknechte ausschicken, um das Übel des Bandenunwesens von der Wurzel her auszurotten.
    Volkers Blicke glitten über die Befestigungen. Man müßte wohl mindestens hundert Streiter aufbieten, um das Bergdorf einzunehmen. Vielleicht auch mehr, wenn die Verteidiger en t schlossen genug waren …
    Hinter der Umwallung lagen zwei Dutzend einfacher Lehmhäuser mit Dächern aus Holzschindeln oder Stroh. Dazu kamen einige kleine Lagerhäuser, die aus schweren Balken g e zimmert worden waren, und eine lange Halle, die offenbar das Festhaus des Dorfes war. Das auffälligste Bauwerk jedoch war ein steinerner Turm, der dicht am Steilhang lag. Ursprünglich halb verfallen, hatte man ihn nun notdürftig wieder aufgebaut. Eine schmale Treppe führte an seiner Außenwand bis zum er s ten Geschoß, wo eine kleine Tür als Eingang diente. Das hal b verfallene zweite Geschoß war mit Brettern und Balken wieder instand gesetzt worden, und auf dem flachen Dach des Weh r baus standen zwei Bogenschützen, die von dort einen guten Ausblick auf das umliegende Bergland hatten.
    »Das ist meine Burg«, erklärte der Eber, der neben Volker ins Dorf marschiert war. Niemand war gekommen, um den Anfü h rer der Räuber in die Arme zu schließen. Offenbar gab es weder Kinder noch eine Frau, die auf ihn warteten. Den wenigen Männern, die ihn im Vorbeigehen grüßten, nickte er unwirsch zu.
    »Du hast hier ja fast eine kleine Armee versammelt.«
    »Sind verdammt viele Mäuler zu stopfen, und die Vorrat s häuser sind nicht einmal halb voll. War ein Fehler, meinen Männern zu erlauben, ihre Weiber mitzuschleppen.«
    Volker blickte zu einer Gruppe halbwüchsiger Jungen, die sich mit einem schlacksigen Krieger balgten, der zu den Hei m kehrern gehörte. Das kleine Dorf war voller Leben. Überall standen Frauen und junge Mädchen in den Türen. Auf den schlammigen Gassen liefen gackernde Hühner und buntg e scheckte Ziegen. Doch dort, wo der Eber vorbeiging, ve r stummte das Lachen.
    »Ihr beide werdet Quartier in meiner Burg beziehen, bis ich einen guten Preis für deinen Kopf erzielt habe, Spielmann.«
    »Du bist ein Ausbund an Charme, Eber. Deine Leute wirken so richtig begeistert, wenn sie dich wiedersehen.«
    »Ich wüßte nicht, daß wir Freunde sind, Ritter. Warum sollte ich mir also die Mühe machen, freundlich zu dir zu sein?« en t gegnete der Räuber ruppig. »Und was meine Leute angeht … Ich sorge dafür, daß getan wird, was notwendig ist. Damit macht man sich nicht immer beliebt.«
    »Und als nächstes ist es notwendig, hundert Goldstücke Kopfgeld für die Schatzkammer in deiner Burg zu besorgen, während der Winter näherrückt und deine Vorratshäuser nicht gefüllt sind.«
    »Was geht dich das an!« grollte der Krieger. »Für das Gold kann man Rinder und Getreide kaufen … «
    »Wenn du den Handel vor Einbruch des Winters abschließt … Sollten die Pässe aber schon verschneit sein, wirst du keine W a ren mehr hier hinaufbekommen. Was glaubst du, wann du dann die Rationen für die Frauen und Kinder und all die and e ren, die du nicht als Krieger gebrauchen kannst, strenger einte i len mußt? Schon im Januar? Oder wird es bis Februar reichen?« Volker zeigte zu einer Frau mit einem Neugeborenen auf dem Arm, die am Wegesrand stand. »Glaubst du, der Kleine wird den nächsten Frühling erleben? Was wird sein Vater von dir denken, wenn er ein Loch in den vereisten Boden schlagen muß, um seinen Sohn zu begraben. Du hast schon recht … Es sind verdammt viele Mäuler zu stopfen.«
    Der Eber fuhr herum und packte Volker am

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