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Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg

Titel: Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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genau.
    Der Saal, viele Mannslängen hoch, wurde von dem gewaltigen Eisenportal beherrscht. An beiden Seitenwänden standen mächtige Statuen, vier zur Rechten, vier zur Linken, turmhohe Darstellungen von Zwergen in Rüstungen, bewaffnet mit Äxten und Streitkolben. Als stumme Torwächter blickten sie aus Granitaugen zum Boden der Halle herab. Mütterchen hatte stets den Eindruck, als folgten ihre leblosen Blicke jeder ihrer Bewegungen. Besonders schlimm war es während der Nachtwache, wenn sie allein im Dunkeln kauerte. Meist saß sie dabei in Decken gehüllt am Tor und blickte abwechselnd durch den Sehschlitz ins Freie, dann wieder hinauf zu den steinernen Gesichtern. Im Grunde war es fast albern, daß sich ausgerechnet die Zwerge als Riesen dargestellt hatten, und doch hatte Mütterchen nie über diesen Umstand lachen können. Viel zu sehr beunruhigte sie die schweigsame Starre der acht Granitgiganten, und sie wußte, daß es Geist und sogar Löwenzahn genauso erging.
    Alberich berichtete ausführlich, was ihm in der Nacht widerfahren war, und je eingehender er versuchte, sich an jede Einzelheit zu erinnern, desto zorniger wurde er. Schließlich schnaubte er beim Sprechen so sehr, daß Geist und Mütterchen ihn erst einmal durch besänftigendes Zureden beruhigen mußten, ehe er fortfahren konnte.
    Nachdem Alberich zum Ende gekommen war, platzte es übermütig aus Löwenzahn heraus: »Es ist doch ganz einfach! Wir gehen runter, suchen alles ab und erschlagen jeden Zwergling, der uns über den Weg läuft!«
    Mütterchen faßte sich ob so wenig Taktgefühl an die Stirn, Geist blickte verlegen zu Boden, und Alberich sah aus, als würde ihm vor Wut gleich der Schädel platzen.
    »Dummkopf!« tobte er mit hochrotem Gesicht. »Du blöder, halbhunnischer Dummkopf!« Alberich haßte es, wenn Löwenzahn ihn oder einen anderen seines Volkes Zwergling nannte, doch diesmal machte ihn etwas ganz anderes wütend. »Seit zweihundert Jahren gibt es außer mir keinen Zwerg mehr im Hohlen Berg, ach, was sag’ ich, im ganzen Land! Und du willst hingehen und einfach jeden erschlagen, der drei Köpfe kleiner ist als du!« Seine Augen glühten vor Wut, als wollten sie gleich in Flammen aufgehen.
    Löwenzahn grinste. »Nicht jeden«, sagte er mit einem Seitenblick auf Geist. »Nur alle, die Zipfelmützen und Bärte tragen.«
    Alberichs Gesichtsfarbe schien von Rot zu Violett zu wechseln, und Mütterchen sah sich genötigt, einzuschreiten. Löwenzahn liebte es, den Zwerg mit seinen Sticheleien zur Weißglut zu bringen. Entschlossen trat sie zwischen die beiden Streithähne.
    »Schluß jetzt!« verlangte sie scharf und gab sich den Anschein der würdevollen Schlichterin. Geist grinste verhalten.
    »Alberich hat recht«, sagte Mütterchen. »Wir sollten uns genau überlegen, wie wir vorgehen wollen. Wir wissen nicht, wie dieser Zwerg in den Berg gelangt ist, aber wir sollten besser davon ausgehen, daß dort, wo er herkommt, noch weitere von seiner Sorte… verzeih, Alberich, von seinem Volke sind.«
    Geist zupfte gedankenverloren an einem kleinen Farnwedel, der zwischen ihren flachen Brüsten wuchs. Die Bewegung irritierte Mütterchen; gestern war das Blatt noch nicht dagewesen. Die Magie, die in dem zarten Moosfräulein schlummerte, war gewaltig. Geist wußte nicht, wie sie damit umgehen sollte, und so beschränkte sie sich darauf, ihre Macht an Spielereien wie bunte Blüten und wuchernde Blätter zu verschwenden.
    Heute aber sah das Moosfräulein aus, als beschäftige es irgend etwas ganz Bestimmtes, und dabei schien es sich keineswegs um Alberichs Erlebnis zu handeln.
    »Was ist los?« fragte Mütterchen.
    »Ich wollte heute ohnehin nach unten gehen«, sagte Geist, ohne sie anzusehen. »Auf dem Weg könnte ich ja die Augen offenhalten.« Es war klar, daß sie nur eine Ausrede suchte, wieder hinab in die Mooshöhle zu klettern. Löwenzahn hatte Mütterchen gleich nach dem Aufstehen davon erzählt, als sie sich an einer Felsquelle nahe ihrer Schlafquartiere gewaschen hatten. Es beunruhigte die alte Räuberin ein wenig, daß Geist den Ernst der Lage offenbar nicht einzuschätzen wußte.
    »Niemand geht allein irgendwohin!« entschied Alberich in jenem überflüssigen Befehlston, den er selbst so liebte, der aber die Geduld aller anderen aufs äußerste strapazierte. Auch nach zwei Jahren hatte er noch immer nicht bemerkt, daß er damit den Widerspruch seiner Gefährten regelrecht herausforderte, begründet oder nicht. Auch jetzt prasselte

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