Nibelungenmord
und nur noch Briefe und Hausarbeiten verfasst. Anderthalb Jahrzehnte später, in einer Schreibkrise meiner Doktorarbeit, erinnerte ich mich plötzlich wieder daran, wie viel Freude mir das Schreiben früher einmal gemacht hatte. So entstand meine erste Geschichte – zu dem Zweck, mich zurück an den Schreibtisch zu bringen. Und dann schrieb ich noch eine und noch eine und noch eine …
Planen Sie die Handlung im Voraus oder lassen Sie sich von der Story treiben?
Beides. Erst improvisiere ich und lasse meine Ideen wuchern, bis mir meine Figuren ganz deutlich vor Augen stehen, dann wird alles säuberlich in Form gebracht, geordnet und strukturiert. Erst danach geht es mit der eigentlichen Schreibarbeit los.
Wie gehen Sie vor: Sitzen Sie stundenlang vor dem Computer, bzw. wie müssen wir uns Ihren Arbeitsplatz vorstellen?
Ich würde mich liebend gerne nach dem Frühstück an den Schreibtisch setzen und dann Seite um Seite tippen. Das wäre so praktisch!
Leider fällt mir am Schreibtisch nichts ein. Wenn ich an einer Geschichte arbeite, setze ich mich nach der Arbeit oft in ein Café, beobachte die Leute und blättere in einem Buch. An den Tagen, an denen ich nicht unterrichte, bleibe ich zu Hause auf dem roten Sofa im Wohnzimmer, sehe dem Kater beim Schlafen zu und denke nach. Zwischendurch notiere ich mir alles Wichtige, so richtig altmodisch mit Füller und Notizbuch. Irgendwann muss ich natürlich doch an den Schreibtisch und alles abtippen … Das wird dann ausgedruckt, ich nehme es mit aufs Sofa, beobachte wieder den Kater und kritzle mit Tinte im Text herum. Zwar ist dieses mehrfache Schreiben furchtbar umständlich, aber so funktioniert es bisher am besten. Der Vorteil ist, dass der Text bei jedem Schritt ein wenig besser wird. Wenn irgendwann alle Denkarbeit abgeschlossen ist und es nur noch ums Schreiben geht, kann ich mich vor dem Computer natürlich nicht mehr drücken und setze mich zähneknirschend davor, meist so sechs Stunden am Tag.
Was ist Ihre größte Inspirationsquelle?
Der Rhein! Die ersten Ideen kommen immer bei Spaziergängen, durch Sachen, die ich sehe, Fragen, die ich mir dazu stelle. Die Landschaft des Siebengebirges ist da sehr ergiebig. Manchmal denke ich ganz alberne Sachen, etwa: »Oh, der Rhein sieht heute aber traurig aus!« Daraus kann sich eine Geschichte ergeben. Manchmal ist es so, manchmal ergibt sich natürlich gar nichts, und man hat sich einfach nur einen Haufen dummer Gedanken gemacht, über die man im Nachhinein den Kopf schüttelt. Eine andere wichtige Quelle sind Bücher. Ich lese viel, und hin und wieder ergreift mich etwas so, dass ich selbst etwas dazu schreiben möchte.
Am wichtigsten ist Zeit, viel Zeit, am besten ein bisschen Langeweile. Manchmal ist es ganz schön schwer, sich diese Langeweile zu verordnen und sie dann auch herbeizuführen …
Welches war das erste Buch, das Sie gelesen haben? Weshalb ist es Ihnen in Erinnerung geblieben?
Zum Glück hatte ich Eltern, die mir viel vorgelesen haben. Darum war der Übergang vom Vorlesen zum Selberlesen fließend, und ich weiß nicht mehr, welches das erste Buch war. Ich kann mich aber noch gut an meinen ersten Kriminalroman erinnern: Ich war für die Ferien zu meiner Tante geschickt worden und fand dort auf der Waschmaschine so eine rot-schwarze Taschenbuchausgabe von Agatha Christies Ein Mord wird angekündigt. Der Anfang hat mich so gepackt, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe. Zum Glück hatte meine Tante reichlich Nachschub.
Welches Buch sollte jeder gelesen haben?
Die unendliche Geschichte von Michael Ende. Ich habe es als Kind zum Geburtstag geschenkt bekommen, und seitdem lese ich es immer wieder und wieder, und jedes Mal entdecke ich etwas Neues. Auf eine mysteriöse Weise sind beinahe alle guten Geschichten darin enthalten.
Welches Buch würden Sie jedem Krimileser empfehlen?
Gar keins! Krimileser sind sehr, sehr unterschiedlich. Sie alle wollen Spannung, aber was genau diese Spannung ausmacht, da scheiden sich die Geister. Ich würde vorsichtig nach den drei Lieblings-Krimis fragen und dann erst eine Empfehlung aussprechen.
Welche Person aus einem Roman oder Film würden Sie gerne kennenlernen? Und was würden Sie zu ihr sagen?
Ich glaube, ich würde gern ein Tässchen Tee mit Miss Marple trinken. Ich würde möglichst wenig sagen, sondern ihr zuhören, sie beim Stricken beobachten und mir heimlich Notizen machen.
Wie sieht für Sie ein
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