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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Schüler. Margriet!« Claes, der vor ihm stand, beachtete er gar nicht.
    Im Grunde hätte er nicht nach seiner Gemahlin zu rufen brauchen. Seine Frau kannte seine Gepflogenheiten; schon vor geraumer Zeit hatte sie seinen Blick aufgefangen und nach dem Verwalter geschickt. Nun erhob sie sich lächelnd. Auch Adorne stand auf, als sie näher kam; dem jungen Charetty und dem Konsulenten bedeutete sie allerdings, sitzen zu bleiben. »Mevrouw«, setzte Adorne an. »Hier ist ein junger Bursche, der gestern der Tochter unseres Freundes Florens einen Gefallen erwiesen und noch keine Belohnung bekommen hat. Bittet sie doch herzukommen.« Während er sprach, musterte er die drei jungen Männer. Keiner von ihnen, das war ihm sehr wohl bewußt, hatte Katelina van Borselen bemerkt, die sich am anderen Ende des Raumes aufhielt. Zwei von ihnen wandten sich um und erröteten. Der Lehrling blieb einfach stehen, wo er war, und wartete geduldig ab.
    Anselm Adorne amüsierte sich gern über andere, aber es ging ihm nie um das reine Amüsement. Es genügte ihm nicht, den Lehrling durchschaut zu haben, er wollte auch herausfinden, wie es dem Mädchen, einer Cousine Wolfaerts van Borselen, jetzt ging, nach drei Jahren als Ehrenjungfer der schottischen Königin, in deren Verlauf sie immer noch nicht geheiratet hatte.
    Er brauchte nicht lange. Heute trug sie keinen Hennin, sondern hatte die Haare in ein Netz gefaßt, eine Korkenzieherlocke vor jedem Ohr. Das brachte ihren langen Hals zur Geltung; ihr enganliegendes Kleid war schlicht, nach der Mode am schottischen Hof geschnitten. Die für die van Borselens charakteristischen Augenbrauen hatten sich zusammengezogen. Der Lehrling drehte sich um, und die Augenbrauen glätteten sich.
    »Oh«, sagte Katelina van Borselen, »das Gefolge des Badebassins. Ich habe mich schon lange nicht mehr so amüsiert. Und da ist ja auch der Apportierhund. Er sieht anders aus, trocken.«
    »Ja, Demoiselle«, erwiderte Claes und lächelte gutmütig. »Ihr auch, Demoiselle. Meester Adorne meint offenbar, Ihr solltet Euch bei mir entschuldigen.«
    Adorne sah das Gesicht seiner Frau zucken und dann wieder einen gelassenen Ausdruck annehmen. Er bedauerte, allerdings nicht übermäßig, den jungen Burschen unterschätzt zu haben, an den er sich nun wandte. »Claes - so heißt du doch?«
    Das Lächeln des Jungen war das des Kindes, des Toren, des Greisen, des Mönchs. »Claes van der Poele, Mijnheer«, ergänzte Claes.
    Dieser Name war ihm gegeben worden, denn er hatte selbst keinen gehabt. Anselms Verwalter, der immer alles herausbekam, hatte über Claes umfassend Bescheid gewußt. Der Junge war im Alter von zehn Jahren nach Brügge gekommen, um in der Färberei der Charettys zu arbeiten. Zuvor lebte er in Genf, im Haus der Handelsherren Thibault und Jaak de Fleury, als das uneheliche Kind der Nichte Jaaks. Zur Familie de Fleury war er nicht zurückgekehrt; sie hatten sich offenbar mit der Bezahlung seiner Lehrzeit bei den Färbern aller Verpflichtungen ihm gegenüber entledigt. Eine ganz gewöhnliche Geschichte: Ein Bediensteter eines Haushalts und die Tochter eines anderen hatten sich einen Fehltritt geleistet, und dieser Fehltritt wurde mit möglichst wenig Aufwand großgezogen und tauchte schließlich mit blau verfärbten Fingernägeln in Flandern auf.
    Klatsch interessierte Adorne nicht sonderlich, Brügge und sein Geschäftsleben hingegen durchaus. Eines Tages würde Felix de Charetty diesem Gemeinwesen angehören, und dieses hatte Sorge dafür zu tragen, daß er keinen Schaden anrichtete oder unwürdige Freunde duldete. Anselms Verwalter sagte, der Lehrling sei gutmütig und schlicht. Das ließ sich ohne weiteres prüfen. »Du solltest eigentlich wissen, Claes van der Poele, daß eine Dame sich nicht bei einem Lehrling entschuldigt.«
    »Und warum nicht, Mijnheer?« wandte Claes ein. »Wenn ich sie gekränkt hätte, müßte ich mich bei der Dame entschuldigen.«
    »Dann entschuldige dich. Du hast mich beleidigt«, forderte Katelina van Borselen ihn auf.
    »Weil der Wind Demoiselles Haar offen wehen ließ und Lord Simon es gesehen hat, ich weiß. Es tut mir leid, Demoiselle«, erklärte der Lehrling.
    Anselm Adorne bemerkte, wie seine Frau ihm im Hintergrund zuzwinkerte und das Mädchen, mit dem er sprach, ihn verärgert anstarrte. »Sollte ich etwa in Euer Haus kommen, um eine Begegnung mit diesem da über mich ergehen zu lassen? Da ging es in Schottland kultivierter zu.«
    »Vielleicht ist es ja in Seeland

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