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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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weckte Katelinas Zweifel, ob er wirklich viel vom Schloß gesehen hatte oder oft dagewesen war. Vielleicht ganz gut so, dachte sie. Alle Intrigen, hieß es, begannen auf Genappe. Es würde dem Haus Charetty nicht gut bekommen, allzu eng mit dem Schloß verbunden zu werden.
    »Es spricht doch einiges für ein gutes Familienleben«, sagte Katelinas Mutter, »auch wenn man ein Haus mit großem Hofstaat führt oder Jagdhütten in jedem Wald hat. Da ist nun dieser König von Frankreich, ungeliebt und leidend, trotz neuen Seidengewändern und Wämsern. Und sein eigener Sohn ist sein erbittertster Feind.«
    Katelinas Vater lächelte. »Wohl kaum ungeliebt, nach allem, was man hört, Mevrouw. Tatsächlich heißt es, daß gerade die Liebe sein Leiden hervorgerufen habe. Ja, es ist traurig. Daß ein Sohn seinen Vater nicht mag - so etwas geht vorüber und ist ganz natürlich bei Heranwachsenden. Aber daß ein Mann dem Haß auf seinen Sohn Raum gibt - das ist unnatürlich.«
    »Dann seht Euch den Herzog von Burgund an!« rief seine Frau. »Er hat nur einen einzigen Sohn; reizend, fromm, mit besten Umgangsformen. Der vornehmste Grundbesitzer in Holland; tapfer, wie man es nur wünschen kann; segelt sein Schiff auch in rauhester See; erfüllt einzig von dem Verlangen, seine Tapferkeit auf dem Schlachtfeld zu beweisen. Und seht nur, wie er seinen Vater haßt und sein Vater ihn! Dieser entsetzliche Streit! Wäre der Dauphin nicht, hätten sie einander schon umgebracht. Die arme Herzogin hat deswegen bereits den Hof verlassen. Und wenn der Dauphin den jungen Charles jetzt auf die Jagd mitnimmt, ist der Herzog wütend. Der König von Frankreich soll schon im Scherz angeboten haben, er könne ja den Sohn des Herzogs als seinen eigenen annehmen, da sein eigener Sohn den Herzog weit mehr schätze. Da sieht man, was Land und Macht anrichten!«
    Die Gäste, die Florens van Borselens Frau kannten, lächelten und schwiegen wohlweislich. Wie immer hatten Katelina und ihr Vater es still über sich ergehen lassen. Als ihre Mutter fertig war, sagte ihr Vater bloß: »Ich rate Euch, Mevrouw, hütet Eure Zunge, sonst bringt Ihr Katelina noch dazu, einen armen Mann zu heiraten, nur damit sich ihre Erben eines Tages nicht von ihr abwenden und ihr das Herz zerreißen.« Simon von Kilmirren hatte er nicht erwähnt, dessen Verhältnis zu seinem Vater er einmal als »unnatürlich« bezeichnet hatte. Und Katelina hatte einst sogar mit dem Gedanken gespielt, ihn zu heiraten.
    Felix errötete. Claes sah ihn an, zögerte, schwieg dann aber. »Ich behaupte nicht, daß der Dauphin recht hat oder der Graf von Charolais«, sagte Felix. »Aber Männer wollen nicht immer Befehlen gehorchen. Ob es sich nun um Land und Macht handelt oder nicht.«
    »Da habt Ihr recht«, sagte Katelinas Vater. »Es erheben ja sogar Frauen ab und zu Einwände gegen Befehle. Aber in mancher Familie ist die Wirkung folgenschwerer als in anderen. Disharmonie unter Fürsten kann ein Land zugrunde richten. Ein Streit zwischen Vater und Sohn kann noch ein Unternehmen vernichten. Und ein Krach zwischen einem Fischer und seinem Sohn kann bedeuten, daß ihr Boot nicht ausläuft und der Lebensunterhalt nicht verdient wird. Daher wird ein König viele Bastarde zeugen, damit er vertrauenswürdige Männer seines Blutes um sich hat, falls die legitimen Söhne ihn im Stich lassen. Und ein Mann aus nicht ganz so hohem Haus wird sich an seine Onkel und Cousins halten, denn er könnte eines Tages auf sie angewiesen sein. So mancher Mann hat in seinem Neffen einen treueren Sohn als in denen, die ihm geboren wurden.«
    So etwas hatte Katelina ihren Vater noch nie sagen hören. Sie begriff, daß er die Anwesenheit des Bastards Claes vergessen hatte, und als sie zu ihm hinüberblickte, stellte sie fest, daß ebendieser Bastard sie leicht amüsiert ansah. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Mutter gelenkt, die explodierte.
    Ihre Mutter explodierte oft, und sie alle warteten einfach immer ab, bis es vorbei war. Offenbar hatte es sie zutiefst verletzt, daß ihr Mann überhaupt auf den Gedanken kommen konnte, das Kind einer anderen Frau seinen zwei eigenen ehelich geborenen Töchtern vorzuziehen; und sie war sicher, daß die anderen Damen am Tisch genauso empfanden. Die Vielzahl der herzoglichen Bastarde, was für eine Schande! Und wolle ihr Mann ihr etwa weismachen, die beiden unehelichen Töchter des Dauphin seien aus politischen Gründen gezeugt worden? Und was sei dann mit …
    Der vornehmste

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