Niccolòs Aufstieg
über der Wölbung der Lippen und am Kinn. Und obwohl seine Augen nicht lächelten, lag auf seinen sichelförmigen Lidern doch die Ahnung eines Lachens, das jederzeit wieder aufleuchten konnte.
Ihre Hand lag auf der Decke. Sie sah, wie er einfach aus Sorge seine Hand auf die ihre legte, und wußte, daß sie ein Zittern nicht unterdrücken konnte. Er berührte sie, und sie erschauerte von Kopf bis Fuß. In einer einzigen Nacht hatte sie gelernt, seine Reaktion von seinem weicher werdenden Gesicht abzulesen. Sie sah, wie er sich zu beherrschen versuchte. Doch als er sich von ihr zurückziehen wollte, ergriff sie seine Hand. Das Laken glitt ihr bis auf die Hüften hinab. Wenn er zur Tür ginge, müßte er sie nackt mit sich ziehen. Und hinaus auf die Straße. Sie zersprang innerlich beinah, und plötzlich machte sich ihr Körper selbständig und begann, aus eigenem Antrieb dem entgegenzutreiben, was er ihr verschaffen sollte. »Oh, berühre mich!« rief sie, dachte aber, als er endlich reagierte, daß es zu spät sei.
Er war erfahren. Zog sie vom Bett auf den Boden, und binnen Sekunden drang er in sie, diesmal mit unnachgiebiger Heftigkeit, und hielt sie auf dem Höhepunkt, den sie längst erreicht hatte, bis sie vor Lust zu sterben meinte. In den letzten Augenblicken steigerte er sich in eine wilde Raserei und ergab sich schließlich ganz derselben Lust.
Betäubt lag sie da. Als sie erwachte, befand sie sich wieder im Bett, vom Laken bedeckt. Ihre Glieder hatten sich aufgelöst. Dort, wo dieses sehnsüchtige Verlangen gewesen war, spürte sie jetzt ein schwaches, ungewohntes Ziehen, ganz anders als der kurze, scharfe Stich ihrer Entjungferung. Ihr kam der seltsame Gedanke, daß sie beim letzten Mal nur ihre jungfräuliche Unschuld verloren hatte und erst diesmal wirklich zur Frau geworden war.
Und wieder durch Claes. War er gegangen? Nein, das wäre zu unhöflich gewesen. Wartete er darauf, daß sie aufwachte?
Sie regte sich und fand seine nackte Schulter an der ihren und seinen Kopf tief ins Kissen vergraben. Um ihr Verlangen zu stillen und ihr Vertrauen zu erlangen, hatte er ihren Wunsch erfüllt. Und sicher auch noch aus anderen Gründen. Nicht einmal Claes hätte diesen Punkt so schnell erreicht, wenn er sie nicht auch begehrt hätte.
Als er ihre Bewegung spürte, stützte er sich auf einen Ellbogen und streckte die Hand aus, aber nicht zu ihr, sondern zur Bettkante hin. Dann drehte er sich wieder herum, in der Hand einen mit Wasser gefüllten Zinnbecher. Statt ihn ihr anzubieten, stellte er ihn auf das Laken und sagte: »Bleibt noch still liegen. Wenn es so war wie eben, verursachen die ersten Bewegungen manchmal Kopfschmerzen.«
Sie lag da und spürte, wie sich ihr Körper beruhigte und der Druck von ihrer Stirn wich. Er machte kein Hehl aus seiner Erfahrung, nicht einmal jetzt. Nach einer Weile richtete sie sich ebenfalls etwas auf, nahm den Becher und leerte ihn. Als er sich hinabbeugte, um den Becher auf den Boden zu stellen, beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln von der Schulter zu den Rippen, von den Rippen zur Hüfte und von der Hüfte zum Oberschenkel. Sie ließ ihn ihren prüfenden Blick spüren.
»Ich habe einmal einen jungen Bullen beobachtet, der eine ganze Herde bearbeitete«, sagte sie, »und konnte kaum glauben, was ich sah. Wie viele andere hast du heute schon bestiegen?«
Er antwortete nicht gleich, zog aber das Laken nicht wieder hoch, obwohl sein Gesicht ruhiger wurde. »Keine, Demoiselle.«
Katelina starrte ihn an. »Aha, daher zweifellos deine - brillante - Leistung. Was hättest du getan, wenn ich nicht hier gewesen wäre? Wärst du in ein Bordell gegangen?«
Er wich ihrem Blick nicht aus. »Unverheiratete Männer tun das. Und die Gesellschaft erlaubt es uns. Ich habe Felix gerade in eines gebracht.«
»Du meinst, du hast durch mich Geld gespart?«
Wieder ließ er einen Augenblick verstreichen, einen Ellbogen auf das Kissen gestützt, den Blick auf seine gefalteten Hände gerichtet. »Ihr habt gesagt, Ihr wäret in Schwierigkeiten.«
»Ja, das stimmt.« Katelina war ganz atemlos vor Wut und Angst. »Du genießt meinen Körper.«
Er blickte auf seine Hände und lächelte. »Es ist mir also nicht gelungen, das zu verbergen.«
»Wenn ich deine Frau wäre, könntest du das Tag und Nacht haben. Würdest du mich deswegen heiraten? Oder gefällt es dir mit anderen Frauen besser?«
Er sah auf, löste seine gefalteten Hände, nahm eine der ihren und drückte sie leicht. »Ihr seid
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