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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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bemühte sie sich weiter um einen ruhigen Ton. »Aber ich kann es nicht, mein Lieber. Auch wenn sie alle noch so willig sind, Cristoffels, Gregorio, Henning, sogar Astorre, Thomas und Julius da unten in Italien, sie sind einfach nicht klug genug, um mir richtig zu helfen. Und Felix, das weißt du so gut wie ich, kann es nicht und will es auch gar nicht. Für ihn wird dieses Unternehmen immer nur eine Geldquelle sein, wenn er acht Groschen braucht, um - nun, wofür auch immer.«
    Sie sah ihm direkt in die Augen. »Ich kann das Unternehmen, so wie es ist, nicht führen. Dein kühner Streich, dieses Meisterstück, das mir ein Vermögen einbringen würde, verlangt zu viel von mir. Ich kann da nicht mitmachen.«
    »Ich dachte, Felix würde schneller ein Mann werden«, sagte Claes. Und als sie gereizt auffahren wollte: »Gut. Ja. Ich weiß. Es wird nicht so schnell gehen. Aber er hat das Zeug dazu. Das sieht man. Erwartet nicht zu wenig von ihm. Das ist mit ein Grund seiner Schwierigkeiten.«
    »Genau das möchte ich von dir hören«, sagte sie, als er innehielt. »Deine ehrliche Meinung. Auch über mich.«
    Er blickte einen Moment stirnrunzelnd ins Feuer. »Ja. Mit einem eingefahrenen Gespann kommt Ihr gut zurecht, aber um ein neues heranzuziehen, fehlt Euch die Erfahrung. Das ist nicht Euer Fehler. Ohnehin ist das Unternehmen zu weit verzweigt. Ich wollte vorschlagen, daß Ihr die Färberei und die Pfandleihe der Löwener Niederlassung verkauft, sobald Cristoffels dort Ordnung geschaffen hat, und das Geldwechsel- und Darlehensgeschäft nach Brügge verlegt, so daß Ihr alles von hier aus beaufsichtigen könnt. In sechs Monaten werden Eure Leute sich aneinander gewöhnt haben und Ihr Euch an sie.«
    »Aber wir waren uns doch gerade einig«, wandte sie ein, »daß ich nicht sechs Monate lang alles allein Zusammenhalten kann. Und selbst wenn - auch vollkommene Arbeitsgemeinschaften brechen auseinander und müssen neu besetzt werden. Schon das wäre mir zuviel. Sogar wenn von diesem Augenblick an die weltbeste Truppe zur Verfügung stünde, wäre sie so einem Unternehmen, wie du es mit der Alaunauswertung planst, nicht gewachsen.«
    »Das würde ich machen. Das Reisen wäre nicht von Nachteil. Aber Ihr habt recht, man muß sich auf ein gut geführtes Unternehmen hier in Brügge verlassen können.«
    Sie fragte sich, ob er sie dahin lenken wollte, den Vorschlag zu machen. »Als du hier noch deinen Unfug getrieben hast, wollten die Stadtväter dich loswerden. Jetzt, da sie sieben Wochen lang erlebt haben, wie du arbeitest, hätten sie wohl nichts dagegen, wenn du bliebest.«
    »Tja«, sagte Claes. »Ich habe es geschafft, nicht mehr im Steen zu landen. Aber das ist eigentlich nicht das Hindernis.«
    »Was dann? Deine Verträge? Es wird sich doch ein anderer tüchtiger Kurier finden lassen!«
    Er lächelte, ohne sie anzusehen. »Keiner, der sich auf Geheimschriften versteht. Ich weiß schon zuviel. Die Medici werden einen Wechsel nicht hinnehmen. Der Dauphin ebensowenig. Und sowieso ist alles, was ich höre und sehe, für das Unternehmen eher vorteilhaft als hinderlich. Vielleicht könnte ich zwischen den Reisen Pausen einschieben, die lang genug sind, um hier in Brügge nach dem Rechten zu sehen, bis Euer neues Gespann allein zurechtkommt. Das wahre Hindernis ist doch, daß nicht einmal der niedrigste Eurer Leute sich von mir befehlen lassen würde, geschweige denn Henning und Meester Gregorio. Oder Felix, Astorre, Tobias und Julius. Ihr braucht einen Mann wie Gregorio, genauer gesagt, wie Gregorio einer sein wird. Gebildet und mit Autorität. Ich kann nicht hoffen, ein Handelsunternehmen zu führen. Ich kann mich den Bürgern und Adligen nicht aufzwingen. Ich bin neunzehn Jahre alt, von niedriger Geburt, einer aus dem untersten Stand, der zufällig lesen und schreiben kann. Und die Leute würden sich die Mäuler zerreißen.«
    Er sah sie an und lächelte, und sie sagte, was sie niemals für möglich gehalten hätte. Es geschah wie von selbst, weil es still war und weil es sich hier, am Feuer, ganz ohne Spannung sprechen ließ. »Durch Heirat kannst du ein freier Bürger werden«, sagte sie.
    Sie kannte ihn besser als die meisten. Sie wußte, daß er ein geborener Spaßvogel und Schauspieler war. Und da er es nicht erkennen ließ, würde sie nie erfahren, ob er selbst daran gedacht, ob er erwartet oder auch gefürchtet hatte, daß sie so einen Vorschlag machen würde. Sie schmeichelte sich nicht mit dem Gedanken, er habe es

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