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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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einer Stunde eintreffen.«
    Der Rechtskonsulent, der Felix nicht kannte, dachte einen Moment nach. »Dann mach du inzwischen die Pumpe fertig. Komm in mein Kabinett, sobald Jongeheer Felix hier ist.«
    Claes nickte. Als Gregorio außer Sicht war, prüfte er noch einmal die Pumpe, die jetzt tadellos arbeitete, dann lief er auf einem anderen Weg ins Haus zurück, wusch sich und zog seine blaue Tracht an. Er schob Tobias’ Brief in seine Tasche, holte sich einen Maulesel aus dem Stall und trabte zum Hotel Jerusalem davon. Unterwegs erledigte er noch zwei Besuche.
    Bei ihrer Rückkehr wurde Marian de Charetty von ihrem neuen Rechtskonsulenten Gregorio mit der Mitteilung empfangen, daß ihr Untergebener namens Claes kurz dagewesen sei, sich aber nicht, wie gewünscht, in seinem Schreibzimmer habe sehen lassen. Und daß Jongeheer Felix angeblich nach Brügge unterwegs, aber noch nicht eingetroffen sei.
    Claes war ohne Felix zurückgekommen. Es mußte etwas geschehen sein. Hatte Felix versucht, Claes zu entlassen? Hatte Claes sich anderswo in Dienst nehmen lassen und war nur zurückgekehrt, um seine Sachen zu holen? Nein. Er würde wenigstens warten, um es ihr persönlich mitzuteilen.
    Sie hatte dem neuen Rechtskonsulenten das Zimmer gegeben, in dem Julius gearbeitet hatte. Sie dankte ihm und bat ihn zu warten, bis sie ihn rufen würde. Dann ging sie in ihr eigenes Schreibzimmer und hörte von Henning, daß die Pumpe in Ordnung gebracht war, die Unzufriedenheit in der Werkstatt jedoch andauerte. Gregorio erwähnte er mit keinem Wort, das konnte nur bedeuten, daß er sich über den immer noch ärgerte. Die Tatsache, daß Claes die Pumpe geflickt hatte und alle, mit denen er gesprochen hatte, offenbar guter Dinge waren, konnte eigentlich nur bedeuten, daß er nicht vorhatte wegzugehen. Was Catherine sicher freuen würde, wenn auch nicht Tilde. Marian de Charetty schlug ihre Bücher auf und konzentrierte sich auf das Geschäftliche.
    Dann kam Felix. Seine Kleider sahen übel mitgenommen aus. Weil die Leute des Dauphin ihn zur Jagd mitgeschleppt hätten, erklärte er und begann sogleich zu erzählen. Bevor sie nach Claes fragen konnte, klopfte Gregorio an. Ihr fiel ein, daß sie ihn gebeten hatte, an der Besprechung teilzunehmen. Er mußte wissen, was in der Löwener Niederlassung vor sich ging.
    Gerade hatte sich Gregorio gesetzt, als die Tür aufflog und Felix’ Freund John Bonkle hereinplatzte. Marian de Charetty starrte ihn erstaunt an. John Bonkle blieb abrupt stehen und sagte mit rotem Kopf: »Verzeiht, Demoiselle. Man hat mir gesagt, Felix sei hier.«
    »Das ist er«, antwortete Marian de Charetty, »aber sehr beschäftigt im Augenblick. Ist es dringend?«
    »Nein. Doch«, sagte John Bonkle, der nicht für seinen klaren Verstand bekannt war. »Felix - er will vor heute abend acht Pariser Groschen von mir. Ich kann das nicht bezahlen, du Bastard.«
    Von Felix’ Augen, die auf seine Mutter gerichtet waren, war nur noch das Weiße zu sehen.
    John Bonkle wurde blaß. »Ich meine - verzeiht. Das war nur so ein Ausdruck, Demoiselle. Aber ich kann das nicht bezahlen, Felix.«
    »Was denn bezahlen? Wieso?« fragte Felix »Dich bezahlen. Für ihn. Für sie«, stammelte Bonkle. »Du weißt doch.«
    »Mich bezahlen wofür?« fragte Felix und lief langsam rot an.
    »Es tut mir leid, Demoiselle«, sagte John Bonkle. »Claes sagt, ich muß ihm bis heute abend acht Pariser Groschen zahlen, sonst…«
    »Sonst was?« erkundigte sich Marian de Charetty sanft.
    Schweigen.
    Marian stand auf. Sie nahm einen Schlüssel aus dem Bund an ihrem Gürtel und sperrte eine der Truhen an der Wand auf. Ihr entnahm sie einen Beutel und eine Waage und brachte beides zu ihrem Schreibtisch. Sie leerte den Beutel aus. Ein Häufchen Silbermünzen ergoß sich auf den grünen Tischüberzug. Sie wog die Münzen, legte einige auf die Seite und holte einen neuen Beutel, in den sie sie hineingab. Die Waage stellte sie einstweilen auf einen Stapel Schuldscheine, neben dem eine Preistafel der Färberei stand. Die Preise waren säuberlich neben einer Reihe farbiger Wollmuster eingetragen.
    »Die Waage ist vor kurzem geprüft worden«, sagte sie freundlich zu John Bonkle. »Du kannst dich auf sie verlassen.« Sie wog den Beutel in der Hand, »Wem gebe ich den nun? Dir, Felix oder Claes?«
    »Mir«, sagte Felix schnell.
    Sie betrachtete ihren Erstgeborenen, der mittlerweile erwachsen war. »Gern. Aber du mußt mir natürlich verraten, wofür das Geld gedacht

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