Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
Vom Netzwerk:
Männer, die leise über Geld sprachen.
    Prosper de Camulio de’ Medici, ein Mann Mitte dreißig, besaß jene besondere Gewandtheit, die Felix mittlerweile als den Stil des Diplomaten und Politikers zu erkennen gelernt hatte. Er trug ein leichtes Leinenhemd unter einem eleganten Überrock und dazu einen mit Veilchen bestickten Seidenschal, der zweifelsohne aus Frankreich stammte. Sein Gast war ein Genueser namens Tomà Adorne. Camulio und Adorne. Felix wußte, was die beiden verband, Nicholas hatte es ihm gesagt.
    Tomà Adorne war mittleren Alters, klein und fest, mit hellem Haar, das die levantinische Sonne bis zur Farblosigkeit gebleicht hatte. An ihm war keine Spur der feinen, leicht spöttischen Schönheit Anselm Adornes zu erkennen, und doch (sagte Nicholas) war er mit diesem verwandt.
    So lange schon in Brügge ansässig, so angesehen, so großartig flämisch - als hätte die Familie Adorne nie andere Wurzeln gekannt. Aber sechs Generationen zuvor (wenn man Nicholas glauben konnte) hatte der Verlust Akkas die handeltreibenden Vorfahren der Adorne aus dem Heiligen Land vertrieben: ein Teil der Familie war nach Flandern gezogen, der andere ins heimatliche Genua zurückgekehrt. Und noch früher sogar waren die klugen Seefahrer und Händler des genuesischen Fischerdorfs Camoglio ausgezogen und hatten sich in den genuesischen Kolonien niedergelassen, unter ihnen ein gewisser Vivaldo de Camulio, der in Byzanz einen Tuchhandel betrieben hatte.
    Vier Generationen zurück, zur Zeit von Anselm Adornes Urgroßvater, war Gabriel Adorne der erste Adorne-Doge Genuas geworden. Damals hatten seine Verwandten und andere genuesische Kaufleute die Herrschaft über die Insel Chios und den Alaunhandel mit Phokäa an sich gerissen. Keine zwei Jahre danach siedelte sich ein Niccolò de Camulio in Chios an. Später heiratete die Familie (sagte Nicholas) in die von Antonio de’ Medici ein, und aus dieser Verbindung ging Niccolò de Camulio de’ Medici hervor, Sekretär der commissarii von Genua, zuständig für die Berichterstattung über Abbaurechte und Steuereinnahmen in Phokäa und auf Chios. Dieser Linie entstammte ihr Gastgeber, Prosper de Camulio.
    Inzwischen hatten die Türken die Hand auf den Alaunminen von Phokäa, aber Chios stand immer noch unter der Herrschaft der genuesischen Kaufleute, und zu denen gehörten immer noch Baldassare, Paolo, Raffaele, Niccolò, Giuliano und Tomà Adorne.
    Jetzt war Genua von den Franzosen besetzt. Doch unter den vertriebenen Genuesern, die noch geschäftliche Interessen auf Chios hatten, war Prosper Adorne, Graf von Renda, Seigneur von Ovada und den beiden Ronciglioni der Mann, der am meisten Anspruch darauf hatte, als nächster in den Dogenpalast von Genua einzuziehen. Er war Tomas Cousin und ein weitläufiger Verwandter Anselm Adornes. Er war außerdem ein alter Freund und Helfer ihres Gastgebers, Prosper de Camulio, und hatte den gleichen Vornamen. Er war der erste der genuesischen Rebellen, den der Herzog von Mailand, der Genua ebenfalls von den Franzosen befreit sehen wollte, heimlich unterstützte.
    Auf seinem Landgut war kürzlich Doktor Tobias gewesen, um sich, wenn man Nicholas glauben konnte, mit ihm über diese hochinteressante Angelegenheit, den Alaunhandel, zu unterhalten.
    Alaun verband Tomà Adorne und Camulio. Alaun und republikanisches Taktieren, das Felix, wenn er darüber nachdachte, in Angst und Erregung stürzte. Die Erregung entsprang der Aussicht auf große Reichtümer. Die Angst wurde wach, wenn er Nicholas ansah und sich, dann und wann, eingestand, daß sich ihm hier etwas ganz Unbekanntes zeigte.
    Die Angst und seine mangelhaften Sprachkenntnisse veranlaßten ihn zu schweigen und die anderen reden zu lassen. Es war kein einträchtiges Gespräch. Ihn beunruhigte ein grollender Unterton, den Nicholas allerdings nicht zu bemerken schien. Der konzentrierte sich darauf, seinen Zuhörern zwei schriftliche Gutachten nahezubringen, das eine über das Alaunlager, das Beauftragte des Hauses Charetty kürzlich auf dem Gebiet des Kirchenstaats entdeckt hatten, das andere über die Qualität des entdeckten Alauns. Die Gutachten waren beide von Venezianern unterschrieben und gegengezeichnet. Felix hatte sie noch nie gesehen.
    Prosper de Camulio blickte von den Papieren auf. »Aus diesen Unterlagen geht doch hervor, daß Venedig das Lager bereits gesehen hat und weiß, welche Gefahr für sein Monopol auf türkischen Alaun es darstellt. Wenn die Unterschriften echt

Weitere Kostenlose Bücher