Niceville
Charlie.«
»Kreditmäßig ist er also im Keller.«
»So, wie die Wirtschaft läuft, wäre Jesus genauso im Keller. Warum
reitest du so auf diesem armen Lastwagenfahrer herum, Charlie?«
Danzigers Gesicht versteinerte.
»Weil Fargo schlecht aussehen wird, ganz gleich, wie das hier
ausgeht. Und besonders mein Bereich. Selbst wenn wir so sauber sind wie der
Schwanz einer Gummiente. Fargo wird das schwer treffen. Und mich ebenfalls. Du
weißt, ich bin ja schon aus dem Staatsdienst rausgeflogen, und jetzt –«
Boonie setzte sich auf und wedelte mit dem Finger.
»Nein. Du bist im Dienst verletzt worden, Charlie, und hast mit
diesem Heroinersatz rumgemacht, um die Schmerzen in den Griff zu kriegen.
Daraus macht dir keiner einen Vorwurf.«
»Ich sehe aber kein Abzeichen auf meiner Brust«, sagte Danziger mit
rotem Kopf.
Boonie beschwichtigte ihn, bis er sich wieder etwas abgekühlt hatte.
Jeder wusste, dass die Jungs von der Internen Ermittlung Charlie Danziger fertiggemacht
hatten. Boonie lebte in der Furcht, dasselbe könnte auch ihm passieren. Alle
Polizisten lebten in dieser Furcht. Verbrecher zeigten manchmal Gnade, die IE nie. Wenn die es darauf anlegte, einen fertigzumachen, war man schon so gut wie
erledigt.
»Tut mir leid, dass ich ein bisschen laut geworden bin«, sagte
Danziger, nachdem Boonie ihnen nachgeschenkt hatte. Seine Wut war sehr echt
gewesen, doch er zeigte sie nicht gern, insbesondere da der Überfall auf die
Bank in Gracie seine persönliche Rache an der IE und
den anderen Schleimscheißern in der Zentrale gewesen war.
»Nicht so schlimm«, sagte Boonie und musterte Charlie über den Rand
seines Glases hinweg. »Wann bist du wieder im Büro?«
»Montagmorgen«, sagte Danziger. Er sah an Boonies Schulter vorbei
auf die glitzernde Ansammlung von Türmen und Spitzen der Innenstadt von Cap
City und dachte, wenn über diese Sache ein bisschen Gras gewachsen wäre, würde
er sich vielleicht eine hübsche Wohnung mit einer schönen Aussicht auf den
Tulip und die Skyline von Cap City kaufen.
»Wo du schon mal da bist: Fällt dir irgendjemand ein, der bestätigen
kann, dass du gestern in Metairie warst?«
Danziger überlegte oder machte jedenfalls den Eindruck, als würde er
überlegen.
»Auf Anhieb nicht. Das Boot liegt in Canticle Key. Da war ziemlich
viel Betrieb. Du könntest Cyril fragen. Warte – lass mich nachdenken.«
Boonie machte ein Gesicht, als hätte er Zeit bis zum Jüngsten
Gericht.
»Ich hab getankt. Zweimal, auf dem Rückweg. Hab die Quittungen
wahrscheinlich noch im Wagen. Da stehen Ort und Zeit drauf. Ich meine, das
heißt zwar nicht, dass ich im Wagen saß, aber es ist immerhin
etwas.«
Danziger hätte diese Quittungen nicht angeboten, wenn er nicht eine
Woche zuvor auf dem Heimweg von Metairie zweimal getankt und die Daten auf den
Quittungen mit Hilfe von Photoshop und einem Scanner verändert und ausgedruckt
hätte. Es waren sehr kleine Tankstellen gewesen, die Quittungen waren auf
billigem Recyclingpapier gedruckt, und die Besitzer hatten nicht so ausgesehen,
als führten sie ihre Bücher besonders penibel. Es war riskant, aber es war ja
nicht gesagt, dass Boonie sie tatsächlich würde sehen wollen. Boonie würde sich
an das Angebot erinnern, und mehr wollte Danziger nicht.
»Irgendwelche Kreditkartenabrechnungen?«
»Ich benutze keine Kreditkarten mehr. Ich meine, ich habe natürlich
welche, aber ich mag sie nicht.«
Boonie beugte sich vor, schrieb etwas auf, zögerte und sah Danziger
stirnrunzelnd an.
»Cantik… Wie schreibt man das?«
Danziger buchstabierte Canticle Key und gab ihm die Telefonnummer
des Bootsausrüsters Cyril Fond Du Lac, einem freundlichen Cajun, der Danzigers
Geschichte höchstwahrscheinlich bestätigen würde, weil er seine Tage und Nächte
in einem Nebel aus Whiskey und Marihuana verbrachte. Nichts, was er sagte,
konnte Danziger schaden, aber er konnte eine Hilfe sein. Danziger hatte die
Aufmerksamkeit auf Crowder gelenkt, er hatte den USB -Stick
mitgebracht, Tankquittungen angeboten und sich insgesamt offen und kooperativ
gezeigt – er sah, wie er fand, so unschuldig aus, wie man nur aussehen konnte.
»Jedenfalls danke, dass du gekommen bist«, sagte Boonie und winkte
mit dem USB -Stick.
»Kann ich dich anrufen, wenn wir hier drauf irgendwas Interessantes finden?«
»Ja, du kannst mich jederzeit auf dem Handy erreichen, Tag und Nacht.
Ich will diese Arschlöcher genauso gern zur Strecke bringen wie du. Bist du
sicher, dass du diesen
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