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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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alt, Boonie.«
    »Ich weiß. Aber ich finde, die alten Witze sind die besten.«
    »Wie kommt ihr in dieser Sache in Gracie voran?«
    Boonie klopfte auf seine Hemdtasche, suchte nach den Zigaretten, die
er nicht mehr rauchte, und verzog das Gesicht wie immer, wenn ihm einfiel, dass
er nicht mehr rauchte.
    »Ich hatte gehofft, dass du uns da helfen könntest, Charlie.«
    Danziger verzog den Mund unter dem großen weißen Schnurrbart zu
einem Lächeln und zeigte tabakgelbe Zähne.
    »Ich weiß, was du denkst. Du denkst, die hatten Hilfe von drinnen.«
    »Der Verdacht liegt nahe«, sagte Boonie.
    »Allerdings. Sehe ich auch so.«
    Danziger lehnte sich zurück, stöhnte vor Schmerz kurz auf, holte aus
der Innentasche der von Donny Falcone geborgten Lederjacke einen USB -Stick
hervor und reichte ihn Boonie.
    »Das ist vom Computer in unserem Personalbüro. Eine komplette Liste
aller Angestellten, die wissen konnten, was in diesem Geldtransporter war oder
wer ihn fahren sollte. Also praktisch alle, die uns aufs Kreuz gelegt haben
könnten.«
    Boonies große rote Hände spielten mit dem USB -Stick.
    »Danke, Charlie. Normalerweise brauchen wir für so was eine
richterliche Verfügung.«
    Danzigers Gesicht wurde hart. Er seufzte.
    »Bei mir nicht, Boonie. Vier Polizisten sind tot. Scheiß auf
Verfügungen. Wenn einer von meinen Leuten was damit zu tun hatte, dann bringe
ich die Schrotflinte, und du bringst die Schaufel, und dann können wir begraben,
was von ihm noch übrig ist.«
    »Ist dein Name auch dabei?«
    »Na klar. Auch ich bin verdächtig. Das verstehe ich. Du musst jeden
Einzelnen unter die Lupe nehmen, Boonie. Wäre dumm, wenn du’s nicht tätest.«
    »Und das macht dich nicht nervös?«
    Danziger versuchte, die Schultern zu zucken, entschied sich anders
und hob stattdessen seine großen Hände.
    »Du bist zwar ein lausiger Fliegenfischer, aber ein guter Polizist,
Boonie. Ich schätze, ich kann darauf vertrauen, dass du die Schuldigen findest.
Das hast du, wenn ich mich recht erinnere, immer getan. Gibt es noch was, womit
ich dir in dieser Sache helfen kann?«
    Boonie dachte nach.
    »Hast du mal von einem Mann namens Lyle Crowder gehört?«
    »Ja. Das war der Fahrer des Lastwagens, der auf der Interstate
umgekippt ist. Der Blödmann. Ich hoffe, es geht ihm schlecht.«
    Abermals schwieg Boonie.
    Danziger ließ ihn schweigen. Die Wunde pochte. Er brauchte ein
Oxycodon. Und eine Woche Schlaf. Boonie blickte auf und seufzte.
    »Wir bewachen ihn, damit er sich nicht umbringt.«
    Danziger blinzelte.
    »Damit er sich nicht umbringt?«
    »Ja. Er macht sich große Vorwürfe. Wegen dieser toten Frauen. Er
ist, wie sagt man … niedergeschlagen . Ist das das richtige
Wort?«
    »Klingt so.«
    »Und er hat gehört – die Bewacher, diese Idioten, haben’s ihm erzählt –, dass die Familien von diesen Frauen schlimme Sachen sagen. Was sie mit ihm
machen wollen, wenn er rauskommt.«
    »Reue ist was Furchtbares. Hab ich jedenfalls gehört. Selbst
ausprobiert hab ich’s noch nie. Wollt ihr ihn anklagen?«
    »Weiß ich noch nicht. Jeder Zeuge hat was anderes gesehen. Wir
untersuchen den LKW ,
um zu sehen, ob irgendwelche mechanischen Fehler vorliegen. Crowder sagt, ein
blauer Toyota hat ihn an der Ausfahrt geschnitten, er hat das Lenkrad
verrissen, der Auflieger ist ins Schleudern gekommen, er wollte das Schleudern
auffangen und ist von der Fahrbahn abgekommen, und von da an war dann nichts
mehr zu machen. Er hat an den Rippen und der Hüfte ganz schön was abgekriegt,
aber er kommt wieder auf die Beine.«
    »Wann war der Unfall?«
    Boonie musste nicht nachsehen.
    »14 Uhr 41.«
    »Und der Überfall?«
    »Zweiundvierzig Minuten später.«
    »Während sämtliche Polizisten am Unfallort herumstehen, sich am
Hintern kratzen und in ihre Funkgeräte reden. Stimmt’s?«
    Boonie musste lächeln.
    »Was das Hinternkratzen angeht, verweigere ich die Aussage.«
    »Ich hab das im übertragenen Sinn gemeint, Boonie.«
    »Tja, wenn du denkst, wir haben uns Lyle Crowder nicht genau
angesehen, liegst du falsch. Wir nehmen ihn im Augenblick unter die Lupe, aber
alles, was wir da sehen, ist ein freundlicher junger unverheirateter Mann, der
sich seit sechs Jahren für eine Spedition namens Steiger den Arsch aufreißt und
vorher mit seinem alten Kenworth selbständiger Fuhrunternehmer war, bis die
Rezession kam und die Bank den Wagen kassierte.«
    »Ach ja? Und welche Bank war das?«
    »Jedenfalls nicht die First Third,

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