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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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legen.«
    »Das tut mir wirklich leid. Ja, er sollte ein bisschen die Ohren
spitzen – aber nicht so. Ich sag ihm, er soll damit aufhören, okay?«
    »Ja, das wäre gut. Er macht zu viel Wirbel, und die Leute haben so
viel Angst, dass sie lieber gar nichts mehr sagen. Aber deswegen hab ich Sie
nicht angerufen. Meinen Sie, dass Sie uns helfen können, diesen
E-Mail-Denunzianten zu finden?«
    »Sind Sie denn sicher, dass ein und derselbe diese E-Mails an Sie
und die Presse geschickt hat?«
    »Ja. Ich meine, es sieht so aus. Wir haben den Niceville Register, Channel
Seven und die Kirche um Kopien der Mails gebeten, und die sind
alle identisch. Die Mail, die wir gekriegt haben, wurde gestern Nacht um
ungefähr zwei Uhr morgens verschickt. Die anderen drei sind heute Morgen vor
zehn rausgegangen.«
    »Vielleicht ist der Typ ungeduldig geworden. Er wollte, dass was
passiert.«
    »Wenn das stimmt, hat er die Reaktion gekriegt, die er haben wollte,
und zwar in rauen Mengen. Die Fernsehleute haben sich mit der Kirche in
Verbindung gesetzt, wo der Pfarrer gerade erst seine E-Mail gelesen hatte. Er
hatte Dennison, der sich bereits im Gebäude befand, zu sich bestellt. Die
beiden haben miteinander geredet, alles noch ganz ruhig, aber dann tauchen auf
einmal die Reporter auf, Dennison rastet aus, und die Sache läuft komplett aus
dem Ruder. Ich will dieses Arschloch zur Strecke bringen, Byron. Wann können
Sie Ihren Mann herschaffen?«
    »Ist gar nicht nötig. Schicken Sie einfach alles, was Sie haben, an – haben Sie was zum Schreiben? – also an techserve ,
ein Wort, techserve
at securicom dot com slash AndyChu . Haben Sie das?«
    »Ja«, sagte Tig und las die Adresse. »Und der Name war wie noch mal?
Andy …?«
    »Andy Chu, aber in einem Wort: AndyChu, ohne Leerzeichen. Okay?«
    »Hab ich.«
    »Ich werde Chu gleich anrufen. Er ist der Beste, den es gibt. Bis
heute Abend hat er was für Sie, vielleicht sogar schon früher.«
    »Danke, Byron. Ich weiß das sehr zu schätzen.«
    »Freut mich, Ihnen helfen zu können. Und wo wir gerade miteinander
reden: Wenn es irgendwelche Erkenntnisse über diese Sache in Gracie gibt, dann
würde ich mich freuen, darüber zu hören, inoffiziell natürlich, von Kollege zu
Kollege. Meine Kunden sind ziemlich geschockt, und ich würde sie gern beruhigen
können. Bis jetzt geht es nur um Geld, stimmt’s? Oder sind noch andere Sachen
geklaut worden?«
    Es gab eine Pause, in der Thad Llewellyn heimlich eine dritte
Glückspille einwarf, Byron mit den Zähnen knirschte und dachte, dass er jetzt
vielleicht ein kleines Stück zu weit gegangen war.
    »Ich wüsste nicht, was für andere Sachen das sein sollten, Byron. Es
war ein stinknormaler Banküberfall. Warum? Vermisst einer Ihrer Kunden was
Bestimmtes?«
    Scheiße ,
dachte Byron Deitz. Der Typ ist einfach zu fix. Jetzt halt bloß dein Maul.
    »Nein, nichts. Ich versuche bloß, mir ein Bild zu machen und
irgendwelche Besonderheiten zu finden.«
    »Tja, jetzt wissen Sie so viel wie ich. Wenn ich irgendwas höre,
sage ich Ihnen Bescheid. Und dieses E-Mail-Zeug schicke ich gleich los.«
    Tig verabschiedete sich und legte auf, und für einen Augenblick
saßen die beiden – Deitz und Llewellyn – da und hörten einander atmen und den
Regen auf das Dach prasseln. Deitz unterdrückte den Impuls, Phil Holliman
sofort anzurufen, und wandte sich an Llewellyn.
    »Okay, Thad, wir müssen … Verdammt, ist alles in Ordnung? Sie sehen
ein bisschen mitgenommen aus.«
    Llewellyn, den die dritte Glückspille gerade voll erwischte und der
in wenigen Minuten völlig hinüber und von unüberwindlicher Gelassenheit erfüllt
sein würde, sah Deitz mit einem buddhagleichen Lächeln an.
    »Sie, mein Guter, mein … mein byronesker Freund … sind viel zu
heftig.«
    Er blinzelte in Zeitlupe und musterte Deitz langsam und mit
klinischer Genauigkeit.
    »Dort zum Beispiel«, sagte er und wies matt mit dem Finger. »Auf
Ihrer Stirn pocht eine Ader. Ihr Gesicht ist besorgniserregend gerötet. Sie
müssen sich entspannen, Byron, wirklich. Möchten Sie eine von meinen Pillen? Da
ist Freude im Fläschchen, mein lieber Byron, Freude im Fläschchen. Probieren
Sie doch mal.«
    Er hielt Deitz das Fläschchen hin. Sein benebelter Geist war erfüllt
von allumfassender Liebe und dem Wissen, dass alle Menschen Brüder waren.
    Deitz kniff die Augen zusammen, las das Etikett – Tavor – und sah
Llewellyn an.
    »Scheiße. Wie viele von denen haben Sie genommen?«
    »Es könnten …«,

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