Nicholas Dane (German Edition)
Verwandten hatte.
»Du kennst doch Der siebente Sohn des siebenten Sohnes ?«, sagte Nick bitter. »Na, und ich bin das einzige Kind eines Einzelkindes.«
»Boah.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist ja kompliziert«, sagte sie nachdenklich.
»Ich kann zu Jenny.«
»Und, wie ist es bei ihr?«
Nick zuckte die Achseln. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte keine Ahnung, wie es bei Jenny war, dazu war er nicht lange genug da gewesen.
Er schob seine Hand hinter ihren Rücken. »Noch mal umarmen«, bat er.
Bereitwillig nahm Amanda ihn in die Arme, aber dieses Mal kroch seine Hand zu ihrem Busen. Nick hatte überlegt – allein mit Amanda in einem leeren Haus? Es wäre doch schade, diese Gelegenheit zu verpassen. Amanda war ein bisschen enttäuscht, dass er letztlich doch das wollte, was sie vermutet hatte, aber sie war bereit, ihm jeden Trost zu geben, den er brauchte – in gewissem Rahmen natürlich.
Alle fanden Nick richtig süß.
Irgendwie schwang er sie herum, so dass ihr Kopf auf der Armlehne des Sofas ruhte, ihr Körper flach auf dem Rücken und Nick halb auf ihr drauflag.
»Das ging aber schnell«, sagte sie.
Nick lächelte und küsste sie. Einen Moment lang blieb sie einfach so liegen und ließ es geschehen, genoss die langen Küsse und seine Hand auf ihrer Haut. Doch plötzlich schob sie ihn weg und richtete sich auf.
»Ach, du meine Güte, ich muss los«, sagte sie, obwohl sie keine Ahnung hatte, wie viel Uhr es war. Nick setzte sich auf und drehte sich verwirrt nach einer Uhr um. Amanda ging in die Küche und stellte fest, dass sie wirklich spät dran war. Rasend schnell suchte sie Tasche und Schulsachen zusammen – sie wollte gleich nach dem Zahnarzt in die Schule gehen. Betrübt lief ihr Nick hinterher.
»Kann ich noch ein bisschen hierbleiben?«, fragte er.
Sie blickte ihn an. Er hatte doch ein Zuhause? Aber wirklich sicher war sie sich nicht.
»Aber nicht so lange«, sagte sie.
»Klar«, sagte er. »Nur ein bisschen.«
Amanda stürzte zur Tür. Bevor sie hinausging, küsste und umarmte sie ihn noch einmal. »Trotzdem bist du super«, flüsterte sie ihm zu.
»Ich habe immer noch mich selbst«, nickte er. Das hatte seine Mum oft zu ihm gesagt: »Was auch geschehen mag, Nick, du hast immer noch dich selbst.«
»Dann mach’s gut«, sagte sie. Sie küsste ihn erneut und ging los. Draußen auf der Straße schüttelte sie den Kopf. Erstaunlich. Noch vor ein paar Tagen schien Nick einfach alles zu haben; jetzt hatte er nichts mehr. Das war ihr eine Lehre. Manche Dinge gehörten so zum eigenen Leben dazu, dass man sie für selbstverständlich nahm. Vielleicht sollte sie heute Abend ihrer Mutter im Haushalt helfen und ihr zeigen, wie wichtig sie ihr war. Sie schüttelte noch einmal den Kopf und rannte zum Bus.
Als Amanda aus dem Haus ging, dachte Nick, schon wieder knallt eine Tür. Er legte sich auf das Sofa, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, und starrte an die Decke. Er versuchte zu schlafen, fand aber keine Ruhe. Jeremy war in der Schule, hatte Amanda gesagt, und das bedeutete, dass Simon ebenfalls in der Schule war. Da hatte er hier nichts mehr verloren. Also tat er das, was er eigentlich vorgehabt hatte. Er ging nach Hause.
Das Haus würde unverändert sein, redete er sich ein, aber in seiner Vorstellung war es gestorben wie seine Mutter. Beklommen lief er die Straße entlang und hoffte, dass ihn niemand entdeckte, was beinahe gelungen wäre. Er hatte schon den Schlüssel ins Schloss gesteckt, da kam Mrs Ash von nebenan aus dem Haus gesprungen, wie immer in ihrer rosa Schürze und den flauschigen Hausschuhen, die sie regelmäßig von ihrem jüngsten Enkel zum Geburtstag bekam. Und wie immer trug sie eine rosa getönte Dauerwelle. Sie sah aus wie ein Pudel, fand Nick. Ihre rosa-grauen Locken waren inzwischen so dünn, dass sie die abstehenden Ohren nicht mehr verdeckten, die altersbedingt ein wenig herabhingen. Mrs Ash war so freundlich wie alle ihre Bekannten, aber etwas lästig konnte sie schon werden. Sie verbrachte den ganzen Tag zu Hause, hatte nichts zu tun und war neugierig wie ein Hundebaby.
Das hatte sie noch aus der Zeit, als die halbe Straße von einer einzigen Familie bevölkert gewesen war. Vor dreißig Jahren hatten nur einen Katzensprung von ihrem Haus entfernt Dutzende anderer Ashs gelebt, aber die waren nach und nach davongeflattert. Geblieben war nur Evelyn Ash, und die wollte nach wie vor wissen, wer wer war und was geschah. Sie hätte so gut
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