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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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Jennys Zettel auf dem Küchentisch mit der Bitte, spätestens um zwei Uhr zurück zu sein, wenn Mrs Batts kommen wollte, sah er nicht.
    Es war etwa halb zehn, als er in Ancoats aus dem Bus stieg, aber sobald seine Füße auf vertrautem Terrain standen, wusste er nicht mehr richtig, was er tun sollte. Nach Hause wollte er nicht – nicht mal denken wollte er daran. Vielleicht gönnten sich Jeremy und Simon ja wieder einen freien Tag. Also ging er zu Jeremy. Es sah nicht so aus, als wäre jemand zu Hause, aber das war ja klar – wer die Schule schwänzte, machte sich möglichst unsichtbar. Eine ganze Weile lang schielte Nick um die Ecke und versuchte, in die Fenster zu gucken. Doch als jemand aus einem anderen Haus kam und ihn ansah, ging er sofort weiter.
    Eine Weile lief er ziellos herum, kaufte sich ein Mars, langweilte sich, dann ging er zurück zu Jeremy und klopfte entschlossen an die Tür. Er sah, wie Jeremys Schwester Amanda aus dem Erkerfenster neben der Tür herausguckte und ihn erkannte. Sie machte auf und starrte ihn mit großen, glänzenden Augen an.
    »Nick, es tut mir so leid«, sagte sie und stürzte sich auf ihn. Sie umarmte ihn so heftig, dass er erschrak.
    Natürlich, inzwischen wussten alle, was mit seiner Mum passiert war.
    Amanda war ein Jahr jünger als Nick. Sie und ihre Freundinnen hatten viele Jahre lang mit Nick und seinen Freunden gespielt. Seit kurzem zogen sie immer öfter abends gemeinsam los. In ein paar Jahren würden sie auch miteinander schlafen. Einige taten es jetzt schon, aber zu diesen Frühreifen zählten weder Nick noch Amanda.
    Amanda war nicht in der Schule, weil sie zum Zahnarzt musste.
    »Zwei Füllungen«, stöhnte sie. Hektisch rannte sie hin und her und machte Kaffee. Sie war noch nie jemandem begegnet, der in Nicks Lage war, und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.
    »Wenigstens habe ich heute Vormittag frei«, sagte sie.
    »Ich auch«, sagte Nick.
    Sie blickte ihn an und lachte nervös. »Klar. Ich glaub, du könntest sogar die ganze Woche blaumachen.«
    »Das ganze Jahr«, sagte Nick.
    »Es ist schrecklich. Davon hat doch keiner was gewusst.« Amanda guckte ihm in die Augen. Nick war wohl so ziemlich der Letzte an seiner Schule, der nicht wusste, dass seine Mutter mit einer Nadel im Arm gestorben war – aber Amanda traute sich nicht, ihn direkt darauf anzusprechen. Wenn die Gerüchte nun falsch waren? Sie wollte nicht diejenige sein, von der er erfuhr, was für Geschichten im Umlauf waren, so unmittelbar nachdem er seine Mutter verloren hatte.
    Und Nick fragte nicht. Alle Blicke, die ihm Mrs Batts und jetzt Amanda zugeworfen hatten, hätten sich einfach nur auf den Todesfall selbst beziehen können, aber Nick wusste in seinem Innern, dass das noch nicht alles war, doch er wollte nichts weiter hören. Also wurde geschwiegen. Amanda gab ihm seinen Kaffee.
    »Komm, wir gehen ins Wohnzimmer«, schlug er vor.
    »Ist gut.« Sie ging voran, aber so richtig wohl war ihr dabei nicht. Auf dem Sofa wurde immer geknutscht. Könnten sie denn einfach rumfummeln, wenn seine Mutter gerade gestorben war? Hätte sie ihn überhaupt reinlassen sollen?
    Kaum hatten sie sich hingesetzt und ein bisschen geplaudert, da kam tatsächlich Nicks Hand herangekrochen und berührte Amandas Bein. »Ich könnte noch eine Umarmung gebrauchen«, bemerkte Nick hintersinnig.
    Wie sollte sie da Nein sagen? Sie streckte die Arme aus. »Na gut, aber wirklich nur eine Umarmung.«
    Sie nahmen sich in die Arme und küssten sich. Amanda legte den Kopf auf die Rückenlehne des Sofas, seine Hand schob ihre Bluse zur Seite und berührte ihren nackten Bauch. Sie erwartete, dass er weitermachen würde, aber er schloss sie nur fest in seine Arme, schmiegte sein Gesicht an ihren Hals und schniefte feucht.
    O Gott, dachte sie, er weint. Er will tatsächlich nur in die Arme genommen werden. Sie drückte ihn an sich und schenkte ihm all ihre Liebe.
    Nach einer geraumen Weile löste sich Nick und wischte sich mit dem Handrücken die Nase trocken.
    »Ich weiß nicht, wo ich hinsoll«, sagte er mit gepresster Stimme.
    »Wo bist du jetzt?«, fragte sie.
    »Bei Jenny. Freundin von Mum.«
    »Und was ist mit Verwandten?«
    Nick machte eine wegwerfende Handbewegung. »Hab keine.«
    »Wie – keine?«
    »Keine.«
    Amanda hatte vier Tanten, sechs Onkel, zwei Großväter, drei Großmütter, eine Urgroßmutter und mehr Cousinen, als sie hätte aufzählen können. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand keine

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