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Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier

Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier

Titel: Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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wie seine Klaustrophobie etwas nachließ. Sophie bekam es manchmal auf weiten, offenen Plätzen mit der Angst zu tun; er dagegen hatte Angst vor engen, geschlossenen Räumen. Agoraphobie und Klaustrophobie. Er holte tief Luft. Es roch immer noch nach Abwasser, aber wenigstens konnte man hier atmen. Er hob sein schwarzes Seiden-T-Shirt, hielt es sich vors Gesicht und atmete ein. Es stank. Wenn er hier wieder rauskam – falls er hier wieder rauskam –, würde er alles verbrennen müssen, einschließlich der teuren Designerjeans, die Saint-Germain ihm geschenkt hatte. Er ließ das Hemd rasch wieder fallen, als er merkte, dass er fast den Beutel mit den Seiten aus dem Codex preisgegeben hätte, den er an der Kordel um den Hals trug. Egal, was hier passierte, er war entschlossen, Dee die Seiten nicht zu geben, oder zumindest erst dann, wenn er sicher sein konnte – sehr, sehr, sehr sicher –, dass die Motive des Magiers uneigennützig waren.
    »Wo sind wir?«, fragte er und drehte sich zu Machiavelli um. Dee war in die Mitte des Kanals gegangen. Die weiße Lichtkugel drehte sich jetzt direkt über seiner ausgestreckten Hand.
    Der große Italiener blickte sich um. »Keine Ahnung«, gab er zu. »Es gibt ungefähr 2100 Kanalkilometer hier unten. Aber keine Bange, wir können uns nicht verirren. Die meisten haben ihre eigenen Straßenschilder.«
    »Straßenschilder im Kanalsystem?«
    Machiavelli lächelte. »Das Kanalsystem von Paris zählt zu den großen Wundern dieser Stadt.«
    »Kommt!« Dees Stimme kam als brüchiges Echo von den Wän den zurück.
    »Weißt du, wohin wir gehen?«, fragte Josh Machiavelli leise. Er wusste aus Erfahrung, dass er sich ablenken musste. Sobald er anfing, über die Enge der Tunnel und das Gewicht der Erde über ihm nachzudenken, würde seine Angst ihn in ein schlotterndes Nervenbündel verwandeln.
    »Wir gehen ganz nach unten, in den ältesten Teil der Katakomben. Dort werden deine Kräfte geweckt.«
    »Weißt du, wer uns dort erwartet?«
    Machiavellis normalerweise ausdrucksloses Gesicht verzog sich; er schnitt eine Grimasse. »Ja. Vom Hörensagen. Gesehen habe ich ihn selbst noch nicht.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern und hielt Josh am Ärmel zurück. »Noch ist es nicht zu spät umzukehren!«
    Josh blinzelte überrascht. »Das würde Dee aber gar nicht gefallen.«
    »Wahrscheinlich nicht«, stimmte Machiavelli mit einem bitteren Lächeln zu.
    Josh wusste nicht, was er davon halten sollte. Dee hatte gesagt, Machiavelli sei nicht sein Freund, und es war offensichtlich, dass die beiden Männer nicht immer derselben Meinung waren. »Aber ich dachte, ihr arbeitet zusammen, du und Dee?«
    »Wir stehen beide im Dienst des Älteren Geschlechts, das ist richtig. Aber ich habe die Methoden des englischen Magiers nie gutgeheißen.«
    Dee bog in einen kleineren Tunnel ein und blieb vor einer schmalen Metalltür stehen, die mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert war. Mit Fingernägeln, die nach gelbem Schwefelpulver stanken, zwickte er den Metallbügel des Schlosses durch und öffnete die Tür. »Beeilt euch«, rief er ungeduldig.
    »Diese … diese Person, zu der wir jetzt gehen«, begann Josh gedehnt, »kann sie meine Kräfte wirklich wecken?«
    »Daran zweifle ich nicht«, erwiderte Machiavelli leise. »Ist das denn so wichtig für dich?«
    Josh merkte, dass Machiavelli ihn genau beobachtete. »Bei meiner Schwester – meiner Zwillingsschwester – wurden die Kräfte geweckt«, erklärte er. »Ich will … Meine Kräfte müssen ebenfalls geweckt werden, damit wir uns wieder ähnlich sind.« Er schaute Machiavelli an. »Verstehst du das?«
    Machiavelli nickte mit ausdruckslosem Gesicht. »Ist das wirklich der einzige Grund?«
    Josh sah ihn lange an, bevor er sich abwandte. Machiavelli hatte recht: Es war nicht der einzige Grund. Als er Clarent in der Hand gehalten hatte, hatte er kurz eine Ahnung davon bekommen, wie es einem mit erweckten Kräften gehen musste. Wenige Augenblicke lang hatte er sich wirklich lebendig gefühlt, lebendig und vollkommen eins mit sich … Und dieses Gefühl wollte er unbedingt noch einmal erleben.
    Dee führte sie in den nächsten Tunnel, der fast noch enger war als der erste. Josh spürte, wie sein Magen sich verkrampfte und sein Herz wild zu hämmern anfing. Nach einer Biegung ging es über etliche schmale Stufen abwärts. Die Steine hier waren älter, die Stufen unregelmäßig geformt, und die Wände bröckelten, wenn sie daran entlangstrichen. An

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