Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
riss das Maul auf und zeigte ihre schrecklichen Zähne bei etwas, das ein Lächeln hätte sein können, »ich habe zu den Älteren gehört, die dafür gestimmt haben, dass wir die Erde den Affenartigen überlassen sollten. Ich hatte erkannt, dass unsere Zeit auf dem Planeten abgelaufen war und dass wir ihn in unserer Arroganz fast schon zerstört hatten. Dass es Zeit war, abzutreten und ihn den Humani zu überlassen.«
»Dann würdest du die Rückkehr der Älteren nicht befürworten?«
»Nein.«
»Und wenn es zum Kampf käme – auf welcher Seite würdest du kämpfen? Mit den Älteren oder mit den Humani?«
»Zauberin«, erwiderte Areop-Enap sehr ernst, »ich habe schon früher auf der Seite der Humani gestanden. Zusammen mit meiner Verwandtschaft, Hekate und der Hexe von Endor, habe ich mitgeholfen, die Zivilisation in diese Welt zu bringen. Trotz meines Äußeren fühle ich mich den Humani gegenüber verpflichtet.«
»Deshalb musste Dee dich einkerkern. Er konnte nicht riskieren, dass jemand so Mächtiges an der Seite der Menschheit kämpft.«
»Dann muss die Konfrontation kurz bevorstehen«, meinte Areop-Enap. »Aber Dee und die Älteren können nichts ausrichten, bevor sie nicht das Buch …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern fragte: »Sie haben das Buch?«
»Den größten Teil«, bestätigte Perenelle niedergeschlagen. »Und du sollst auch den Rest erfahren. Du weißt doch Bescheid über die Prophezeiung von den Zwillingen?«
»Selbstverständlich. Abraham, dieser alte Dummkopf, hat ständig etwas von Zwillingen gefaselt und seine unleserlichen Prophezeiungen in den Codex gekritzelt. Ich selbst habe nie ein Wort davon geglaubt. Und in all den Jahren, in denen wir uns gekannt haben, ist nichts von dem, was er vorhergesagt hat, eingetroffen, aber auch gar nichts.«
»Nicholas hat die Zwillinge gefunden.«
»Ah.« Areop-Enap schwieg einen Moment, dann zuckte sie mit dem, was sie an Schultern hatte, und blinzelte mit sämtlichen Augen. »Dann hat Abraham wenigstens in einem Punkt recht gehabt. Na ja, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.«
Während Perenelle sich durch den knöcheltiefen Schlamm kämpfte und dabei berichtete, was sie in den Zellen darüber entdeckt hatte, fiel ihr auf, dass die Urspinne trotz ihrer gewaltigen Größe nicht in den Schlamm einsank. Die Wände und die Decke hinter ihnen pulsierten von Millionen von Spinnen, die der Älteren folgten. »Ich frage mich, warum Dee dich nicht umgebracht hat.«
»Weil er es nicht wagen konnte«, erwiderte Areop-Enap sachlich. »Mein Tod würde in Myriaden von Schattenreichen Erschütterungen auslösen. Im Gegensatz zu Hekate habe ich Freunde und zu viele würden kommen und der Sache auf den Grund gehen wollen. Das wäre Dee gar nicht recht.« Areop-Enap blieb stehen, als sie zu dem ersten Speer kamen, den Perenelle in den Schlamm gedrückt hatte. Mit einem ihrer gewaltigen Beine drehte sie ihn um und betrachtete die kaum erkennbaren Zeichen an der Speerspitze. »Ich bin neugierig«, lispelte sie. »Diese Worte der Kraft … Sie waren schon uralt, als die Älteren noch die Erde regierten. Und ich dachte, wir hätten sowohl die Symbole selbst als auch sämtliche Aufzeichnungen darüber vernichtet. Wie ist der englische Magier an sie herangekommen?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt.« Perenelle drehte den Speer in ihrer Hand so, dass sie das einzelne quadratische Zeichen genauer betrachten konnte. »Vielleicht hat er sie doch irgendwo abgeschrieben.«
»Ausgeschlossen«, widersprach Areop-Enap. »Die einzelnen Symbole sind schon mächtig, das stimmt, aber Dee hat sie in genau der Reihenfolge angeordnet, dass ich die Zelle nicht verlassen konnte. Jedes Mal wenn ich versucht habe, zu fliehen, war es, als würde ich gegen eine Wand laufen. Ich habe diese Anordnung schon einmal gesehen, aber das war in der Zeit vor dem Untergang von Danu Talis. Wenn ich es mir recht überlege, hatten wir den Inselkontinent noch gar nicht vom Meeresboden heraufgeholt, als ich diese bestimmte Anordnung das letzte Mal gesehen habe. Jemand muss Dee gesagt haben, welches die richtige Reihenfolge ist. Jemand, der gewusst hat, wie dieser Abwehrzauber gewirkt wird, jemand, der wie ich die Symbole in dieser Anordnung schon gesehen hat.«
»Niemand weiß, wer Dees Älterer ist, wem er wirklich dient«, meinte Perenelle nachdenklich. »Nicholas hat jahrzehntelang vergeblich versucht herauszufinden, von wem der Magier letztendlich seine Befehle
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