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Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Titel: Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Seine steingrauen Augen folgten dem Wagen, der sich in den abendlichen Verkehr einreihte. Gerade als er in eine der vom Place du Canada wegführenden Straßen abbiegen wollte, fädelte sich drei Autos hinter ihm ein unscheinbar aussehender Renault in die Wagenschlange ein. Machiavelli wusste, dass der Renault Dees Wagen drei Blocks weit folgen und dann ein zweiter und ein dritter die Verfolgung aufnehmen würde. Am Armaturenbrett befestigte Kameras würden Livebilder auf Machiavellis Computer schicken. Solange Dee in Paris war, würde er auf Schritt und Tritt überwacht werden. Machiavellis im jahrhundertelangen Überlebenskampf geschärfte Instinkte hatten ihn gewarnt, dass Dee irgendetwas im Schilde führte. Der dunkle Magier hatte es viel zu eilig gehabt, sich zu verabschieden, hatte Machiavellis Angebot, bei ihm zu übernachten, mit der Begründung ausgeschlagen, er müsste sofort nach England und sich auf die Suche nach Flamel machen.
    Es kostete Machiavelli einige Anstrengung, die schwere Haustür mit dem dicken Panzerglas zu schließen, und er merkte plötzlich, dass es solche Kleinigkeiten waren, die ihn Dagon vermissen ließen.
    Dagon war fast 400 Jahre lang bei ihm gewesen, seit er ihn schwer verletzt in der Grotta Azzurra auf der Insel Capri gefunden hatte. Er hatte Dagon gesund gepflegt, und zum Dank dafür war das Wesen sein Diener und Sekretär geworden, sein Bodyguard und schließlich sein Freund. Sie hatten zusammen die Welt bereist und sogar einige der weniger gefährlichen Schattenreiche besucht. Dagon hatte ihm Wunder gezeigt und er hatte das Wesen dafür mit Kunst und Musik vertraut gemacht. Trotz seines groben Äußeren hatte Dagon eine ungewöhnlich schöne und klare Stimme. Erst in der zweiten Hälfte des
    20. Jahrhunderts, als Machiavelli zum ersten Mal die schwermütigen Melodien der Wale hörte, hatte er darin die Töne erkannt, die das Wesen hervorbringen konnte.
    Machiavelli hatte fast ein halbes Jahrtausend lang niemanden an sich herangelassen. Er war Anfang dreißig gewesen, als er im Jahr 1502 Marietta Corsini heiratete, mit der er in den darauf folgenden 25 Jahren sechs Kinder hatte. Doch als er unsterblich wurde, war er gezwungen gewesen, zu »sterben«, damit niemand merkte, dass er nie älter wurde. Der Dunkle Erstgewesene, der ihm die Unsterblichkeit verlieh, hatte ihm damals nicht gesagt, dass dies nötig sei. Marietta und die Kinder alleinzulassen, war ihm so schwergefallen wie kaum etwas anderes in seinem Leben, aber er hatte bis zu ihrem Tod für sie gesorgt. Er musste mitansehen, wie sie alt und krank wurden und starben; das war die Schattenseite des Geschenks der Unsterblichkeit. Als Marietta starb, hatte er inkognito ihrer Beerdigung beigewohnt und dann in der Nacht noch einmal ihr Grab besucht und ihr die letzte Ehre erwiesen. Er hatte einen Eid geschworen, dass er sich immer an sein Ehegelübde halten und nie mehr heiraten würde. Und diesen Schwur hatte er auch gehalten.
    Machiavelli ging einen holzgetäfelten Flur hinunter und legte die Hand auf eine Bronzebüste von Cesare Borgia, die auf einem kleinen runden Tischchen stand. »Dell’arte della Guerra«, sagte er laut, und seine Stimme hallte auf dem leeren Flur wider. Es klickte, ein Teil der Wand schwang zurück und gab den Blick frei auf Machiavellis privates Büro. Nachdem er den Raum betreten hatte, schloss die Tür sich mit einem Zischen wieder, und in die Decke versenkte Lampen gingen an. Einen solchen Raum – einen ganz privaten, geheimen Rückzugsort – hatte es in jedem Haus und jeder Wohnung gegeben, in der er gelebt hatte. Das war sein Reich. Während ihrer gemeinsamen Zeit war es Marietta in keinem Zuhause erlaubt gewesen, seine Privaträume zu betreten, und selbst Dagon hatte im Lauf der Jahrhunderte nie einen von innen gesehen. In der Vergangenheit war man über Geheimgänge in diese Räume gelangt und musste mit Spießen und Messern bestückte Fallen überwinden. Später waren es jede Menge Schlösser und kunstvoll von Hand geschmiedete Schlüssel gewesen, die sein Refugium behütet hatten. Jetzt, im 21. Jahrhundert, war es von einer bombensicheren Hülle umgeben und mit biometrischer Identifikationstechnologie gesichert.
    Der Raum war ein exakter, schallisolierter Würfel. Es gab keine Fenster, aber zwei Wände waren von oben bis unten mit Bücherregalen bestückt – für all die Bücher, die er im Lauf der Jahrhunderte gesammelt hatte. Ledereinbände standen neben staubigem Steifleinen und

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