Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
blubberndem Plastik und flüssigem Glas.
K APITEL E INUNDZWANZIG
D r. John Dee betrat die Ankunftshalle des Londoner City Airports. Er war nicht überrascht, als er einen Mann im schwarzen Anzug, mit weißem Hemd und Sonnenbrille sah, der ein Pappschild in der Hand hielt, auf das der Name DEE gedruckt war. Der Magier hatte seine Ankunft in der Londoner Filiale der »Enoch Enterprises« telefonisch angekündigt.
»Ich bin Dr. John Dee«, stellte er sich vor und gab dem Mann seine kleine Reisetasche. Den Koffer mit dem Laptop behielt er bei sich.
»Ich weiß, Sir, ich habe Sie wiedererkannt. Bitte folgen Sie mir.«
Dee glaubte, einen nahöstlichen Akzent herauszuhören. Er war ziemlich sicher, dass der Mann aus Ägypten stammte. Er folgte ihm zu einer unauffälligen schwarzen Limousine, die direkt vor dem Eingang zur Ankunftshalle in der Parkverbotszone stand. Der Fahrer öffnete die hintere Tür und trat einen Schritt zurück und in diesem Augenblick stieg Dee ein bekannter Geruch in die Nase. Sofort wusste er, dass diesen Wagen und den Fahrer nicht seine Firma geschickt hatte. Einen Herzschlag lang war er versucht, sich umzudrehen und wegzulaufen … Doch wohin hätte er laufen sollen?
»Danke«, sagte er höflich und glitt auf den Rücksitz.
Die Tür fiel mit einem leisen Klicken ins Schloss. Der Geruch in dem dunklen Wageninneren nahm ihm den Atem. Er saß reglos da und hörte das Rumsen, als seine Tasche in den Kofferraum befördert wurde. Augenblicke später fuhr der Wagen sanft und fast geräuschlos an.
Der Magier legte seinen Koffer mit dem Laptop neben sich und wandte sich dann der Gestalt in dem Kapuzenumhang zu, von der er wusste, dass sie am anderen Ende der ledernen Rückbank saß. Er zwang ein Lächeln auf sein Gesicht und verbeugte sich leicht. »Meine Liebe, ich muss sagen, ich bin überrascht – und selbstverständlich erfreut –, dich hier zu sehen.«
Die Gestalt bewegte sich und Stoff raschelte. Dann ging das Innenlicht an, und Dee, der durch den Geruch zwar auf das, was er sehen würde, vorbereitet war, starrte auf einen gewaltigen Katzenkopf, nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Ein schrecklicher Anblick. Gefährlich aussehende Schneidezähne und dicke Schnurrhaare funkelten im Licht. Die Dunkle Erstgewesene Bastet hob den Kopf und sah ihn aus ihren großen gelben Augen mit den schmalen Pupillen finster an. »So langsam entwickle ich wirklich eine Abneigung gegen dich, Dr. John Dee«, knurrte sie.
Der Doktor senkte den Blick, um die spitzen Zähne nicht mehr ansehen zu müssen, und schnippte ein unsichtbares Staubkorn von seinem Ärmel. »Damit bist du nicht allein. Eine Menge Leute hegen eine Abneigung gegen mich. Doch das ist nur recht und billig«, fügte er lässig hinzu. »Ich mag auch viele Leute nicht. Eigentlich die meisten. Aber glaube mir, meine Liebe, ich will nur dein Bestes.«
Das Licht ging aus und Bastet war im Dunkeln nicht mehr zu erkennen.
Dee kam ein Gedanke: »Ich dachte, deine Abneigung gegen Eisen würde dich daran hindern, moderne Fortbewegungsmittel wie Autos zu benutzen.«
»Eisen ist für mich kein Gift. Im Gegensatz zu den anderen Erstgewesenen kann ich es über eine kurze Zeit tolerieren. Und dieser Wagen besteht außerdem zum großen Teil aus Carbonfaser.«
Dee nickte ernst. Im Stillen speicherte er die Information ab, dass Eisen nicht für alle Erstgewesenen ein Gift war. Er hatte immer angenommen, dass es die Verbreitung des Eisens war, die das Ältere Geschlecht von dieser Erde vertrieben hatte. Auch nach über vierhundert Jahren in ihren Diensten gab es noch so vieles, was er nicht über sie wusste.
Der Wagen wurde langsamer und hielt dann. Durch die dunkel getönte Scheibe konnte Dee die rote Ampel gerade eben erkennen. Er wartete, bis sie auf Grün umsprang, bevor er sich traute, weiterzureden. »Darf ich fragen, was ich getan habe, das dich so verärgert hat?«, murmelte er und freute sich, dass er es geschafft hatte, zu sprechen, ohne dass seine Stimme hörbar zitterte.
Bastet gehörte zu den Älteren der Ersten Generation und zu den ursprünglichen Herrschern über Danu Talis. Nachdem die Insel im Meer versunken war, wurde sie in Ägypten über Generationen hinweg als Gottheit verehrt, und Länder und Völker von den Inkas bis zu den Chinesen erwiesen Katzen im Gedenken an die längst vergangene Zeit, als Bastet auf der Welt der Humani wandelte, ihre Hochachtung.
Dee hörte, dass Papier raschelte und Seiten umgeblättert wurden.
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