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Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Titel: Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Offenbar las Bastet in der Dunkelheit. »Du bist Fleisch gewordener Ärger, Dr. Dee. Ich rieche ihn an dir, genauso wie die lächerliche Schwefelaura, die dir so gefällt.« Jetzt hörte er, wie Papier langsam und methodisch zerrissen wurde. »Ich habe mir deine Akte angeschaut. Anregenden Lesestoff bietet sie nicht gerade. Du magst zwar unser bedeutendster Agent in dieser Welt sein, aber in meinen Augen warst du bis jetzt außerordentlich nutzlos. Dein Auftrag war es, die Flamels gefangen zu setzen, doch ein ums andere Mal hast du versagt und nichts als Tod und Verwüstung hinterlassen. Es ist deine Aufgabe, die Existenz des Älteren Geschlechts zu sichern, aber vor drei Tagen hast du nicht nur eines, sondern gleich drei miteinander verbundene Schattenreiche zerstört. Bei deinem letzten Abenteuer in Paris warst du nahe daran – gefährlich nahe daran –, den Humani unsere Existenz zu verraten. Du hast es sogar zugelassen, dass Nidhogg durch die Straßen tobte.«
    »Nun, das war eigentlich Machiavellis Idee …«, begann der Magier.
    »Viele Erstgewesene haben deine Vernichtung gefordert«, fuhr Bastet mit einem tiefen Grollen in der Stimme fort.
    Dee war so schockiert, dass er erst einmal eine Weile schwieg. »Aber ich diene den Dunklen Erstgewesenen treu«, jammerte er dann. »Seit Jahrhunderten habe ich nichts anderes getan.«
    »Deine Methoden sind primitiv und antiquiert«, fuhr die Katzengöttin fort. »Sieh dir Machiavelli an: Er ist ein Skalpell, sauber und präzise. Du bist ein Breitschwert, das unbeholfen und blind um sich schlägt. Einmal hättest du diese Stadt hier fast in Schutt und Asche gelegt. Deine Kreaturen haben eine Million Humani in Irland getötet. Einhundertdreißigtausend starben in Tokio. Und trotz dieses Verlustes an Humanileben ist es dir nicht gelungen, die Flamels in Gewahrsam zu nehmen.«
    »Man hat mir aufgetragen, die Flamels und den Codex mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln herbeizuschaffen. Das hatte oberste Priorität«, blaffte Dee. Zorn ließ ihn leichtsinnig werden. »Ich habe getan, was ich tun musste, um dieses Ziel zu erreichen. Und vielleicht darf ich dich daran erinnern, dass ich vor drei Tagen Abrahams Buch der Magie übergeben habe.«
    »Aber selbst da bist du gescheitert«, fauchte Bastet eisig. »Der Codex war nicht vollständig, die letzten beiden Seiten fehlen.« Die Erstgewesene atmete plötzlich anders, und Dee merkte, dass ihr nach Fleisch riechender Atem gefährlich nah an seinem Gesicht vorbeistrich. »Du genießt den Schutz eines mächtigen Erstgewesenen, Magier – vielleicht des Mächtigsten von uns allen. Und das hat dich bis zum heutigen Tag am Leben erhalten.« Große, leuchtend gelbe Augen tauchten im Dämmerlicht auf, die Pupillen so schmal wie Messerklingen. »Wenn andere eine Strafe oder deinen Tod verlangt haben, hat dein Gebieter dich davor bewahrt. Aber ich frage mich, und ich bin nicht die Einzige, die das tut: Warum benutzt ein Erstgewesener ein so unbrauchbares Werkzeug?«
    Die Worte jagten einen eiskalten Schauer über Dees Rücken. »Wie hast du mich genannt?«, brachte er schließlich heraus. Sein Mund war trocken und die Zunge klebte am Gaumen.
    Bastets Augen blitzten. »Ein unbrauchbares Werkzeug.«
    Dee verschlug es den Atem. Sein Herz hämmerte wild, und er versuchte, sich zu beruhigen. Es war über vierhundert Jahre her, seit er diese drei Wörter zum letzten Mal gehört hatte, aber sie hatten sich überdeutlich in sein Gedächtnis eingegraben. Nie hatte er sie vergessen. In vielerlei Hinsicht hatten sie sein Leben geprägt.
    Dee wandte das Gesicht von Bastets stinkendem Atem ab, lehnte die Stirn an die kühle Scheibe und schaute hinaus in die Nacht, die in blitzenden Lichtstreifen vorbeizog. Er fuhr mitten durch das London des 21. Jahrhunderts, doch wenn er die Augen schloss und sich an die Zeit erinnerte, als er sich das letzte Mal so gefühlt hatte wie jetzt, als er diese Wortkombination zum ersten Mal gehört hatte, war ihm, als hätte man ihn zurückversetzt in die Stadt Heinrichs VIII.
    Erinnerungen, längst begraben, aber nie vergessen, tauchten wieder auf, und er wusste, es konnte kein Zufall gewesen sein, dass Bastet genau diese drei bitteren Wörter gewählt hatte. Sie sagten ihm, wie viel sie über ihn wusste.
    Es war der 23. April 1542, ein kalter, regnerischer Tag in London, und John Dee stand vor seinem Vater Roland in ihrem Haus in der Thames Street. Dee war fünfzehn und sah älter aus, doch in diesem Moment

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