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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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gesehen, aber auch in den billigsten Streifen wurde kein Codewort gewählt, das noch bescheuerter gewesen wäre als Kerstin.
    »Kerstin!«, kreischt Doppelagentin Britta aufgeregt und tritt noch aufgeregter aufs Gas. »Krass, meine Cousine heißt auch Kerstin!«
    »Das ist ja cool!«, gibt Kerstin zurück.
    »Supi-cool!«, murmle ich versehentlich, und mein Freund versucht, die Autotür zu öffnen. Kindersicherung, Pech gehabt!
    Die beiden Teufelinnen vorn beschließen ihren grausamen Pakt, indem Kerstin Britta von ihren Keksen anbietet. Uns nicht. Sofort wird klar, dass die Spezialzutat in den Plätzchen Adrenalin ist, und zwar nicht zu knapp. Kerstins Mutter hat Kreischkekse gebacken.
    »Wohnst du in Kiel?«, erkundigt sich Kerstin.
    Ich habe noch nie jemanden so laut nuscheln hören. Mein Freund blickt sich hektisch nach irgendwelchen Dingen um, die er sich in die Ohren stecken kann. Er will es mit seinem Schweizer Armee-Messer versuchen, ich falle ihm in den Arm. Wenn ich leiden muss, dann soll er es auch.
    »Ja, ich studier da. Auf Lehramt«, brüllt Britta zurück, und Kerstin jault: »Ich auch, Bio und Sport.«
    Britta hält den Mund für eine halbe Sekunde geöffnet, hektisch blicke ich mich nach irgendwelchen Dingen um, die ich hineinstecken kann. Der Schlafsack ist nicht in meiner Reichweite, also geschieht das Unausweichliche:
    »BIO UND SPORT ? ICH AUCH! WIE GEIL IST DAS DENN!«
    Wenn wir nach der Lautstärke gehen, in der Britta ihre Frage formuliert hat, müsste man wohl ganz klar mit »endgeil« antworten. Doch Kerstin weiß diese Performance noch zu toppen:
    »Sag bloß, du musst jetzt auch zu dem Blockseminar von Fischer-Döberlein? WIE GEIL IST DAS DENN?«
    Leider fallen sich die beiden Blockseminaristinnen nicht in die Arme und bereiten uns auf der Autobahn so einen schnellen und gnadenreichen Tod. Sie schrillen einfach weiter vor sich hin.
    Hilfe suchend schaue ich meinen Freund an, und es gelingt mir dabei nur mäßig, etwas von der verabredeten frischen Verliebtheit in meinen Blick hineinzulegen.
    Mit letzter Kraft reicht er mir eine leere Bierdose.
    »Soll ich mir die in die Ohren stopfen?«, frage ich, in der Hoffnung, dass er von meinen Lippen ablesen kann. Denn zu hören sind nur die beiden Kampfjets an der Front, die sich gerade darüber einig geworden sind, dass Fischer-Döberlein voll keine Ahnung hat.
    »ECHT VOLL NICHT, NE? WIE GEIL IST DAS DENN?«
    Mein Freund schüttelt den Kopf und macht vor, wie ich aus der Dosenöffnung den letzten Bierhauch inhalieren kann, um nicht wahnsinnig zu werden. Aber der Feind ist stärker. Ohne Krümel im Mund legen sie locker noch dreißig Dezibel zu und sind in der Lage, noch längere qualvolle Sätze zu bilden.
    »ICH STUDIER JA NOCH NACH DER ALTEN STUDIENORDUNG. DA HATTE ICH NATÜRLICH GLÜCK. UND DU, KERSTIN?«
    »ICH LEIDER NICHT. ABER ICH FINDE DAS VOLL COOL FÜR DICH. ICH MEINE: WIE GEIL IST DAS DENN???«
    Ich muss tatenlos mitansehen, wie mein Freund zu kollabieren droht. Er reagiert extrem allergisch auf hohe, laute Stimmen. Er kann nicht über einen Spielplatz gehen, ohne den Kopf zwischendurch in den Sand zu stecken, um sich Linderung zu verschaffen. Noch etwa dreißig Kilometer bis Kiel. Er wird sterben, wenn wir nichts unternehmen.
    »Plan B«, schnaufe ich ihm ins Ohr, und er nickt, mit dem leeren Blick eines Kamikazefliegers. Ich atme durch, es könnte funktionieren.
    Britta sagt: »Letztes Jahr bin ich ja für ein paar Wochen ausgefallen, weil …«, und bevor Kerstin ihr Bedauern äußern kann, brüllen mein Freund und ich unisono: »WIE GEIL IST DAS DENN?«
    Wir genießen die folgende Stille, atmen sie ein wie die frische Luft, nach der man lechzt, nachdem man wochenlang in einem Schacht verschüttet war. Doch wir haben den Feind nur betäubt, nicht zerstört. Britta entpuppt sich als Veteranin auf dem Schlachtfeld, sie bringt ihren Satz zu Ende: »… weil mein Auto kaputt war.«
    Bei diesen Worten schaut sie drohend in den Rückspiegel. Selten habe ich jemanden so deutlich nonverbal die Worte sprechen sehen: »Unfälle passieren, also Vorsicht auf den billigen Plätzen.«
    Mein Freund und ich schauen betreten zu Boden, damit Kerstin und Britta unser Grinsen nicht sehen. Kerstin greift den Faden auf, ohne in der Lage zu sein, eine plausible Geschichte daraus zu stricken:
    »Ja, ohne Auto ist scheiße, ich habe auch keins.«
    »WIE GEIL IST DAS DENN?«, grölen mein Freund und ich, es sind noch zwanzig Kilometer bis Kiel, da kann uns

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