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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Dann begreift sie. »Oh,also, ich meine, vielleicht sollten wir mal Schluss machen, ich habe auch noch was zu tun … und …«
    »Du bist meine allerliebste Lieblingsschwester von allen, die ich habe«, zitiere ich unsere private Abschiedsformel.
    »Du meine auch«, bekundet meine Schwester, dann legen wir auf.
    Sekundenlang warte ich, mit dem Hörer in der Hand, dann kann ich nicht widerstehen. Ich will meinen Bruder anrufen, um ihn zu fragen, welche seiner beiden Schwestern er lieber hat. Natürlich ist die Leitung besetzt. »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst«, denke ich – und schlafe erschöpft ein.

Ein Düsseldorfer in Köln
    Viele Menschen wollen helfen. Warum bloß immer mir? Leben sie in der ständigen Angst, ich könne mich zu den wirklich wichtigen Themen der Menschheit äußern, und schachern mir deswegen Auftragsarbeiten zu, die mich davon ablenken sollen? Und wenn es sich wirklich so verhält, warum erreichen sie jedes Mal ihr Ziel? Zum einen wohl, weil sie durchaus gute Vorarbeit leisten. Meine Auftraggeber denken sich nahezu fantastische Überschriften aus, zu denen nur noch der Text fehlt.
    »Ich habe da eine wirklich lustige Idee«, versuchen sie mich für ihre Zwecke zu ködern, »du wirst sehen, die Leute lachen sich schon kringelig, wenn sie nur den Titel hören. Halt dich fest, er lautet: ›Ein Düsseldorfer in Köln!‹ Na, was meinst du dazu?«
    Und ich antworte Folgendes:
    »Ein Düsseldorfer in Köln muss fein achtgeben. Er muss sich daran gewöhnen, dass in dieser Stadt, rein rheintechnisch gesehen, die linke Seite die gute ist, nicht umgekehrt wie daheim. Sollte er bereits an dieser vergleichsweise einfachen Aufgabe scheitern, empfehle ichihm dringend, niemals in Großbritannien mit dem Auto herumzufahren.
    Sonst bleibt fast alles gleich. Wenn der Düsseldorfer in einer Kölner Kneipe ein Bier trinken möchte, muss er sich, genau wie zu Hause, ein Pils bestellen, sonst bekommt er, genau wie zu Hause, ein undefinierbares, schales Gesöff in homöopathischen 0,2er-Gläschen kredenzt, welches die Menschen dazu bringt, Fremde zu knutschen, zu schunkeln und Architektursünden in der Innenstadt zu begehen.
    Wenn ein erwachsener Mensch beschließt, vier Tage hintereinander in einem Scheichs-, Clowns- oder Cowboykostüm zu verbringen, den Pegel dabei konstant auf 2,4 Promille zu halten, um dann, am fünften Tage, ungewaschen stundenlang andere erwachsene Menschen auf bunten Wägelchen anzubrüllen, auf dass sie ihm Süßkram hinwerfen mögen, ist die Frage, ob er diese Bitte mit dem Wort ›Alaaf‹ oder ›Helau‹ hervorgrölt, das geringste Problem, um das er sich meiner Meinung nach scheren sollte.«
    Das war die Geschichte vom Düsseldorfer in Köln. Vielleicht konnte ich das Thema nicht in seiner ganzen Brisanz und seinen schier endlosen Facetten erfassen, aber ich lebe ja auch erst seit zehn Jahren im Rheinland, die ersten fünf Jahre davon in Düsseldorf, die letzten fünf in Köln. Das ist keine lange Zeit für einen Westfalen. Sie reicht gerade mal aus, um sich einen groben Überblick zu verschaffen, sich zu orientieren, zu versuchen, den Rheinländer an sich zu verstehen.
    Das ist nicht immer leicht. Denn der Rheinländer ansich redet sehr viel. Ständig. Pausenlos. Immer. Und zwar alle. Und wenn dann doch einmal alles gesagt ist, tut der Rheinländer das, wovor sich ein Westfale am allermeisten fürchtet: Der Rheinländer fängt an zu spreschen.
    Wenn es ums »Spreschen« geht, tun sich Kölner und Düsseldorfer nichts – aber anderen. Vielleicht liegt es in meinem besonderen Fall daran, dass ich nicht nur Westfälin, sondern auch noch Lehrerkind bin. Zwar habe ich jeden Schüleraustausch nach Ungarn oder Israel mitgemacht, aber echten, spreschenden Rheinländern bin ich bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr einfach nicht begegnet. Die Stammesfehde zwischen Köln und Düsseldorf galt für mich aus dem Reich der Legenden entsprungen, in etwa so glaubhaft wie der ewige Spülstreit zwischen den verfeindeten Paella-Party-Dörfern Villariba und Villabajo aus der Fairy-Ultra-Werbung. Ich kann Düsseldorfer Platt oft nicht von Kölsch unterscheiden. Für mich klingt alles nach »Klött« beziehungsweise »Platsch« – alles eine Soße. Früher dachte ich sogar, die Band »BAP« würde auf Englisch singen, mit einem starken, niederländischen Akzent. Heute weiß ich, dass es sich genau umgekehrt verhält.
    Um es kurz zu machen: Ein echtes westfälisches Lehrerkind ist in seinen Grundfesten

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