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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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zeigte.
    »Hör auf!« Mit beiden Händen griff ich nach seinem Arm und zerrte ihn zurück. Nicht etwa, weil ich mir Sorgen um den Pick-up machte, sondern weil ich nicht einordnen konnte, was hier soeben geschah. Es ging nicht nur über mein Verständnis hinaus, sondern machte mir Angst.
    Nach all meinen Erlebnissen in LaBrock war Desmond fast der Einzige, vor dem ich keine Angst hatte. Er war derjenige, der mir half, mit den Dingen, Wesen und Situationen klarzukommen. Mein Verbündeter, dem ich ohne zu zögern alles anvertraut hatte. Und auch der Mann, zu dem ich mich mehr als hingezogen fühlte. Ich wollte nicht, dass sich das änderte.
    Aber ich brauchte ebenfalls Gewissheit. Vor allem, weil ich wusste, dass er nicht nur die beiden Teufel ohne größere Schwierigkeiten bewusstlos geschlagen hatte. Da war auch noch die Sache mit Carsten Herms. Ich erinnerte mich, wie er sich auf dem Parkplatz von ABM zwischen Carsten und mich geschoben hatte. Damals hatte ich den Ausdruck auf Carstens Gesicht für Bestürzung gehalten. Doch es war pure Angst gewesen, das begriff ich jetzt. Und als ich das tat, starb ein Teil meines Vertrauens in Desmond.
    Er war kein Mensch.
    Bei dem Gedanken wurde mir eiskalt. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und zurück zu meinem Wagen gegangen, doch ich konnte nicht. Hier saß ich dem Mann gegenüber, der mir so vertraut und auf einmal auch so fremd war. Es betäubte mich und machte mich gleichzeitig wütend. Desmond hatte mich in dem Glauben gelassen, menschlich zu sein und mich so dazu gebracht, ihm alles über mich zu erzählen, was andere Einwohner dieser Welt niemals wissen durften.
    Trotz allem hoffte ich noch immer, dass ich mich irrte. Die Hoffnung, dass ich soeben überreagierte und es eine vernünftige Erklärung für alles gab, war noch da. Aber sie war nur ein schmaler Strang, der heftig vibrierte.
    Ich schluckte. »Was bist du?«
    Er atmete langsam ein und strahlte dabei etwas Endgültiges aus. Ich ahnte daher, wie wenig mir die Antwort gefallen würde. Beinahe wünschte ich, meine Worte wieder rückgängig machen zu können, doch ich schwieg. Mir war übel.
    Desmond starrte durch die Windschutzscheibe. Mit einer fahrigen Geste strich er seine Haare aus der Stirn.
    »Ich bin kein Mensch, Nala.« Seine Stimme war leise, doch nichts hätte mich in diesem Moment mehr zusammenfahren lassen können. »Nicht mehr«, setzte er noch leiser hinzu.
    Obwohl er es bereits angedeutet hatte, starb der letzte Funken Hoffnung in mir so schmerzhaft, dass ich aufstöhnte. Ich fühlte mich, als hätte er mir eine Eisenstange mit voller Wucht in den Magen gerammt. Ich starrte ihn an und gab keinen Laut von mir, während in mir Gefühle tobten, die ich nicht kennen wollte. Ich fühlte mich verraten. Desmond, der so viel über mich wusste, der mich gehalten und berührt hatte, der sich stets als normaler, reichlich attraktiver Mann ausgegeben hatte, der mich soeben gerettet hatte – genau dieser Desmond gehörte auch zu den anderen. Zu denen, die in Läden, zu denen Menschen der Zutritt verwehrt wurde, sehr willkommen waren.
    Als ich spürte, dass mir Tränen in die Augen traten, wandte ich mich ab. Ich hatte mir etwas eingebildet. Er stand nicht auf meiner Seite, im Gegenteil. Er hatte mich getäuscht. Stacey und alle anderen hatten mir immerhin von vornherein gezeigt, wo sie standen. Und wer sie waren. Ich war vollkommen allein in dieser merkwürdigen, feindseligen Welt.
    Schließlich brachte ich die Kraft auf, Desmond anzusehen, wenn auch nur für eine kurze Weile. Er erwiderte meinen Blick, doch er schwieg. Wartete. Ich schüttelte den Kopf. Dann öffnete ich die Beifahrertür und stieg aus. Ich ging zurück zu meinem Wagen, rutschte auf den Fahrersitz und startete den Motor. Das Lenkrad fühlte sich seltsam an, auch das Gaspedal spürte ich kaum.
    Die Reifen hinterließen eine Staubwolke, als ich vom Parkplatz rollte.

20
    Planänderung
     
     
     
    D as Firmengebäude empfing mich grau in grau. Weder auf dem Hof noch hinter den Fenstern gab es Bewegung. Als wäre ein Sturm aus Einsamkeit und Unmenschlichkeit über den Ort gefegt und hätte sämtliches Leben ausgelöscht. Die fahle Nachmittagssonne, die ohnehin mit den Wolkenfeldern kämpfte, hatte keine Chance.
    Das Rauschen in meinen Ohren wollte nicht nachlassen. Ich fühlte mich wie jemand, der nur geduldet und nicht wirklich erwünscht war. Das musste ich mir nicht antun. Ich hatte nicht darum gebeten, durch ein Dimensionstor zu treten und

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