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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Fenster und hüllte mich in Stille und Schwärze. Ich tastete nach dem Lichtschalter, drückte ihn hektisch und sah zu Boden. Graue Fliesen. Dann zählte ich in Gedanken bis zehn und drehte mich langsam um. Da war der Springer. Hässlich, angriffslustig und gemein. Vielleicht interpretierte ich mehr in die Sache hinein, als gut für mich war, denn im Grunde klebte dort lediglich ein Käfer an der Scheibe seines Terrariums. Er bewegte sich nicht einmal.
    Ich tat es ihm nach und starrte ihn einfach nur an. Eine Fülle von Emotionen wallte in mir auf, Ekel vor den zu vielen Beinen und dem Chitinpanzer, aber auch Dringlichkeit, die mich zur Eile trieb. Es war trotz allem besser, den Springer auf die Hand nehmen zu müssen, als von Staceys Verwandten gewürgt zu werden.
    Oder noch einmal in Desmonds Augen zu schauen oder mich in seine Arme zu schmiegen. Seine Lippen zu küssen, die nach Brot und Minze schmeckten.
    »Okay, okay.« Ich schüttelte diese Gedanken ab und trat an das Terrarium heran.
    Der Springer rührte sich nicht. Sein Körper schien mit dem Glas verschmolzen zu sein, selbst das Schillern seiner Flügel war nur schwach zu erkennen. Er schien mich ebenso anzustarren wie ich ihn. Ich war mir nicht sicher, ob er mir damit weiterhalf. Zwar konnte ich ihn so leichter greifen, aber vielleicht plante er, mich zu überraschen und genau dann heftig mit den Flügeln zu schlagen, wenn ich den Deckel anhob.
    Verdammtes Biest.
    Ich biss mir auf die Lippe und suchte nach Argumenten, um mich selbst zu überreden.
    Was Stacey konnte, das konnte ich erst recht.
    Meine Hand zitterte, als ich sie an das Glas legte.
    »Spiel bloß mit, du Mistvieh«, raunte ich dem Käfer zu. Er ließ sich die Beleidigung gefallen, lediglich seine Fühler wackelten leicht. Ich schob den Deckel zur Seite.
    Obwohl ihm die Freiheit winkte, rührte sich der Springer noch immer nicht. Vielleicht war er neben Stacey und dem Prokuristen das einzige Wesen in diesen Hallen, das seinen Job wirklich mochte. Oder er dachte nicht daran, dass dort draußen die große Freiheit wartete.
    Ich redete mir ein, dass mir nichts geschehen konnte, und streckte eine Hand aus. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte sie einfach nicht senken. Wenn der Springer nur kleiner wäre!
    Das Leben war nicht fair.
    Etwas polterte in einiger Entfernung und erinnerte mich daran, dass mir nicht alle Zeit der Welt zur Verfügung stand.
    »Also gut.« Ich presste einen Klumpen Speichel durch meine Kehle. »Dann wollen wir mal. Ich warne dich, wenn du dich bewegst, lass ich dich fallen und töte dich, ehe du auch nur einen Zentimeter abheben kannst. Hörst du?«
    Der Käfer rührte sich nicht, und ich plapperte leise weiter. Die Worte lenkten mich von meiner Angst ab, die in diesem Moment auf einer zu straff gespannten Geige spielte. Alarmtöne lärmten in meinem Kopf. Ich fügte ihnen ein »Uäh« hinzu, als meine tauben Finger den Springer streiften.
    Er ließ es sich gefallen. Lediglich eines der Hinterbeinchen löste sich vom Glas und wackelte herum. Ich vollführte einen erschrockenen Satz nach hinten. Schwer atmend gönnte ich meinen Nerven eine kurze Pause.
    Eine sehr kurze . Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich entdeckt und hinaus komplementiert wurde. Letztlich waren wenige Gramm lebendige Abscheu auf meiner Hand immer noch besser als die Alternativen hier in LaBrock.
    Das gab den Ausschlag. Je schneller ich zugriff, desto eher hatte ich es hinter mir. Ich stieß einen Schwall Luft aus und tat es. Aus Reflex schloss ich die Augen, als ich den kalten Käfer zwischen den Fingern spürte, und redete mir immer und immer wieder ein, dass ich meine Hand nicht schütteln durfte. Ich blieb so lange auf der Stelle stehen, bis der Fluchtdrang meines Körpers sich weitgehend gelegt hatte. Dabei jammerte ich leise.
    Der Springer war entweder träge, desinteressiert oder gut trainiert, denn soweit ich es fühlen konnte, bewegte er sich nicht. Ich weigerte mich, hinzuschauen. Im Gegensatz zu mir schien er ein alter Profi zu sein. Mit dieser ungewöhnlichen Fahrkarte in meinem Besitz musste ich nun ABM verlassen und zum Portal gelangen.
    Auf der anderen Seite der Tür polterte es, zuerst verhalten, dann verwandelten sich die Geräusche in eine Lawine aus unzähligen Füßen. Feierabend der Telefonisten, ausgerechnet jetzt. Gequält wartete ich, bis das Gewitter abgeklungen war, und öffnete dann mit der käferfreien Hand die Tür.
    Nichts zu hören. Vorsichtig blickte ich mich um,

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