Nicht menschlich Inc.
mehrerer Generationen«, antwortete er und runzelte einmal mehr die Stirn. »Sehr traditionell. Du musst es dir so vorstellen: Je mächtiger die Teufel sind, desto mehr ziehen sie sich von der Öffentlichkeit zurück. Sie leben nach alten Vorstellungen und Normen und das können sie sich auch leisten, denn es gibt nicht mehr viele von ihnen. Das bedeutet, dass sie auch nach alten Gesetzen handeln.« Der Unterton in seinen Worten wies mich darauf hin, dass traditionell hier nicht unbedingt etwas Positives war.
Meine Kinnlade klappte hinunter, als ich glaubte zu begreifen. Ich hatte nicht nur vor wenigen Minuten vor einem Teufelsnest gestanden, sondern diese Kreaturen waren … ja, was? Die Mafia von LaBrock? Für einen Wimpernschlag raubte mir dieser Gedanke den Atem. Dann entwich er in krampfhaften Schüben, als ich mir Staceys Familienfoto vorstellte, stilecht mit Hörnern, Anzügen und Zigarren.
Desmond studierte nachdenklich mein Gesicht. »Du glaubst mir nicht, oder?«
Noch vor drei Tagen hätte ich ihm mit jeder Faser meines Körpers zugestimmt. Aber wie konnte ich das tun, nach allem, was ich gesehen und erlebt hatte, seitdem ich für ABM arbeitete?
»Warum solltest du mich anlügen?«, murmelte ich. »Bist du dir wirklich sicher?«
»Ich weiß noch immer nicht, warum du Stacey verdächtigst«, kürzte Desmond unsere Diskussion ab. »Aber von dem Gedanken, durch ihre Sachen zu schnüffeln, musst du dich verabschieden.«
»Warum?«, stieß ich hervor. In mir kämpften die unterschiedlichsten Gefühle miteinander. Zum einen war ich verschreckt, zum anderen kam mir alles umso unwirklicher vor, je mehr ich hörte. Ganz so schnell wollte ich meine Felle daher nicht davonschwimmen lassen, auch, wenn sie eventuell Feuer fangen könnten. »Gut«, räumte ich ein. »Da standen ein paar Wagen herum, aber die werden irgendwann fahren. Vielleicht ist das Haus dann leer.«
»Nala.«
»Falls sich dann noch jemand dort drinnen befindet«, redete ich tapfer weiter, »wird er nicht unbedingt in Staceys Zimmer hocken. Und da muss ich schließlich hinein.«
»Und dabei an Wachleuten und Angestellten vorbei«, ergänzte Desmond meine Aussage trocken.
Das war neu. »Wachleute? Angestellte?« Ich nuschelte vor Aufregung.
Desmonds Blick bohrte sich mit der Intensität und Überzeugungskraft eines Schlangenbeschwörers in meinen. »Wachleute und Angestellte«, bestätigte er. »Das ist einer der Momente, in denen du wirklich auf mich hören solltest.«
Ich nickte und spürte, wie meine Kehle schlagartig trocken wurde. Etwas Rotes zog in meinen Augenwinkeln einige Meter entfernt an uns vorbei. Ich schreckte zusammen und starrte aus dem Fenster, doch außer Zweigen und Blättern konnte ich nichts erkennen. Trotzdem blieb die Ahnung, beobachtet zu werden, und plötzlich fühlte ich mich in diesem Wald nicht mehr wohl. Möglicherweise hatte Desmond recht und es war keine gute Idee, bei Teufels herumzuschnüffeln. Ich fröstelte.
Als hätte mein Kaninchenblick Desmond versöhnlich gestimmt, streckte er eine Hand nach mir aus. »Hey, ich wollte dir keine Angst machen.«
»Hast du nicht«, murmelte ich und lauschte auf meine Stimme. Besonders überzeugend klang sie nicht. Ich legte meine Hand in seine. Er sah mich an, erstaunt über die Kälte meiner Haut, hauchte darauf und begann sie vorsichtig zu reiben. Ich entspannte mich wieder und musste sogar lachen, als er mir einen übertriebenen Kuss auf die Finger gab und mir einen Blick zuwarf, der verriet, dass er am liebsten noch ganz andere Dinge mit mir angestellt hätte. Trotzdem hatte ich nichts dagegen einzuwenden, als er den Motor anließ. Mein Gefühl, hier nicht allein zu sein, war noch immer nicht ganz verflogen.
Desmond hielt an einer Werkstatt, wo er den Wagen des Prokuristen abholen musste. Also klemmte ich mich hinter das Steuer und ließ mir den Weg zurück dreimal erklären, um mehr Zeit mit Desmond herauszuschlagen. Er durchschaute mich, griff durch das Fenster, zog mich zu sich heran und küsste mich so fordernd, dass mir die Luft wegblieb. Die Verkleidung des Wagens drückte mir in die Seite, doch das war mir egal. Als es hinter uns hupte, wollte ich mich zurückziehen, doch Desmond hielt mich fest. »Hör nicht hin«, sagte er heiser und küsste mich erneut. Meine Lippen brannten, kribbelten und schmerzten gleichzeitig, und ich griff in sein Haar und hielt ihn ebenso fest wie er mich.
Als er mich losließ, war das Hupen hinter mir zu einem Konzert
Weitere Kostenlose Bücher