Nicht ohne meinen Mops
reicht. Ich kann nicht, denn meine Hände sind seifenglitschig. Und Rolf will wohl nicht. Jedenfalls nutzt Earl jene drei Sekunden, in denen keine Hand ihn berührt, um aus der Wanne zu springen. Das Badewasser schwappt über. Earl rutscht auf den seifigen Fliesen aus, landet auf der Seite, berappelt sich wieder und dann schüttelt er sich. Seifenfetzen fliegen durch die Luft, landen in meinem Gesicht, auf dem Spiegel, in Chris’ Kaffee und auf dem restlichen Rührei.
»Nein!«, brüllen meine Jungs und ich. Earl stutzt einen Moment, dann macht er auf der Hacke kehrt und spurtet Richtung Tür. Geistesgegenwärtig kickt Chris sie mit dem Fuß zu – leider hat er immer noch den laufenden Brausekopf in der Hand, den er nun unkontrolliert in den Raum hält. Volltreffer auf Rolf, der nun seinerseits wie ein begossener Pudel aussieht.
Ich mache einen Hechtsprung und bekomme Earl am wulstigen Hals zu fassen. Der Mops bellt beleidigt und meine Hüfte knirscht, als sie auf die Fliesen knallt. Autsch. Das wird ein veritabler blauer Fleck, ich mag gar nicht dran denken.
Mit vereinten Kräften gelingt es uns schließlich, den Mops unter die Dusche zu zerren. Mittlerweile triefen wir alle vier und so ist es ein Leichtes, Earl abzuspülen, ohne dass er entwischen kann. Nasser als nass geht eben nicht. Und wir sind lernfähig: In dem Moment, als Chris die Brause abdreht, hat Rolf schon ein großes Handtuch parat und wirft es über den Hund. Mit nassen Füssen halten wir den Hund unter dem Tuch in Schach, bis er sich ausgeschüttelt hat.
»Musste das ausgerechnet meins sein?« Chris schmollt, als Rolf das Armani-Tuch vom Hund nimmt.
»Kann man doch waschen«, beruhigt er ihn und frottiert den Hund mit einem frischen Handtuch. Diesmal aus seinem eigenen Besitz. Chris und ich trocknen uns selbst notdürftig ab.
»Ich muss nochmal duschen«, jammert unser Hausflorist. »Wie ich aussehe …«
»Erst duscht Tanja, vorher wischen wir aber noch die Küche trocken!«, befiehlt Rolf. »Aber zuvor haben wir uns eine kleine Belohnung verdient, was, Earl?« Der Hund kläfft leise.
Als Rolf das Handtuch vom Mops nimmt, staune ich nicht schlecht. Das fahlgelbe Fell ist mindestens drei Töne heller als sonst. Muss jede Menge Dreck am Hund geklebt haben!
»Na, das hat sich aber gelohnt«, sage ich und gehe zum Kühlschrank. Dann fülle ich den restlichen Prosecco in drei Gläser. Wenig später stoßen die Jungs und ich bei einer Entspannungszigarette auf das gelungene Bad an. Earl schlabbert seinen Wassernapf leer und knackt nebenbei genüsslich an seiner Trockenfutter-Mischung. Dann gähnt er und watschelt aus der Küche. Wenig später hören wir leises Schnarchen. Hund müsste man sein!
2. Abschnitt
Leider schaffen es auch 20 Minuten unter der heißen Dusche nicht, mich in einen verführerischen, makellosen Vamp zu verwandeln. Mittelschwer verzweifelt starre ich in den Spiegel. Meine Gesichtsfarbe ist wie Earls Fell mindestens drei Töne heller als sonst. Anders gesagt: aschfahl. Ich wette, das kriegt kein Makeup der Welt überdeckt. Das Schlimmste sind die Augen. Viel kleiner als üblich und von tiefen Schatten umgeben. Und, ich krieg die Krise, von mehr Fältchen umgeben als noch gestern. Macht kriminelles Handeln alt? Oder war es doch der Alkohol? Und weil das alles noch nicht reicht, sehe ich meinen triefnassen Haaren genau an, dass heute ein bad-hair-day ist. Diese Spargelstrippen werden nur das tun, was sie wollen. Und das sieht nie besonders gut aus.
»Was dauert denn so lange?«, fragt Chris und schiebt den Vorhang, den die Jungs als ›Badezimmerwand‹ an der Decke befestigt haben, zur Seite. Er steht nur in Unterhose da und wartet, dass ›das Bad‹ frei wird.
»Ich frier mich ein. Taut mich auf, wenn Arne wieder weg ist«, jammere ich. »So geh ich nicht unter Leute.
»Herzchen, das machen wir schon, immer mit der Ruhe.« Hinter Chris taucht Rolf auf. »Jetzt komm mal und lass Chris duschen, ehe er völlig durchdreht.«
»Ich drehe nicht durch, ich rieche nach altem Hund«, sagt Chris schnippisch.
»Du darfst gerne meine Ingwerseife benutzen«, schlage ich vor und schleppe mich mit hängenden Schultern in mein Zimmer.
»Echt? Och, das ist aber lieb!« Chris’ Augen leuchten und wenig später trällert er unter der Brause das Libretto aus dem ›Barbier von Sevilla‹. Oder das, was er dafür hält.
Ich will mich nur noch verkriechen. Decke über den Kopf ziehen. Nichts sehen und vor allem nicht gesehen
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