Nicht ohne meinen Mops
und schlinge den roten Gummischlauch um den Oberschenkel. Weiß der Geier, wo bei einem Mops die Vene sitzt!
Arne schießt Earl die Spritze in den Blutkreislauf. Ich drücke das Mullstückchen gegen das Beinchen, bis kein Blut mehr tropft.
»Du bist aber auch vom Fach?« Arne reicht mir die leere Spritze. Ich breche die Kanüle ab und werfe beides in die Mülltonne unter der Spüle. Chris und Rolf stehen zitternd nebeneinander.
»Arzthelferin. Humanmedizin«, stammle ich. Diese Augen … saugen mich auf …
»Und du heißt Tanja.« Arne räumt seine Utensilien zurück in den Koffer. Rolf und Chris tragen Earl, der morgen erst einmal gebadet werden muss, vorsichtig zu seinem Kissen. Rolf bettet den Mops auf ein Badetuch, Chris deckt ihn mit seiner blauen Fleecedecke zu. Welche Ehre – die Kuscheldecke darf außer ihm sonst niemand auch nur anschauen.
Ich sammle die Scherben ein und wische den gröbsten Schmutz mit Zewa auf.
»Wo habt ihr denn einen Schrubber?«
Bitte? Arne fragt nach einem Schrubber?
»Parkt auf dem Balkon«, sage ich einigermaßen fassungslos. Kurz darauf knien wir nebeneinander auf dem Küchenboden. Wenig später sieht die Küche aus, als wäre nie etwas geschehen.
»Danke«, sage ich.
»Gern geschehen.« Arne lächelt und sieht zum ersten Mal entspannt aus. Mein Blick bleibt an den Grübchen auf seinen gebräunten Wangen hängen. Mein Herz macht einen Sprung, der nicht auf den Prosecco zurückzuführen ist.
»Aber jetzt sollten wir uns über die Bezahlung unterhalten.«
Wumms. War ja klar. Gibt’s einen Heteromann ohne Haken? Hier also präsentieren wir: Arne, den geldgeilen Tierarzt.
»Aha«, sage ich. Mein Herz setzt einen Schlag aus.
»Ich schlage vor, ein Abendessen sollte drin sein.« Arne grinst. »Ich bring auch den Wein mit, einverstanden?«
Mein Herz, eben noch auf die Höhe meiner Kniekehlen gerutscht, macht sich im Achterbahntempo auf den Weg zurück an seinen Platz.
Ich nicke. Heftig.
»Morgen Abend?«
Ich nicke noch heftiger.
»Gut, ich freu mich, ist mein freier Tag morgen«, sagt Arne und schnappt sich seine Tasche. »Ich muss dringend ins Bett, bin seit gestern mit dem Tiernotruf gefahren.«
Ein. Held. Ein. Echter. Held.
»Wenn noch was sein sollte mit dem Hund, dann klingelt einfach«, sagt Arne und verabschiedet sich von den Jungs, die neben Earls Kissen auf dem Boden knien und ihn abwechselnd streicheln. »Ich bring dann morgen ein Medikament mit.« Spricht’s und weg ist er.
»Wow«, sage ich und starre auf die Wohnungstür, als könnte Dr. Arne jeden Moment wiederkommen. Obwohl ich höre, wie er seine eigene Tür aufschließt und diese leise ins Schloss fällt.
»Oha, da schau, wie sie schaut!« Chris grinst schief. Rolf schwankt zwischen Besorgnis um Earl und einem ironischen Lächeln.
»Aha, Prinzessin denkt an einen weißen Schimmel«, flötet er dann. Ich strecke den beiden die Zunge raus. Nicht originell, aber angesichts der Uhrzeit, der Ereignisse und des Alkohols noch einigermaßen intelligent.
»Was für ein Tag.« Ich gähne so heftig, dass ein ganzes Weißbrot quer im Mund Platz hätte.
»Das kannst du laut sagen«, stöhnt Chris und rappelt sich hoch.
Zu dritt ziehen und schieben wir den schlafenden Earl samt Kissen in Rolfs Zimmer vor dessen Bett. Fünf Minuten später liege ich – ohne Zähneputzen und noch in Klamotten – in meinem Bett. Ähnlich komatös wie der Mops. Aber sicher mit einem angenehmeren Traum.
Sanftes Rütteln weckt mich am nächsten Morgen. Gefühlt allerdings ist es noch mitten in der Nacht und ich klammere mich mit aller Macht an meinen Traum. Arne kommt darin vor, Arne und dann nochmals Arne. Das widerliche Piepen des Weckers findet in meiner Traumwelt nicht statt. Und das Rütteln eigentlich auch nicht.
»Tanja, hallo, aufwachen!« Mühsam klappe ich das rechte Auge auf Halbmast. Rolfs verschwommenes Gesicht taucht auf.
»Kaffee«, sagt mein Mitbewohner, und als ich das linke Auge zu Hilfe nehme, sehe ich die Tasse in seiner Hand.
»Nur noch fünf Minuten«, jammere ich und will mir die Decke über den Kopf ziehen.
»Du bist schon zu spät dran.« Mr. Gnadenlos reißt mir die Decke weg und pfeffert sie auf den Boden. »Raus aus den Federn!«
Ich knurre ihn an. Rolf zeigt sich wenig beeindruckt.
»Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht längst Liebesbriefe und Rechnungen unters Volk bringen?«, blaffe ich.
»Sollte ich, aber ich hab mich krankgemeldet. Ich kann doch Earl nicht alleine
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