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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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alleine?«, fragt Rolf. Chris scheucht ihn mit einer Handbewegung aus dem Zimmer. Ich höre, wie Rolf in der Küche werkelt.
    »Was macht er denn?«
    »Prinzessin, lass dich überraschen, Monsieur Bocuse zaubert ein festliches Abendmahl«, schnurrt Chris und fährt mir mit einer weichen Bürste durch die Haare. Ich erwarte, dass meine Spargelstrippen elektrisch aufgeladen in die Höhe steigen – aber nichts da. Die Haare bleiben unten.
    »Sag mal, was ist das denn für eine Wunderbürste?«
    »Echtes Wildschweinhaar«, sagt Chris. »Hat mich ein Vermögen gekostet, lohnt sich aber.« Kokett schüttelt er die eigene Mähne. Stimmt. Dass ein Mann solches Haar hat wie Chris, diese Pracht und Fülle, das schmerzt jede Frau. Gene können verdammt ungerecht verteilt sein.
    Jetzt sprüht Chris meine Haare ein. Es duftet nach einer Mischung aus Bubblegum und Kokosmilch.
    »Hab ich von Elke geliehen«, sagt er. Ich beschließe, seine Kollegin zu lieben. Erst spendet sie schwarzes Traumhaar in dreifacher Ausfertigung und nun ein Zaubermittel für mein schütteres Haar.
    »Das gibt Volumen, da kannst du staunen.« Chris langt hinter sich und zieht einen Beutel mit Lockenwicklern zu sich her. Strähne für Strähne wickelt er meine Haare auf die überdimensional großen Rollen. So was habe ich mal im Fernsehen gesehen, bei einem Backstagebericht über eine Modenschau. Alle Models liefen mit diesen klorollenbreiten Wicklern herum und hatten danach, tadaaa!, prächtige Haare.
    »Chris, du denkst an alles!«
    Er haucht mir ein Küsschen auf die Stirn. »Für dich doch gerne, Prinzessin. Ohne dich würde ich doch jetzt unter einer Brücke leben …« Chris schluckt trocken und wischt sich über die Augen.
    »Nanana, nicht sentimental werden!« Ich knuffe ihn in die Seite. Er seufzt.
    »Doch, Tanja, ich hätte niemals solch eine schöne Wohnung gefunden, mit so lieben Menschen. Weißt du, da reden alle von Toleranz, aber wenn sie merken, dass ich schwul bin, dann blocken die meisten ab. Es könnte ja ansteckend sein.« Chris lacht bitter.
    »Ach komm«, sage ich. »Ist das heutzutage noch so?« In dem Moment, als ich das sage, finde ich es selbst blöd. Aber Chris überhört mein altbackenes Geschwätz. Er nestelt am Föhn, und ehe er damit beginnt, heiße Luft durch die Lockenwickler zu pusten, nickt er traurig.
    »Meine Eltern haben immer gesagt, dass sie nichts gegen Homosexuelle hätten.« Das Wort ›Homosexuelle‹ spricht er mit jeder Menge Verachtung aus. »Und dann kommt der eigene Sohn an und ist schwul. Stockschwul. Für meine Mutter ist eine Welt zusammengebrochen. Das einzige Kind! Niemals Enkel! Und mein Vater, der brave Beamte, wie peinlich, was wohl die Nachbarn sagen?« Chris schüttelt sich. Ich lege ihm die Hand auf den Arm.
    »Das wusste ich nicht.«
    »Schon gut, mittlerweile telefonieren wir immerhin wieder miteinander«, sagt Chris. »Und meine Mutter hat jetzt zwei Pudel. Die sind genauso anstrengend wie kleine Kinder!«
    Da ist er wieder, mein Chris. Er grinst und dann pustet der Föhn los. Rolf kommt mit zwei Cocktailgläsern ins Zimmer. Dunkelrot leuchtet der Inhalt, dekoriert mit Kiwischeiben.
    »Um Gottes willen, da bin ich ja sturzbetrunken!«, rufe ich.
    »Keine Angst, Prinzessin, in diesem Zaubertrank verbirgt sich kein noch so winziges Tröpfchen Alkohol«, sagt Rolf und verschwindet wieder in der Küche. Chris und ich nippen an unseren Cocktails. Was auch immer drin ist – es schmeckt fantastisch.
    »Meine Eltern waren auch das, was man Spießer nennt«, sage ich. Jetzt aber bitte nicht sentimental werden, Tanja!
    »Wieso waren?« Chris stellt sein Glas ab und holt ein Köfferchen.
    »Na ja, sie sind gestorben«, sage ich.
    »Das wusste ich jetzt nicht.«
    »Schon gut. Ich war 14. Sie hatten wohl keine Chance, als der Lkw sie gerammt hat. Die Straße war spiegelglatt.« Ich habe diese Geschichte so oft erzählt, dass sie mir längst vorkommt, als sei sie jemand anderem passiert. Trotzdem rührt es mich, dass Chris eine dicke Träne über die Wange kullert.
    »Hey, nicht weinen«, sage ich. Chris schnieft.
    »Ich hab dann bei meiner Tante Trude gewohnt. Die ältere Schwester meiner Mutter. Mit einem Herz so groß, das kannst du dir nicht vorstellen.«
    »Ach, Prinzessin!« Chris schlingt mir von hinten die Arme um die Schultern.
    Eine Weile baden wir uns im Mitleid für den anderen. Dann streckt Chris sich. »Dann ist es also umso wichtiger, dass du heute gut aussiehst«, sagt er und klappt den

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