Nicht ohne meinen Mops
haben sich die anderen Mamas und der eine Papa in einem Kreis um uns formiert und ich rechne damit, jeden Augenblick in einen Boxkampf ›Mutter gegen Hundebesitzerin‹ verwickelt zu werden. Ich höre schon das blutrünstige Schnauben der Menge, als Earl sich einen Weg durch die Beine der Damen und des Herrn bahnt und mir einen feuchten Stupser mit der Schnauze gibt.
»Schon gut«, murmele ich und fummle den letzten Fünfer aus meiner Hosentasche. »Das reicht ja wohl?«, sage ich und fuchtele mit dem Schein in der Luft, auf dass die Meute meine Reue sehe.
Schantalls Mutter schnappt sich die Kohle (Adieu, du mein Feierabendeis!) und macht auf der Hacke kehrt. »Wir gehen!«, ruft sie.
Gemeinsam mit ihr treten die anderen Eltern den geordneten Rückzug an. Ich atme tief durch und gehe in die Knie, um Earl zu streicheln.
»Belohnen sollten Sie den aber nicht auch noch«, faucht Blondie hinter mir.
Jetzt reicht’s.
» Der , meine Liebe, ist seine Durchlaucht Earl of Cockwood, der ist so was von reinrassig, dagegen ist ihr Köter eine Promenadenmischung … Und ich will mal hoffen, dass ihre Lockenratte keinen Tripper hat!« Jawoll. Auch Tanja kann gemein sein.
Blondie schnappt nach Luft und drückt Püppie fester an ihre Brust. »Frechheit«, stößt sie nach einer Weile hervor.
»Genau«, pampe ich zurück. Einige Augenblicke lang starren wir uns schweigend an. Dann richte ich mich auf. »Wir sollten das wie Erwachsene regeln«, schlage ich vor.
Blondie rümpft die Nase, aber aus der Dame ist nun spürbar die Luft raus. »Wissen Sie, ich habe übermorgen einen Decktermin, der Rüde ist schon bezahlt …« Verwirrt sieht sie mich an. »Na ja, und wenn der Mops nun … das wäre nicht auszudenken.«
»Aber wieso lassen Sie denn eine läufige Hündin auch frei laufen?« Das kann ich mir nicht verkneifen. »Da kann Earl ja gar nicht anders, als sie zu … besteigen.«
Blondie antwortet nicht. Verzweifelt krault sie ihr Püppchen hinter den gelockten Öhrchen. Tränchen steigen ihr in die Äugchen.
»Vielleicht gibt’s ja so was wie die Pille danach auch für Hunde?«, überlege ich. Wär ja möglich – wo Earl doch auch Medikamente aus der Humanmedizin bekommt gegen seine Epilepsie.
»Meinen Sie?« Hoffnung keimt auf.
»Kann ja sein«, beruhige ich sie. »Warten sie mal.« Ich gehe, Earl dicht hinter mir, zurück zu unserem Stamm-Sitz und krame das Handy aus der Tasche. Seit Earls Zusammenbruch habe ich die Nummer der Tierrettung unter ›Kurzwahl 1‹ gespeichert. In Zeiten, in denen frau unbemannt ist, kann eine solche Nummer schnell mal zur Wichtigsten überhaupt werden. Früher gehörte die Kurzwahl 1 einmal Marc, dem Arsch. Arne hat es noch nicht in mein Nummernverzeichnis geschafft. Arne, der Abwesende … für einen Moment beginnen meine Hände zu zittern – was, wenn er drangeht? Es tutet dreimal. Dann knackt es und eine Stimme – unverkennbar die einer Frau – sagt: »Tierrettung Stuttgart, was kann ich für Sie tun?«
»Böhme hier, also, wir haben einen absoluten medizinischen Notfall, zwei Hunde … also, bitte kommen Sie schnell«, sage ich und nenne ihr die Adresse des Spielplatzes. Dann lege ich auf, ohne zu sagen, worum es geht – es wäre mir doch zu peinlich, das am Telefon zu bereden. Als ich das Handy in meine Tasche zurückstopfe, frage ich mich, wer eigentlich den Einsatz bezahlt … Rolf? Ich? Für mich wäre das der finanzielle Genickbruck.
Blondie verbringt die nächsten Minuten damit, auf den Stilettos durch das Gras zu stapfen und Püppchen in den Armen zu wiegen. Earl und ich nehmen auf der Bank Platz. Schade, dass die Müttermafia nebst Kreischkindern schon abgezogen ist, denke ich. Für die Blagen wäre der Auftritt der Tierretter sicher eine Schau gewesen: Wenige Minuten nach meinem Anruf hält der ausrangierte Krankenwagen vor dem Spielplatz und eine Frau springt heraus. Routiniert reißt sie die Schiebetür auf, greift sich einen schwarzen Koffer (in meinem Herz gibt es einen Stich … solch einen Koffer hat Arne auch) und trabt neben ihrem Kollegen, der am Steuer saß, auf uns zu.
»Was ist passiert?«, fragt sie und schaut verwundert vom offensichtlich sehr gesunden Earl zu Püppie, die sich genauso offensichtlich pudelwohl fühlt.
»Hoffentlich nichts!«, sage ich und grinse. Blondie drängt sich vor uns und schildert der Ärztin in allen Einzelheiten den tierischen Akt und ihre daraus resultierenden Bedenken betreffs der Fruchtbarkeit der Pudeldame. Mit jedem
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