Nicht ohne meinen Mops
Wort, das Miss Locke spricht, wird das Grinsen im Gesicht der Ärztin breiter. Ihr Kollege, der mittlerweile ausgestiegen ist, versteckt sein Grinsen hinter vorgehaltener Hand. Und auch ich kann mich nur noch mit Mühe beherrschen.
»Ja, und nun braucht meine Püppie die Pille danach«, beendet Blondie schließlich den Bericht.
Die Ärztin täuscht ein Husten vor, aber ich sehe genau, dass sie sich vor Freude fast in die orangefarbene Sanitäterhose pinkelt. »Die gibt’s nicht für Hunde«, presst sie schließlich hervor.
Blondie wird blass und lässt sich auf die Bank neben meiner plumpsen. »Und nun?«, haucht sie tonlos.
»Nun, ich würde mal sagen, für uns ist der Fall abgeschlossen. Gesünder als dieses Liebespaar hier kann ein Hund ja wohl nicht sein.«
»Aber als einer der letzten Einsätze war das gut«, sagt der Kollege und zeigt, wie breit er grinsen kann.
»Letzter Einsatz?«, frage ich.
»Ja, leider«, sagt die Ärztin und wendet sich zum Gehen. »Die Tierrettung wird wohl eingestellt. Uns will keiner bezahlen, es fehlt wie überall an Geldern. Von der Stadt gibt’s nichts und die Leute spenden immer weniger. Und leider tragen die Einsätze bislang die Kosten bei Weitem nicht«, sagt sie und geht neben dem Kollegen her zum Einsatzwagen.
Eingestellt. Aus. Ende. Ist Arne deswegen verschwunden? Haben sie ihm schon gekündigt?
»Moment mal!«, rufe ich, doch die beiden steigen schon in den Wagen. Ich will zu ihnen rennen, aber Blondie packt mich am Arm.
»Hey, Sie werden sich jetzt nicht aus dem Staub machen«, faucht sie.
»Loslassen!«, fauche ich zurück.
Blondie krallt sich fester und erst jetzt bemerke ich schmerzhaft, dass sie messerscharf gefeilte Nägel hat. »Nein!«, brüllt Löckchen.
Ich winde mich unter ihrem Griff, der sich langsam lockert … aber zu spät: Als ich eben frei komme, springt der Motor an und der Rettungswagen braust davon.
»Scheiße!«, rufe ich.
»Ganz genau«, pflichtet Püppchens Mama mir bei, obwohl sie ganz sicher etwas anderes meint als ich. Nach einigem Gekeife haben wir es dann doch geschafft, die Adressen auszutauschen. Ich gebe als Halter Rolf an (okay, ich will keinen verpfeifen oder reinreiten, aber für die Triebe des Hundes scheint mir eindeutig das Herrchen zuständig zu sein). Dann wackelt Blondie davon und Earl macht sich mit mir auf den Heimweg.
Chris verbirgt das Gesicht in den Händen und lässt den Tränen freien Lauf. Rolf wälzt sich neben Earl auf dem Boden und keucht beinahe lauter als ein Mops beim Sex.
»Das ist zu gut, zuhuhuuuu gut!«, kreischt Chris vor Vergnügen und wischt sich die Lachtränen von den Wangen. »Ein poppender Mops!«
»Ich kann nicht mehr, ohohohoho … Wehe, Earl, wenn ich Alimente zahlen muss …« Rolf rappelt sich hoch, sieht mich an und gackert von Neuem los.
»Tanja, Tanja … hahahaha!«
»Hihhihihi!«
Junge, Junge … immerhin haben die beiden Humor und Rolf hängt offensichtlich nicht sehr am adeligen Sperma seines Hundes.
»Und ich dachte, Earl sei schwul«, presst er zwischen zwei Lachattacken hervor. Chris springt auf und rast in Dornröschens Toilettenpalast.
»Ich mach mir gleich in die Hose«, ruft er und knallt die Tür zu.
»Das werden lauter kleine Mudel – Mops und Pudel: Mudel …« Rolf klatscht sich auf die Schenkel.
Mudel! Jetzt muss ich auch lachen. Ich lache, bis sich die Balken biegen – ein gelockter Mops! Ein plattnasiger Pudel! Viele, viele kleine Mudel!
Dann macht der Sommer sich langsam vom Acker. Die Tage werden kürzer und kühler. Earl und ich ziehen auf die Nachbarbank um, denn der mächtige Baum lässt langsam, aber sicher alles fallen, was er an Kastanien fallen lassen kann. Drei Wochen nach Earls Liebesabenteuer erhält Rolf einen Anruf von Blondie. Püppchen wird tatsächlich Mutter und wird die Welpen wohl oder übel austragen müssen. Der Arzt hat eindringlich von einer Abtreibung abgeraten, um die spätere Zuchtfähigkeit der Hündin nicht zu gefährden. Opa Rolf ist sichtlich stolz auf das Werk seines Mopses – und sichtlich gekränkt, als die Pudelmama sich jeglichen Kontakt und die Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen ausdrücklich verbittet. Schnepfe!
Mein persönlicher Supergau sitzt im Arbeitsamt. Ich steuere direkt auf Hartz IV zu und Dirk Lehr im Pullunder hat nichts anderes zu tun, als mir von Mal zu Mal zu erklären, dass ich für meinen Beruf im denkbar schlechtesten Alter bin: »Wissen Sie, Frau Böhm, die meisten Arzthelferinnen
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