Nicht ohne meinen Mops
gekämpft habe (und hey, ich hatte keine Chance bei all der Eiscreme, die meine Jungs und ich in langen Videonächten gegessen haben!).
Während die Temperaturen also weiter und weiter steigen und die Leute Richtung Mallorca flüchten, sinkt meine Laune tiefer und tiefer. Klar, Chris und Rolf kümmern sich rührend um mich und betonen Tag für Tag, dass wir zu dritt das mit der Miete schon wuppen würden, bis ich einen neuen Job gefunden hätte. Aber Arbeitsberater Lehr ist im Urlaub (Mallorca, 14 Tage all inclusive, schätze ich). Die Stellenangebote in der Zeitung tendieren gegen null und ich frage mich, ob ich nicht doch eines Tages noch einmal bei Emmie klingeln werde.
Der einzige Lichtblick in diesen Wochen ist Earl. Der Mops und ich streifen, sobald die Sonne nicht mehr ganz so fies vom Himmel sticht, durch die Straßen. Im Treppenhaus achte ich allerdings immer sehr genau darauf, keinen Lärm zu machen – nicht, dass Bernd Kube noch auf die Idee kommt, mich um weitere Tipps in Sachen Jasmin zu bitten. Für einen Ausflug in den Park ist es mir und dem Mops zu weit und zu heiß, das haben wir nur einmal gemacht. Und ich schwöre, meine Zunge hing weiter raus als die des Köters. Der Mops konnte sich immerhin noch im Brunnen erfrischen – ich hatte nicht mal zwei Euro für ein Eis im Etat.
Unser täglicher Weg führt uns vorbei an der Frittenbude (immer noch unsere Hauptnahrungsquelle, wenn die Jungs keine Lust zum Kochen haben) und dem kleinen Antiquitätenladen, die Straße hinunter durch das Bohnenviertel, um die Ecke und zum nächstgelegenen Spielplatz. Die Anlage stammt offensichtlich noch aus früherer Zeit, zu der es noch nicht als sofort tödlich galt, wenn Kinder und Hunde sich auf demselben Gelände aufhalten. Zwar steckt im Boden neben dem Sandkasten ein grünes Schild, auf dem ein kackender Hund mittels roter Streifen durchgestrichen ist, doch ein Teil der Wiese ist klar als Hundespielplatz ausgewiesen. Hier sitzen Herrchen und Frauchen auf den Holzbänken und starren hinüber zur Kinderecke. Dort wiederum fläzen die Mamis und ganz selten auch mal ein Papi und starren mit verbissenem Blick zu Bello und Co. Wenn sie nicht gerade Kevin davon abhalten müssen, mit seiner gelben Plastikschaufel dem Dennis ein Loch in den Schädel zu hauen. Oder Schantall davon überzeugen wollen, der Dschässikaaa bitte schön keine Ladung Sand in die Augen zu reiben. Sagt denen im Standesamt eigentlich keiner, dass französische Namen auf Schwäbisch grenzdebil klingen?
In unserer Ecke geht es sehr gesittet zu. Earl und ich sitzen stets auf der mittleren Bank unter dem Kastanienbaum. Im Herbst ist der Platz wegen der herunterfallenden Kastanien sicher nicht sehr beliebt. Und während Niels-Alexander, Michelle-Marie und Leon-Maurice mit markerschütternden Schreien ihre Eltern zum Schaukeln, Wippen und Buddeln abkommandieren, setzt Earl sein Häufchen, das ich mit der Plastiktüte einsammle. Dann rollt er sich neben mir auf der Bank zusammen und schaut zu, wie ein Dackel im Kreis rennt und dabei versucht, seinen Schwanz zu fangen. Bei der Hitze käme dem Mops so was nie in den Sinn. Aber vielleicht ahnt er auch, dass er seinen Ringelschwanz niemals zu fassen bekäme?
Mit den anderen Hundehaltern habe ich in den ersten Tagen so manches interessante Gespräch über die Vorlieben der Vierbeiner für bestimmte Hundefuttersorten, die Qualitäten diverser Hundefriseure und das Unverständnis der meisten Eltern auf der Gegenseite geführt. Irgendwann aber waren die Gesprächsthemen doch erschöpft und so gehört zu meiner Grundausstattung mittlerweile immer ein gutes Buch, empfohlen meistens von Rolf. Im Augenblick fesselt mich ein Krimi aus Bielefeld, in dem ein Kommissar Weinbrenner einen irren Puppenspieler jagt. Zuvor habe ich mich mit einer gewissen Alice in die Niederungen eines Dorfes begeben, in dem nichts so ist, wie es scheint.
Als Kommissar Weinbrenner in Bielefeld eben eine Tasse Kaffee trinkt, zerreißt ein gellender Schrei die Stille des Stuttgarter Spielplatzes. Waldi lässt seinen Schwanz los und bleibt wie angewurzelt stehen. Schantall fällt das Schäufelchen aus der Hand und Jason-Fabian fällt vor Schreck auf den Windelpo. Irritiert lasse ich den Roman sinken und will Earl beruhigend über die Schlappohren streicheln – doch der Platz neben mir ist leer.
Im Sandkasten herrscht Tohuwabohu. Eine aufgebrezelte Blondine mit Dauerwellen, wie man sie zuletzt bei Dallas oder Denver Clan sah, stakst
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