Nicht ohne meinen Mops
rufe ich.
»Wuff!«, verspricht Earl.
Durchgefroren und in der Seele eisgekühlt kommen wir am frühen Nachmittag nach Hause. Earl hechelt als Erster die Treppe hoch und ist offensichtlich immer noch beleidigt, weil er im Kofferraum sitzen musste. Seine Pfoten hinterlassen blassbraune Spuren auf den Treppen. Müde hangeln wir uns hinter ihm her und kommen exakt bis in den zweiten Stock. Dort kommt die alte Stiller aus ihrer Wohnung geschossen. Wahrscheinlich hat sie mal wieder so lange gelauscht, bis jemand kommt. Olle Zicke.
»So eine Sauerei«, keift sie, als sie Earl an sich vorbeischießen sieht. Der Mops tut, was wir alle gerne täten: Er würdigt unsere Nachbarin keines Blickes und saust hoch erhobenen Hauptes an ihr vorbei. Das können wir aber nicht, denn das Weib stellt sich in ihre Kittelschürze gewandet mitten in den Weg. Rolf versucht es diplomatisch.
»Guten Tag, Frau Stiller.«
»Von wegen guten Tag, meine Herrschaften«, blökt die Alte. »Es ist Samstag.«
»Ach neee«, nuschele ich. »Seit wann denn?«
»Werden Sie bloß nicht frech, Frollein!«
Ich verdrehe die Augen und suche Schutz hinter Chris’ Rücken.
»Es ist Samstag«, bemerkt Rolf und lächelt sein Zahnpastalächeln. Vergeblich. Frau Stiller verzieht keine Miene. Stattdessen deutet sie mit den knorrigen Fingern einen Stock nach oben.
»Da oben hängt ein Schild!«
»Ach neee«, sage ich wieder. Chris zischt, dass ich ruhig sein soll.
»Doch, Frollein, und auf dem Schild steht, dass Sie Kehrwoche haben.«
»Sososo …« Ich kann’s mir nicht verkneifen.
»Na, dann machen wir die Kehrwoche«, versucht Rolf zu beschwichtigen.
»Ja, aber bitte schön das nächste Mal am Vormittag«, keift die Stiller und deutet mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf das vergoldete Ührchen an ihrem linken Arm. »Und nicht erst um vierzehn Uhr und siebzehn Minuten!«
»Piep. Beim nächsten Ton ist es vierzehn Uhr und achtzehn Minuten«, sage ich. Chris kichert. Frau Stiller schnaubt und rauscht ab in ihre Wohnung. Der Tür verpasst sie einen herzhaften Schubs, sodass diese mit einem lauten ›Wumms‹ ins Schloss fällt.
»Nicht auch noch Feudel schwingen«, jammert Chris, als wir uns die letzten Treppen nach oben quälen. Earl hockt hechelnd auf der Fußmatte. Mein Blick geht wie ferngesteuert zur Wohnung gegenüber. Tatsächlich! Die Bärchenmatte ist wieder da und erstrahlt frischer denn je. Hilde Otto hat ganze Arbeit geleistet.
»Schieben wir’s auf Arne«, grummle ich, klaube das Kehrwochenschild vom Haken und hänge es an die Klinke des verschwundenen Tierarztes. Ätsch. Hat er verdient.
In der Wohnung verzieht sich Earl sofort unter den Küchentisch. Eigentlich sollte der Mops gebadet werden, aber keiner von uns hat Lust darauf, die Babywanne zu holen, zu füllen, den Hund zu tauchen und hinterher die komplette Küche aufzuwischen. Stattdessen sucht Rolf eine alte Decke und wirft sie über Earls Luxuskissen. So werden Bezug und Nerven (diese zumindest bis morgen) geschont. Vielleicht blättert der Matsch ja auch von alleine vom Fell ab?
Ich streife meine klatschnassen Schühchen von den eiskalten Füßen. Meine Socken sind durchweicht und pappen zwischen den Zehen, die sich in einer Mischung aus Blau und Rot verfärbt haben. Die grüne Farbe an meinen Füßen allerdings stammt von den Socken, deren Wolle in der Feuchtigkeit der Schuhe abgefärbt hat. Auch wenn ich weiß, dass es Unsinn ist, jammere ich los: »Ich krieg garantiert einen Schnupfen!«
»Das ist doch Quatsch«, sagt Rolf. »Erkältungen bekommt man durch Viren und nicht durch kalte Füße.«
»Sei doch nicht so eiskalt«, nölt Chris.
»Was seid ihr für Mimosen«, quengelt der zurück.
»Ja, na und?« Chris rollt mit den Augen und lässt sich auf die Couch fallen. An Ort und Stelle streift er mit den Füßen seine Schuhe ab, ohne sie vorher aufzubinden. Er muss wirklich fertig sein – was beim Anblick des schimmelnden Spinnentempels namens Gartenlaube auch verständlich ist.
»Memmen!« Rolf trollt sich in die Küche. Ich lehne mich gegen Chris’ Schulter. Zu zweit schweigen und seufzen wir abwechselnd. Schließlich kommt Rolf zurück in den Wohnflur. Vor sich balanciert er Earls Babywanne.
»Ein Fußbad für die Memmen«, sagt er und stellt die Wanne vor die Couch. Ich grunze vor Wonne, als ich meine steif gefrorenen Zehen in das nach Lavendel duftende Wasser stecke. Chris zieht seine Socken aus und tut es mir nach.
»Haaaaach!« Dankbar lächelt er
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