Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
eine Philosophin?
Während die Gäste ihren ersten Schluck Champagner genossen, schnaubte sie: »Offenbar bekommt der Ehrengast einen hysterischen Anfall.«
Damit hatte sie völlig recht, denn India schrie: »Wo ist die Torte?«
Wie ich mittels kurzer detektivischer Arbeit herausfand, war die Sylvia-Weinstock-Torte, um die India so ein Aufhebens gemacht hatte, nicht geliefert worden.
Sichtlich genervt, zog die Event-Managerin ihr Handy hervor. »Die Torte ist fertig. Aber der Lieferant lässt sich nicht blicken. Nun haben sie einen anderen Liefer-Service angerufen. Leider wird es noch eine Weile dauern«, erklärte die Frau verzweifelt.
Bei jeder Silbe färbte sich Indias Gesicht dunkler.
»Okay, ich hole die Torte«, erbot ich mich und überraschte alle Anwesenden, mich selber inklusive.
Niemand gab mir eine Chance, mich anders zu besinnen. Hastig kritzelte die Event-Managerin die Adresse auf einen Zettel und drückte ihn in meine Hand.
»Ich komme mit.«
Verwirrt drehten wir uns zu Jack um, und mein Atem stockte. Wie traumhaft er aussah … Ja, ich weiß, er sah immer traumhaft aus.
»Oh - Onkel Jacky!«, kreischte India und stürzte sich in seine Arme. »Also bist du doch noch gekommen!«
Lächelnd hob er ihr Kinn. Das gehörte zu seinen besonderen Eigenarten. Sobald man glaubte, man hätte ihn richtig eingeschätzt, tat er etwas, das einen zwang, dieses Urteil zu revidieren.
Ein paar Minuten später ergriff er meinen Ellbogen und führte mich zum Aufzug. Nachdem wir ihn betreten hatten, dachte ich unwillkürlich an all die erotischen Filmszenen, die in Liftkabinen spielen. Die Türen schlie ßen sich, ein Wimpernschlag, und die beiden Fremden fallen übereinander her. Aber wir kannten uns, und wir wirkten in keinem Film mit.
Da ein Kuss nicht infrage kam, entschied ich mich für höfliche Konversation. »Vorhin, am Flughafen, habe ich dich gar nicht gesehen.«
Schon wieder dieses Lächeln … »Hast du mich gesucht, Cushing?«
»Äh - nein.« Bloß nicht lachen. »Aber ich dachte, als Indias Onkel würdest du die Party besuchen.«
»Ich bin schon gestern in New York gelandet.«
Erst auf der Straße, wo er mir die Tür eines Taxis aufhielt, fragte ich möglichst beiläufig: »Wo ist denn deine Verlobte? Racine, nicht wahr?«, fügte ich hinzu und stieg ins Auto.
Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, hörten wir auch schon einen Ruf. »Jack, Liebling, warte auf mich!«
Ich erkannte Racine sofort.
In eleganten Stilettos trat sie aus der Drehtür des Blair Tower, graziös und lässig. Ihr schimmerndes Abendkleid flatterte im Aprilwind. »Gerade habe ich von dem Missgeschick erfahren, und da wollte ich natürlich helfen.« Jack hielt immer noch den Wagenschlag auf, und sie zwang mich, beiseitezurücken, als sie in den Fond kletterte. »Hi, Sie sind Carlisle, nicht wahr?«
Jack stieg ein, schloss die Tür hinter sich, fuhr sich mit
den Fingern durchs Haar und nannte dem Fahrer die Adresse.
»Nun muss ich eigentlich gar nicht mehr mitkommen«, meinte ich, aber erst, nachdem das Taxi den Bordstein verlassen hatte. Um mich zu verabschieden, hätte ich die Tür aufstoßen und aus dem fahrenden Auto springen müssen. Vielleicht gar keine so schlechte Idee …
»Endlich lerne ich Sie kennen«, sagte Racine, während sich der Wagen im Samstagabendverkehr die Fifth Avenue entlangquälte. »Es stört Sie doch nicht, wenn ich Sie Carlisle nenne?«
Aus der Nähe betrachtet, war sie genauso hübsch wie damals im Korridor des Clubs, wo ich sie von Weitem gesehen hatte. Und sie passte großartig zu Jack. Groß und schlank, mit langem braunem Haar, makellosem Teint und einer sensationellen Figur. Nicht dass ich mich eingeschüchtert fühlte. Nun ja, ein bisschen. Aber um mich zu verteidigen - sie sah wirklich umwerfend aus.
Sie sprach mit kultiviertem Texas-Akzent, und ihre dunkelgrünen Augen musterten mich diskret. »So viele Geschichten habe ich über die grandiose Carlisle Cushing gehört.«
Erstaunlich …
»In Willow Creek sind Sie eine lebende Legende, beinahe eine Heilige.«
»Racine«, mahnte Jack.
»Was ist denn los, Darling?«, fragte sie und wandte sich ihm zu. »Selbst wenn sie nicht zu deinen Favoritinnen zählt, bedeutet das keineswegs, dass andere Leute sie auch nicht mögen.« Nun tätschelte sie mein Knie. »Verzeihen
Sie, das soll keinesfalls heißen, Jack würde Sie nicht mögen. Sicher liegt es einfach nur an diesem Scheidungsprozess. Wenn’s den nicht gäbe, würde er genauso wie
Weitere Kostenlose Bücher