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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Gangsterbrut verschlingen«, jubelten sie. Eine fanatische religiöse Sekte, die sich »The Yorks« nannte, bat mich, die Ehrenpräsidentschaft zu übernehmen. Auch der »United Jewish Appeal« zeigte Interesse an einem Vortragszyklus. Und die Einladungen wollten nicht abreißen.
    Bei alledem konnte ich mir im stillen Kämmerlein die Wahrheit nicht verhehlen. In Wahrheit finde ich nämlich New York sehr interessant und reizvoll. Eine wirkliche Weltstadt. Lustig und lebensfroh. Nicht so wie diese armseligen Provinznester, wo der Tag endet, wenn die Sonne untergeht. Wie bitte? Es gibt Gangster und Mörder in New York? Wo, wenn ich fragen darf, gibt es keine? Von einer Stadt mit 12 Millionen Einwohnern kann man nicht verlangen, daß sie ausschließlich von Heiligen und Nonnen bevölkert sei. Natürlich leben dort auch ein paar asoziale Elemente, Rechtsanwälte und Huren. Macht nichts. Sie gehören mit zur vitalen Atmosphäre dieser einmaligen Stadt. Um es rund heraus zu sagen: ich liebe New York.
    »New York ist der Mittelpunkt der Welt!« rief ich laut und freudig zur Sonne hinauf. »New York ist großartig! New York ist nicht Amerika!«
    »Augenblick«, sagte der freundliche Herr, der neben mir auf der Bank im Central Park saß. »Das muß ich meiner Frau erzählen.«
    »Ein Musical am Broadway«, fuhr ich fort (und der herrliche Großstadtverkehr hinter uns auf der wunderbaren Fifth Avenue skandierte meine Worte), »ist mehr wert als sämtliche Rinderherden von Texas und Arizona zusammengenommen!«
    »Unsere Frauen«, sagten die New Yorker, »möchten Sie zum Dinner einladen…«
    Alle Rechte vorbehalten.
     

Der Broadway ist off
     
     
    Nirgends ist New York so sehr New York wie auf und um den Broadway. Auf dieser nur wenige Quadratkilometer großen Fläche machen mehr Produzenten Bankrott als irgendwo sonst auf der Welt. Darwin muß den Broadway gemeint haben, als er vom »Kampf ums Dasein« sprach. Er hat allerdings nicht geahnt, wie grausam dieser Kampf werden kann.
     
    Das Wichtigste für eine Off-Broadway-Theaterproduktion ist das Theater selbst. Diese verhältnismäßig kleinen Kunststätten stehen niemals leer. Sie werden ständig von produktionsgierigen Unternehmern belagert und, kaum daß sich die geringste Chance bietet, geschnappt, ohne daß der betreffende Produzent im voraus wüßte, ob das zu seinem Selbstmord führen wird oder zu einem rauschenden Erfolg. Mit Zwischenstadien hält man sich in New York nicht auf. Entweder kratzt man Wolken oder man macht gleich am Premierenabend Pleite.
    Meine eigene Situation war unter den damals gegebenen Umständen verhältnismäßig aussichtsreich. Der Produzent meines Stücks, wir nennen ihn der Einfachheit halber Joe, trug in seiner Tasche einen Mietvertrag mit der Verwaltung einer Methodistenkirche, ein signiertes, offizielles, fast schon historisches Dokument, das uns für eine unbegrenzte Dauer von drei Monaten den Gebrauch des im Kirchengebäude befindlichen Theatersaals sicherte. Es war eine reizende kleine Bühne, die Atmosphäre war intim und puritanisch zugleich, und die Proben waren im üblichen, verrückten Gang. Es war also alles in bester Ordnung.
    Und dann schlug die Steuerbehörde zu.
    An jenem schicksalsträchtigen Abend traf bei unseren
    Methodisten ein amtliches Zirkular ein, demzufolge die Kirche (wie alle gleichartigen Institute auch) von jetzt an die bisherige Steuerfreiheit nur dann genießen würde, wenn sie »in keiner Weise mit einer auf Profit berechneten Organisation« zu tun hätte.
    Die Kirchenverwaltung wurde von Panik befallen. Nicht wegen der Steuer, die sie vielleicht zu entrichten hätte, sondern bei dem bloßen Gedanken, daß jeder beliebige Steuerbeamte fortan in den Büchern herumschnüffeln könnte. Das durfte nicht sein. Das nicht.
    Am nächsten Tag berief der Methodisten-Erzbischof, der gerade an der Reihe war, den Produzenten Joe zu sich und teilte ihm mit, daß unsere Abmachungen null und nichtig seien, und zwar infolge »höherer Gewalt« (in Amerika »Act of God« genannt), siehe § 106 des Vertrags. Joe taumelte, fiel auf die Knie und beschwor den Erzbischof, ihn nicht zu ruinieren. Als er damit nichts erreichte, brachte er in seiner Verzweiflung ein Argument vor, das er für besonders raffiniert hielt: die Show, so sagte er, würde ohnehin keinen Profit machen, sondern durchfallen und zusperren wie die meisten ihrer Art. Um den Kirchenfürsten zu überzeugen, daß es sich wirklich so verhielte, lud er ihn –

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