Nicht so stuermisch Hannah
verändert. Hannah fühlte sich persönlich betroffen, seit sie sich Adam angeboten und er sie zurückgewiesen hatte.
Auch wenn sie jetzt vollkommen davon überzeugt war, dass der Grund dafür nicht mangelndes Interesse war, so empfand sie die Erinnerung an den Samstagmorgen noch immer beschämend.
Da Hannah seitdem nichts von Adam gesehen oder gehört hatte, kam sie zu dem Schluss, dass er sich nicht mehr sehen lassen würde, um mit ihr die Arbeiten an ihrem Haus zu beenden. Umso größer war ihre Überraschung am Montag, als er ge gen Mittag zur gewohnten Zeit wieder auftauchte.
„Tag", begrüßte er Hannah ernst.
Hannah nickte, ohne zu lächeln, aber ihr Herz hämmerte bis zum Hals hinauf.
Oh nein, sie würde sich nicht erlauben, eine Reaktion zu zeigen. Auf keinen Fall.
Ohne ein weiteres Wort verschwand Adam hinter dem Haus. Als Hannah ihm wenige Minuten später folgte, sah sie, dass er keine Zeit verschwendet und sofort mit der Arbeit angefangen hatte. Er stand bereits mit dem Farbeimer in der Hand auf der Leiter.
Na fabelhaft, dachte Hannah, auf diese Weise beenden wir diesen Job heute, und ich brauche seine Nähe nicht länger zu ertragen.
So arbeiteten sie schweigend länger als eine Stunde. Zweimal stieg Adam von der Leiter und versetzte sie.
Schweigend zu arbeiten ist eigentlich nichts Neues für uns, dachte Hannah. Aber dieses Mal war es anders. Vor jener Demütigung fühlten sie sich verbunden, auch wenn sie nicht miteinander redeten. Wie Kameraden. Heute schien die Atmosphäre abgekühlt. Das Schweigen machte sie verlegen. Es zerrte an Hannahs Nerven.
Als Adam das dritte Mal hinunterkletterte, war Hannah sicher, dass er die Leiter an die Ecke der Hauswand stellen würde, um noch den letzten Teil zu streichen. Aber es kam anders. Adam stellte den Eimer auf den Boden und sah Hannah kühl an.
Hannah unterbrach ihre Arbeit nicht. Sie sah nicht einmal in Adams Richtung. Aber sie fühlte seine Blicke, die ihren Körper zu durchbohren schienen.
„Lächerlich", murmelte er.
Obgleich er im Flüsterton gesprochen hatte, fuhr Hannah auf. Dieses eine Wort entfachte in ihr eine Kettenreaktion der Gefühle. Sie merkte, dass ihre Hände zitterten und ihr Mund trocken wurde. Plötzlich schlug ihr Herz wie wild. Schlimmer noch, sie spürte tief in ihrem Innersten, wie heißes Verlangen in ihr erwachte.
Sie begehrte ihn, ja, sie wollte ihn von ganzem Herzen.
Dennoch war sie entschlossen, dieses unerwartete Verlangen nicht zu zeigen. Sie drehte sich zu ihm um und warf ihm einen raschen Blick zu. „Sagtest du etwas?" fragte sie so lässig wie möglich.
Dabei hatte sie nicht beabsichtigt, mit Worten auf seine Bemerkung einzugehen. Das Schweigen war peinlich gewesen, aber eigentlich zog Hannah es dem Sprechen vor.
„Ich sagte", er hob die Stimme, wobei er jedes Wort einzeln betonte, „es ist lächerlich."
Mit ihrer ausdruckslosen Miene wollte Hannah ihm zeigen, dass sie keine Ahnung hatte, wovon er sprach.
„Oh, tu doch nicht so, als hättest du es nicht bemerkt", explodierte Adam jetzt. „Die gespannte Atmosphäre ..."
Wieder sah Hannah ihn nur kurz an. „Ich weiß nicht, was du meinst."
„Du lügst."
Dieser Vorwurf zwang sie, ihre Arbeit zu unterbrechen. Sie straffte die Schultern.
„Was willst du eigentlich von mir, Adam?", fragte sie ganz direkt.
Ein Schatten verdunkelte Adams Gesicht. Hannah schien ge nauso erstaunt wie er über ihre Frage, die ihr völlig spontan über die Lippen gekommen war. Er zog die Stirn kraus. Erst jetzt überlegte sie, nicht ohne Furcht, ob sie nicht mehr preisgegeben hatte, als es ihre Absicht gewesen war.
Ohne direkt auf ihre Frage einzugehen, sagte Adam leise: „Ich wollte deine Gefühle gestern nicht verletzen, Hannah."
„Gefühle verletzen?" Hannah lachte bitter auf. Aber damit konnte sie niemanden irreführen. Am wenigsten Adam. Dennoch fügte sie hinzu: „Du hast mich nicht verletzt.
Ich sagte ja, es war in Ordnung. Und das stimmt. Es geht mir gut. Alles ist okay."
Adam sah Hannah an. „Nein, ist es nicht. Du weiß t, dass es nicht wahr ist." Dann seufzte er und trat einen Schritt auf Hannah zu. „Nicht, dass ich dich nicht will. Ich begehre dich. Du weißt, ich fühle mich zu dir hingezogen, schon seit ..."
„Hör auf." Hannah hob abwehrend eine Hand. Er durfte ihr nicht zu nahe kommen.
Wenn er sie berührte, würde sie es nicht ertragen.
Nicht ertragen? fragte eine eigensinnige kleine Stimme. Ich lasse mich von ihm unterkriegen?
Kommt
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