Nicht so stuermisch Hannah
entschiedene Äußerung hörte, hielt sie sofort inne. Seine Zurückweisung schmerzte wie ein Stich ins Herz, dort, wo sie am verwundbarsten war. Auf einmal war ihr der Hals wie zugeschnürt, und ihr Körper glühte vor Scham.
Sie hatte sich ihm angeboten, und er hatte sie zurückgewiesen. Einfach so.
Letzte Nacht hatte er ihre Küsse erwidert, sie auf eine Weise berührt, die sie glauben machte, dass er sie wollte. Warum jetzt dieser Rückzug?
„Ich m...muss jetzt gehen." Hannah trat einen Schritt zurück.
„Warte eine Minute!" Adam sah, wie verzweifelt sie war, und streckte ihr die Hände entgegen. „Bitte!"
Aber Hannah schüttelte den Kopf. „Es ist schon in Ordnung. Wirklich." Und dann hielt sie es für das Beste, dieser unmöglichen Situation ein wenig Normalität aufzuzwingen. „Es tut mir Leid, dass ich nicht zum Kaffee bleiben kann."
„Geh nicht so, Hannah."
„Es ist wirklich okay so", wiederholte Hannah. Sie riss die Tür auf und stolperte hinaus.
Sie rannte durch den Wald zurück, ohne die Vögel zu beachten, die in den Bäumen sangen, ohne die Umgebung wahrzunehmen, die im hellen Sonnenschein lag.
Aber obgleich alles in ihr in Aufruhr war, sagte ihr eine innere Stimme, dass sie diese Demütigung und Peinlichkeit überleben würde. Alles würde wieder gut werden.
Tränen brannten in Hannahs Augen, blendeten ihre Sicht und ließen den sonnenbeschienenen Weg in Regenbogenfarben glänzen wie durch ein Glasprisma.
Sie wollte nicht weinen wegen dieses Mannes. Sie war eine starke, eine unabhängige Frau. Entschlossen wischte sie sich die Augen und sagte sich noch einmal, dass alles in Ordnung war. Adam hatte sie das bereits versichert. Nun musste sie sich das selbst nur noch oft genug einreden. Sich selbst davon überzeugen.
Alles war in Ordnung. Wirklich.
Aber zum ersten Mal in ihrem Leben wurde ihr klar, dass etwas nicht in Ordnung war.
9. KAPITEL
„Also, habt ihr es getan? Du und Adam?"
Hannah war zu beschäftigt, sich in Selbstmitleid zu ergehen, um der Frage ihrer Schwester größere Aufmerksamkeit zu schenken. „Was haben wir getan?" fragte sie, während sie das Unkraut bearbeitete, das so üppig auf dem Blumenbeet wucherte.
Den ganzen Vormittag hatte sie damit verbracht, diesen Dschungel - genannt Rasen vom Unkraut zu befreien. Das Gras war an manchen Stellen so hoch gewachsen, dass der alte Rasenmäher ständig blockierte und mehrmals sogar ganz den Dienst versagt hatte.
Eine entnervende Arbeit, die noch dazu dem Rücken schadete. Aber es war genau das, was sie brauchte.
Die Zeit, die sie in der heißen Sonne zubrachte, war nach Hannahs Meinung eine verdiente Strafe, weil sie Adam gegenüber ihre Reserve aufgegeben hatte. Die Zeit und natürlich auch ihre Mutter hatten sie gelehrt, was sie von den Männern zu halten hatte: Das andere Geschlecht nutzte die Frauen nur aus.
Und schon war sie wieder verloren im Grübeln...
„Du weißt doch ..." Erneut unterbrach Tammy ihre Gedanken. „Es. Ich dachte, das sei der Grund, warum du Adam heute Morgen besuchen wolltest."
Hannah richtete sich auf. Für einen Moment war Adam vergessen. Panik ergriff sie bei der Überlegung, was Tammy wohl meinen könnte. Sie würde doch nicht denken, dass sie...
„Es?" fragte sie. „Was meinst du mit ,es'?"
„Oh. Du weißt schon." Ihre Schwester errötete. „Es."
Kaum zu glauben. Tammy sprach tatsächlich davon. Hannahs Augen weiteten sich, ihr Puls begann zu flattern. Sie hatte bisher niemals über intime Dinge sprechen müssen.
Mit niemandem. Und schon gar nicht mit einer jungen Frau, die geistig ein wenig behindert war. Sie hielt es für notwendig,
sehr behutsam vorzugehen.
„Liebes, was weißt du über ..." Hannah hielt inne. Sie war nicht sicher, welches Wort sie wählen sollte.
„Es?" Tammy lachte. „Schon vor langer Zeit erzählte mir Daddy ein wenig über Vögel und Bienen. Ich glaube, er wollte sichergehen, dass mir niemand wehtat. Und Adam hat auch mit mir darüber gesprochen."
„Was?", fragte Hannah. „Was hat Adam dir gesagt?"
„Als Brian und ich Freunde wurden", erklärte Tammy, „erzählte mir Adam, woher die Babys kommen." Tammy neigte den Kopf und sah Hannah aus den Augenwinkeln an.
„Also, habt ihr es nun getan?"
„Haben wir es getan?" Hannah hatte die Eingangsfrage vergessen. Das Thema brachte sie vollkommen aus der Fassung. „Oh." Sie kaute auf ihrer Unterlippe und nahm sich Zeit, die Antwort zu überlegen.
Eine ausweichende Antwort war sicherlich die beste
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