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Nicht tot genug 14

Titel: Nicht tot genug 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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gepachteten Stück Land in Orford in Suffolk stand; die Waren lagerten in der ehemaligen Scheune. Sie könnte morgen mit dem Zug hinfahren. Ihre Eltern freuten sich immer, wenn Sophie am Wochenende zu Besuch kam, doch sie war sich nicht sicher, ob es wirklich das war, was sie wollte.
    Im Augenblick wusste sie ohnehin nicht genau, was sie wollte. Jedenfalls nicht Brian, wie sie zu ihrer eigenen Überraschung feststellte. Er hatte recht, sich heute nicht mit ihr zu treffen. Und sie konnte unmöglich wie ein Geier in den Kulissen warten, bis das Begräbnis und eine angemessene Trauerzeit vorüber waren. Ja, sie mochte ihn. Mochte ihn sogar sehr. Sie war verrückt nach ihm. Und er erregte sie, was sicher auch damit zu tun hatte, dass er älter, ungeheuer attraktiv und erfolgreich war. Zudem war er ein toller Liebhaber, wenn auch mit komischen Ideen. Nach ihrer – zugegeben – geringen Erfahrung war er sogar der Beste.
    Doch eine Sache wollte ihr einfach nicht in den Kopf – weshalb bestritt er, dass sie letzte Nacht miteinander geschlafen hatten? Fürchtete er, dass man sein Telefon abhörte? Oder wollte er es nicht mehr wahrhaben, weil er um seine Frau trauerte? Irgendwie waren Männer schon seltsame Wesen.
    Sophie blickte über den Strand. Überall Paare, die sich küssten, schmusten, Arm in Arm spazieren gingen. Jetzt, um zwanzig nach sieben, waren noch viele Boote draußen. Noch ein paar Wochen konnte sie die hellen Abende genießen, bevor die winterliche Dunkelheit wieder hereinbrach.
    Urplötzlich überlief sie ein Schauer.
    Sophie kam an den Überresten des alten West Pier vorbei, die sie früher als Schandfleck empfunden, mit der Zeit aber lieb gewonnen hatte. Sie sahen nicht mehr aus wie ein eingestürztes Gebäude. Nein, das vom Feuer geschwärzte Skelett erinnerte sie an den Brustkorb eines Ungeheuers, das aus den Tiefen des Meeres emporgestiegen war. Eines Tages würden die Menschen entsetzt aufschreien, wenn das Meer vor Brighton von diesen Wesen wimmelte, spann sie den Gedanken weiter.
    Manchmal kamen ihr reichlich sonderbare Ideen. Vielleicht las sie zu viele Horrordrehbücher. Oder hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie mit einem verheirateten Mann geschlafen hatte. Ja, das war ganz und gar falsch gewesen.
    Als sie sich ihrer besten Freundin Holly anvertraut hatte, reagierte diese zunächst ungeheuer aufgeregt. Verschwörerisch. Ein tolles Geheimnis. Doch dann lief es wie immer – als praktisch veranlagter Mensch wies Holly sie erbarmungslos auf die Nachteile einer derartigen Beziehung hin.
    Sophie kaufte unterwegs noch eine reife Avocado, Biotomaten und einen Becher Krabbencocktail. Als sie vor ihrer Haustür stand, war sie zu der Einsicht gelangt, ihre Beziehung mit Brian Bishop zu beenden.
    Sie musste nur den richtigen Zeitpunkt abpassen. Und morgen Abend würde sie sich mit Holly und anderen Gleichaltrigen auf einer Party amüsieren.
    Sie wohnte im dritten Stock eines heruntergekommenen viktorianischen Reihenhauses, gleich nördlich der belebten Church Road.
    Das Schloss an der Haustür hing so lose im morschen Holz, dass man mit einem kräftigen Stoß die Schrauben mühelos hätte herausreißen können. Der Vermieter, ein freundlicher Iraner, versprach ihr ständig, es zu reparieren, genau wie den tropfenden Wasserkasten im Klo, was aber leider nie geschah.
    Als sie die Tür öffnete, schlug ihr das Aroma von feuchten Teppichen, chinesischen Fertiggerichten und Marihuana entgegen. Aus der Erdgeschosswohnung drang ein frenetischer Bassrhythmus. Die Post lag auf dem fadenscheinigen Teppich verstreut. Sophie kniete sich hin und sammelte sie auf. Es war die übliche Papierverschwendung – Pizzaservice, Sommerschlussverkauf, Werbung für Konzerte, Hausratversicherungen und tonnenweise anderer Müll, in dem sich einige wenige echte Postsendungen versteckt hatten.
    Sophie war von Natur aus ordentlich, sortierte die Post und stapelte Briefe und Werbung fein säuberlich getrennt auf der Ablage. Dann quetschte sie sich an zwei Fahrrädern vorbei und stieg die ausgetretenen Stufen hinauf. Im ersten Stock hörte sie wildes Gelächter aus der Konserve. Mrs. Harsent sah fern. Sie war eine reizende alte Dame von fünfundachtzig, die praktisch taub war und daher überhaupt keine Probleme mit den lauten Studenten im Erdgeschoss hatte.
    Sophie liebte ihre Wohnung im obersten Stock, die zwar klein, aber hell und luftig war. Der Vermieter hatte sie schön hergerichtet, mit beigefarbenem Teppichboden, cremeweißen

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