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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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vernachlässigbaren Detail absieht, dass der Mann, den ich erschossen habe, immer noch fröhlich in der Gegend rumläuft; so schusselig, wie ich mich dabei angestellt habe, hätte sogar Derricks Putzfrau meinen Fall in null Komma nichts gelöst.
    Hm, was ist mit diesem Norglucon-Zeug? Wo kriegt man das her? Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Muss ich dafür einen Zuckerschock simulieren, unschuldige Diabetiker in der Fußgängerzone ausrauben, eine Apotheke überfallen? Wahrscheinlich würde ich, dämlich wie ich bin, das Medikament erst bestellen, würde brav meinen Namen hinterlassen, mich freundlich verabschieden und auf der Flucht über meine eigenen Füße stolpern.
    Aber selbst wenn ich dieses Gift für meinen Göttergatten irgendwie auftreiben kann – was dann? Spritzt man das Zeug, oder reicht es, wenn ich Tom ein paar Tropfen ins Weinglas schütte?
    Vielleicht wäre es doch besser, einen Unfall zu inszenieren. Aber wie sieht ein tödlicher Unfall überhaupt aus? Mir selbst ist außer ein paar Kratzern nie etwas passiert. Herrje, als erwachsener Mensch kann man doch heutzutage von Usbekisch bis zu veganem Kochen jeden Mist lernen, aber warum bietet die Volkshochschule keine Kurse zum gepflegten Gattenmord an, gern auch mit praktischen Übungen?! Da muss doch ein Riesenmarkt sein.

17
    Ich hab’s mal gegooglet:
»Norglucon
®
ist ein Medikament zur Behandlung von Diabetes mellitus, Typ  II . Es regt die Produktion von Insulin in der Bauchspeicheldrüse an.«
    Diabetes gilt als neue Volksseuche, sie kann jedem drohen, der nicht gesund genug lebt. Dabei war das doch früher nur eine Krankheit für alte Leute. Gut, da hieß sie noch Zucker, wahrscheinlich hat man sie umbenannt, um sie auch für jüngere Zielgruppen attraktiv zu machen. Mit Erfolg: Angeblich ist jeder Zehnte gefährdet. Erschreckend. Jetzt hab ich wieder drei Wochen lang bei jedem Stück Schokolade ein schlechtes Gewissen, und schon beim klitzekleinsten Anzeichen werde ich mich fragen, ob ich zum Arzt muss.
    »Warnhinweise: Essen Sie nach der Einnahme nicht genügend Kohlenhydrate, kann der Blutzucker zu stark gesenkt werden. Unterzucker (Hypoglykämie) mit Herzklopfen und Schwäche ist die Folge. Innerhalb weniger Minuten können Sie das Bewusstsein verlieren. Vor allem wenn Sie gleichzeitig Sport treiben oder Alkohol trinken. (…) Während der Therapie mit diesem Medikament muss der Alkoholgenuss eingeschränkt werden.«
    Und wenn man es zu hoch dosiert, wirkt es tatsächlich tödlich. Maryam hatte recht, Norglucon ist ideal, um jemanden unauffällig um die Ecke zu bringen. Prost, Tom!
    Aber damit weiß ich immer noch nicht, wo ich dieses Zeug herbekomme.

18
    Namen prägen den Charakter, davon bin ich überzeugt. Neulich habe ich die Geburtsanzeige gesehen für ein Kind, das die Eltern Hendrik-Yves getauft haben. Wie kann man nur auf so eine Idee kommen? Viel Spaß in der sozialpädagogischen Frühbetreuung. Oder Johannes, mein Chef: Er ist witzig, gescheit und immer ein bisschen unzuverlässig, wie Johannesse eben sind. Mit ihm wird es nie langweilig, das kann jede seiner diversen Exliebschaften bestätigen, aber er lässt sich ungern festlegen. Bestimmt kann auch ein Johannes, wenn man ihn sich mit dem nötigen Geschick ein wenig zurechtbiegt, zum treu sorgenden Ehemann taugen. Aber ein Restrisiko bleibt, man sollte ihn nie unter Druck setzen, sonst ist er schneller, als man gucken kann, ein Exjohannes.
    Unsinn? Finde ich nicht. Bei Mädchen gilt natürlich das Gleiche, ich bin auch keine Vanessa oder Tamara, die einem Mann mit schwungvoller Beinschere das Rückgrat verrenkt. Nein, Nicoles lernen Geige bis zur 10. Klasse, sie tragen gern helle Hosen, fühlen sich wohl in ihrem Heim und kaufen für ihr Haar die teure Kurspülung. So bin ich.
    In
Tom
hatte ich mich sofort verliebt, ein geradliniger Name mit Charakter, und dann auch bald in den Mann, der daran hing. Damals hatte ich gerade mit Heino Schluss gemacht, und schon allein deshalb hatte Tom leichtes Spiel, denn dieser Heino war ein echter Heino, er hat nachts mit den Zähnen geknirscht und am Tag heimlich mein Handy kontrolliert. Tom und ich sind uns auf einem Weinfest begegnet, im engeren Freundeskreis ist der Abend auch bekannt als »das Verhör«: Er hat mich alles Mögliche gefragt, Tee oder Kaffee, Milch oder Zucker, Berge oder Meer, Kinder oder keine, Hanni oder Nanni, und ich war betrunken genug, um auf alles ausführlich zu antworten. Danach wusste er vermutlich

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