Nicht von dieser Welt
Kurs, den sie gibt, wohlgemerkt. (Sie unterrichtet Englisch – ihr Vater ist Amerikaner …). Und da es in Berlin ja ein so „weitgefächertes“ kulturelles Angebot gibt, „bleibe ich doch einfach noch eine Woche, Nessi!“ Dass ich nicht so ein weitgefächertes Nervenkostüm habe, gerade in der Schwangerschaft, ist ihr überhaupt nicht bewusst. In dem Fall ist es nicht so, dass ich sie mal kann – wie alle anderen sonst. Sie merkt es einfach nicht. Denn ihr geht es hier ja gut. Okay, ich klage auch nicht. Ihr gegenüber. Mein Fehler. Aber seit Ben auf der Welt ist, habe ich dieses Oh-Gott-das-hat-sie-auch-alles-für-mich-getan-Gefühl, weswegen ich sie einfach nicht dauernd anmotzen kann. Dafür laufe ich Gefahr zu implodieren.
Zweitens: Konstantin. Der ist überhaupt keine Hilfe im Moment. Eigentlich ist er überhaupt nicht mehr da. Sondern nun noch im Restaurant. Sogar am Montag „musste“ er arbeiten, obwohl das Restaurant geschlossen hatte. Er erzählt zwar die ganze Zeit mit so einem dämlichen Grinsen: „Das hat alles seinen Grund! Wirst schon sehen!“ Er meint wahrscheinlich seine Alles-wird-gut-Überraschung, um die er ein Riesengeheimnis macht. Aber wie Männer nun mal so sind, wird die – wenn überhaupt – wahrscheinlich darin bestehen, dass er das Restaurant ganz toll umgebaut hat, wovon ich dann mal so gar nichts habe. Außer, dass er mich komplett mit meiner hyperaktiven Mutter alleine lässt.
Drittens: Mein Cousin Axel. Konstantin hat ihm ja dummerweise mitgeteilt, dass meine Mutter in Berlin ist. Wie nicht anders zu erwarten, sieht er darin eine 1A-Gelegenheit, endlich die Versöhnung zwischen ihr und seiner Mutter herzustellen. Und da meine Mutter ihn schon zehn Mal hat abblitzen lassen (weil er sie mal kann), bin ich nun das Opfer. Seit letzter Woche: Einmal bei Kaiser’s auflauern, vier Anrufe, acht SMS. Alle mit demselben Inhalt. Ich ignoriere das zwar bzw. behaupte, dass ich alles versucht habe. Trotzdem bleibt er hartnäckig und bringt nun doch wieder mehr und mehr das Thema „Affäre“ mit dem Unbekannten ins Gespräch (bzw. in die SMS).
Damit wären wir bei Malo. Der Lichtblick in dieser Woche. Früher war es ja so, dass mein lieber Außerirdischer mich hauptsächlich während Bens Mittagsschlaf heimlich zu Hause besucht hat, damit ich ihm unsere Welt erklären kann. (Und nicht weil wir eine Affäre hätten, lieber Axel!) Da nun meine Mutter bei uns ist (und mittags ihren Mittagsschlaf hält), geht das nicht. Eigentlich wollte ich auch auf Distanz zu Malo gehen, aber bei dem Stress? Also habe ich nun den festen Nachmittagsspielplatz eingeführt. Der war erst nur eine Schutzbehauptung, um nicht auch noch nachmittags von meiner Mutter durch die Shops, Museen und Cafés geschleppt zu werden, aber dann wurde die Schaukel auch zu einem Dauertreffpunkt mit Malo. Egal, wie das Wetter war: Ben und ich sind auf den Spielplatz gegangen. Es ist wie eine Insel. Eine ruhige Insel im Chaos. Ben ist ja sowieso ein Engel, wenn Malo in der Nähe ist. Und ich … Dieser Mann hat trotz aller Verrücktheiten immer noch die Wirkung eines großen Löffels Nutella. Er macht einfach glücklich. Er sitzt da, hört mein Jammern über die oben genannten drei Probleme, macht kleine Witzchen, baut Sandburgen und riecht gut.
Das ist also der Status Quo. Jetzt muss ich los – Ben ist wach. Es geht zum Spielplatz. Juhu!
Abgefahren
Veröffentlicht am Freitag, 16. September 2011 – 17:00
Gestern: Erst ist auf dem Spielplatz alles wie immer. Als ich ankomme, bin ich noch auf hundertachtzig. Meine Mutter wollte abends unbedingt Sushi essen gehen. Da ich wegen meiner Schwangerschaft abgelehnt hatte, gab es die x-te Diskussion unter dem Motto „Das hat uns doch früher auch nicht geschadet“. Mal abgesehen davon, dass sie vor dreißig Jahren ganz sicher kein Sushi gegessen hat, ist es unfassbar, wie sie jegliches neue Wissen über Gefahren in der Schwangerschaft an sich abperlen lässt. Aber gut, kaum bin ich bei Malo, ist nicht nur Ben endlich ruhig (den ich nur mit Gewalt angezogen bekommen hatte – er wollte nackt gehen). Auch ich werde ein zahmes Lamm, sobald ich den Frust über meine Mutter bei Malo abgelassen habe und er mich mit seinem warmen Lächeln auffängt.
Dann fragt er allerdings, wo der Reiz bei Sushi liegt. Roher, toter Fisch. Zur Erinnerung: Auf seinem Planeten tötet man keine Tiere, um sie dann zu essen. Das ist mir aber egal. Ich liebe Sushi und schwärme von einem Restaurant in
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