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Nicht von dieser Welt

Nicht von dieser Welt

Titel: Nicht von dieser Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Mansini
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weiterlügen. Ich bräuchte einen Babysitter, das kann ich nicht verheimlichen. Also muss ich Anja einweihen, quasi als Alibi für den Abend. Und …
    Ach, Mann. Was mache ich mir vor? Am Ende mache ich es ja doch. Ich rufe jetzt Malo an. Punkt.

Der Abend
    Veröffentlicht am Sonntag, 9. Oktober 2011 – 11:17
    Ich hätte absagen sollen. Einfach absagen. In dem Moment, als der Babysitter mir abgesagt hat, hätte ich Malo anrufen und unser Date verschieben sollen. Aber ich hatte schon so viel Energie in die Vorbereitung des Abends gesteckt, dass ich gar nicht auf die Idee kam, ihn nun sausen zu lassen. Vor allem hatte ich Konstantin bereits angelogen – er dachte, ich gehe mit meiner Freundin Anja essen. Und das wollte ich nicht noch einmal machen müssen.
    Aber von vorne: Gestern sollte der große Abend sein. Nach dem ganzen Hin und Her der letzten Wochen mit unserem ersten Kuss, dem großen Schock, dass alles nur eine fiese Lüge war, und der plötzlichen Erkenntnis, dass es das doch nicht ist, wollte ich nun wissen, wie es mit Malo und mir aussieht. Ist das Gefühl noch da? Gibt es eine minimale Chance, dass aus uns beiden etwas werden kann? Vor allem: Sind „wir“ es wert, dass ich meine Ehe in die Tonne trete und im sechsten Monat schwanger meine Welt ernsthaft auf den Kopf stelle? Darum ging es.
    Das Restaurant meiner Wahl war ein kleiner Italiener in Kreuzberg namens „Goldener Hahn“. Anja hatte ihn empfohlen. Kleine Karte mit frischen Sachen, grandiose Pasta, coole Atmosphäre, chillige Musik. Das klang gut. Ich hatte („unterstützt“ von Ben) drei Stunden damit verbracht, mich zurechtzumachen, mich letztlich doch für mein Lieblingskleid aus der letzten Schwangerschaft entschieden, das so schön locker fällt. Ich war bereit für den Abend.
    Da ruft unser Babysitter Maren aus dem Krankenhaus an. Sie ist auf dem Weg zu uns mit dem Fahrrad in einer Tramschiene hängengeblieben und böse gestürzt. Es ist Gott sei Dank nichts gebrochen und es war auch keine Tram in der Nähe, aber für den Abend kann ich sie abschreiben. Es ist halb acht. Um acht sind Malo und ich verabredet. Wie gesagt: Ich hätte …
    Bis alle Ben-loswerd-Alternativen verworfen sind, ich Ben angezogen habe und endlich im Taxi sitze, ist es dann halb neun. Eins muss man Malo lassen: Sein Date kommt eine Dreiviertelstunde zu spät und bringt unabgesprochen ihren (fast) Zweijährigen mit. Trotzdem geht bei unserem Erscheinen die Sonne in seinem Gesicht auf und man hat keine Sekunde das Gefühl, dass er sauer ist. Von den Männern, die ich sonst so kenne, würden neunundneunzig Prozent garantiert nicht so reagieren. Na ja, er kommt halt von einem anderen Stern.
    Das Restaurant gefällt mir wirklich gut, wir einigen uns mit Ben darauf, dass alle die empfohlene Lasagne essen („Ben liiiiiebt Nudeln!“). Malo natürlich die vegetarische Variante. Und er nimmt es mir keine Sekunde übel, dass ich tote Tiere essen will. So fängt der Abend – aufgelockert durch Ben auf Malos Schoß – noch ganz witzig und munter an. Irgendwann legt Malo sogar seine Hand auf meine und es fühlt sich verdammt gut an. Ja, das Gefühl ist noch da. Aber das Knistern baut sich natürlich nicht ganz so leicht auf, wenn ein Kleinkind die ganze Zeit Servietten in Malos Wein tunkt, weil sie dann so schön rot werden.
    Gott sei Dank hat man im Restaurant einen Kinderstuhl und etwas zum Malen, so dass wir irgendwann Ben sogar ein wenig vergessen können. Und endlich reden. Malo erklärt mir sehr aufrichtig und in wunderschönen Worten, wie ich sein Leben verändert habe. Gefühle in ihm erwecke, die er nicht kannte, weil sie in seiner Welt so gut wie gar nicht existieren. Vor allem der Wunsch, gegen jede Vernunft, gegen jede Kalkulation dem anderen nah sein zu …
    Als er an diesem Punkt ist und es nun wirklich knistert, können wir leider nicht mehr länger ignorieren, wie merkwürdig Ben in seinem Stuhl sitzt. Er sitzt eigentlich nicht, sondern hockt auf die Arme gestützt da wie ein Skifahrer bei der Abfahrt. Und hat einen Gesichtsausdruck, der zwischen extrem angestrengt und verzweifelt schwankt. Es ist süß und entsetzlich zu gleich. Mir fällt wieder ein, was ich dem Babysitter eigentlich sagen wollte: Der Junge hat seit zwei Tagen kein „Kacki“ gemacht – eine kleine Verstopfung. Und jetzt, nun ja, versucht Ben mit aller Gewalt loszuwerden, was er loswerden muss. Es tut weh. Ben weint. Wehrt aber jeden Versuch hysterisch ab, wenn man ihn irgendwie

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