Nicht von dieser Welt
Bitte-hab-mich-wieder-lieb-Gesicht vor mir, das ich sowieso immer schon schrecklich fand. Das aber im Moment sowas von überflüssig ist. Denn: „Ich hatte auch ‘ne Affäre!“
Das habe ich allerdings nicht nur gedacht. Das habe ich gesagt. Ziemlich aggressiv. Zu Konstantin. Er versteht sofort, dass es mir ernst ist. Schaut mich fassungslos an.
„Ja, verdammt nochmal. Du bist nicht der Einzige. Aber du hattest deine Affäre zuerst.“
„Mit deinem Chef?“
Ich seufze, was wie ein „Ja“ klingen muss. Da schlägt das Babyfon an. Ben ist wach. Und der Baum nicht mal fertig. Konstantin wird sehr ruhig, schaltet von „Verzeih mir“ ganz schnell auf „Du bist ein Wurm“ um. Was ihn vom Gesichtsausdruck her sehr viel attraktiver macht, aber entspannt ist die Situation trotzdem nicht. Er sagt: „Ich lenke Ben ab. Du machst den Baum fertig.“
So haben wir es dann gemacht. Es gab selten eine Bescherung und ein Weihnachtsessen, das heuchlerischer war. Wegen Ben haben wir uns beide unendlich zusammengerissen. Und ich habe am Abend nicht einmal protestiert, als Konstantin ein paar Sachen zusammengepackt hat, um zu Ingo zu gehen. Dort hat er übernachtet. Heute habe ich ihn noch nicht gesehen.
Guten Rutsch
Veröffentlicht am Samstag, 31. Dezember 2011 – 15:40
Ich hoffe, alle hatten eine besinnliche und ruhige Woche „zwischen den Jahren“. Ich hatte keine ruhige Woche. Sondern eine der bewegtesten und aufwühlendsten in meinem Leben. Und das acht Wochen vor der Geburt meiner Tochter. Bei dem ganzen Trubel komme ich auch nicht mehr regelmäßig zum Bloggen. Hier die Kurzform der letzten Woche:
Samstag
Meinem Ehemann offenbart, dass nicht nur er, sondern auch ich eine Affäre hatte. Angespanntester „Heilig Abend“ seit Beginn der Zeitrechnung. Ehemann geht.
Sonntag
Den ganzen Tag nach Verharmlosungen für Ben, meine Eltern und die Nachbarn gesucht, dafür, dass mein Mann Weihnachten nicht da ist. Mühsam die Fassade der frohen Weihnacht plus heilen Familie aufrechterhalten.
Montag
Fassade zusammengebrochen. Selbst zusammengebrochen. Gegen jede Schwüre doch (mit Ben) zu Malo gegangen. In den Arm genommen worden. Viel geweint.
Dienstag
Ehemann wartet in der Wohnung auf mich. „Warst du bei ihm?“ Tag der Beschimpfungen. Alles kommt auf den Tisch. (Na ja, bis auf das mit dem anderen Planeten – das würde hier sicher nicht helfen …) Ehemann realisiert zum ersten Mal die Dimension der „Affäre“. Die zeitliche und die gefühlsmäßige. Nur die Anwesenheit von Ben im Nebenzimmer verhindert eine „Beziehungstat“. Zumindest fühlt es sich teilweise so an. Mantra zugelegt: „Er weiß nicht, was er tut. Er ist sehr verletzt!“ Mit Ben wieder zu Malo. Ben versteht nichts, liebt es aber, bei Malo zu sein. Ich auch.
Mittwoch
Beim Aufwachen von Malo verkündet bekommen, dass er bei mir bleiben will. Auf meinem Planeten. „Welt erklären“ kann ihn mal. Der Führer auch. Bin gerührt, aber noch lange nicht so weit, dass ich das annehmen kann. Will ich das überhaupt? Geht das überhaupt? Gestohlener Tag auf Weihnachtsmarkt und in Cafés.
Donnerstag
Ehemann verlangt „Rausgabe“ von Ben. Zerlegt nach Ablehnung dieses Anliegens in meiner Abwesenheit halbe Wohnung. Okay, nur ein paar Sachen in meinem „Arbeitszimmer“. Trotzdem: Echte Angst. „Er weiß nicht, was er tut. Er ist sehr verletzt! “ Froh, dass er irgendwann ins Restaurant muss. Beschluss, erst einmal nicht mehr nach Hause zu gehen.
Freitag
Alle wissen Bescheid. Ehemann hat seine Sicht der Dinge seinen Eltern, meinen Eltern, unseren Freunden, seinen Mitarbeitern, Frau Bieber, dem Zeitungszusteller und wahrscheinlich diversen Leuten in diversen Berliner Kneipen mitgeteilt. Die Sicht der Dinge des Ehemanns beinhaltet Worte wie „verarscht“, „Schlampe“ und „Fickbüro“. „Er weiß nicht, was er tut. Er ist sehr verletzt! “
Samstag
Beim von Malo eskortierten Versuch, zu Hause ein paar Klamotten für mich und Ben zu holen, festgestellt, dass Ehemann das Schloss ausgetauscht hat. „Meinung“ von Frau Bieber zum wiederholten Mal im Treppenhaus mitgeteilt bekommen. Zusammenbruch in Malos Armen.
Nicht der erste Zusammenbruch. Aber der letzte, bevor ich das hier schreiben konnte. Auf Malos Computer im Hotel. Ohne Malo wäre ich gerade aufgeschmissen. Was ich auf der anderen Seite aber auch hasse. Ich bin gerne mit ihm zusammen. Ich will aber nicht so schwach und am Abgrund sein. Er macht so viel für mich, so
Weitere Kostenlose Bücher