Nichts als Knochen
mehr, und ich werde nicht zu dir zurückkommen. Meine Entscheidung ist gefallen, und du wirst dich damit abfinden müssen.«
Sie schwieg einen Augenblick und warf Jan einen Seitenblick zu. Er stand da mit offenem Mund und schien nicht recht zu wissen, wie er jetzt reagieren sollte. Andrea bemühte sich, Gelassenheit zu zeigen, und fuhr wie beiläufig fort.
»Es muss dir doch selber längst klar gewesen sein. Unsere Beziehung war doch schon lange eine Farce. Zwischen zwei Pandabären gibt es mehr Leidenschaft als zwischen uns. Und ich habe keine Lust mehr, ein Leben mit angezogener Handbremse zu führen.« Sie drehte sich zu ihm um und fuhr heftig fort: »Ich will wieder spüren, dass ich lebe! Jeden Tag! Verstehst du das? Und er hat mir dieses Gefühl endlich wieder zurückgegeben.«
»Du Hure!« Jan brüllte los. Er war außer sich vor Wut. Er schob den Stuhl, an den er sich bisher festgeklammert hatte, mit einer heftigen Handbewegung beiseite und trat einen Schritt auf Andrea zu. »Du verdammte Hure!«, wiederholte er noch einmal, und diesmal schlich sich ein deutlicher Unterton von Verzweiflung in seine Stimme, und auf seinem Gesicht spiegelte sich die Kränkung wider, die er empfand.
Andrea war blass geworden, und sie begann zu zittern, doch sie zögerte keine Sekunde. Sie rannte auf Jan zu, stieß ihn zurück in Richtung Tür und schrie: »Mach, dass du rauskommst! Ich will dich hier nicht mehr sehen, hörst du? Verschwinde!«
Jan stolperte überrascht rückwärts, bis er mit dem Rücken gegen die Wohnungstür stieß. Andrea war ihm gefolgt und stand jetzt bebend vor ihm.
»Raus!«, schrie sie ihm noch mal ins Gesicht und funkelte ihn schwer atmend an.
Jan tastete nach der Klinke und schüttelte langsam den Kopf.
»Das wird dir noch verdammt Leid tun«, flüsterte er, während er die Tür aufzog und nach hinten zurückwich, »irgendwann wird dir klar werden, dass es ein Riesenfehler war, mich so zu behandeln. Du wirst noch auf Knien vor mir rutschen und mich um Verzeihung bitten!«
»Da kannst du lange warten!«
»Das hat schon mal jemand vor dir gesagt, und sie hat sich geirrt.«
Jan stand jetzt auf der Türschwelle und hob langsam die Hand, um ihr Gesicht zu berühren. Instinktiv zuckte Andrea zurück und warf die Tür mit aller Kraft zu. Einen Augenblick versuchte Jan noch, sich entgegenzustemmen, dann schwankte er nach hinten, und die Tür fiel ins Schloss.
»Du wirst noch an meine Worte denken«, flüsterte er dem Spion zu, hinter dem er Andreas Auge sah. Dann drehte er sich um und verließ das Haus.
Rebecca saß an ihrem Schreibtisch, starrte aus dem Fenster und spürte die bleiche Aprilsonne, die langsam an Kraft gewann, auf ihrer Haut. Eigentlich war jetzt die Jahreszeit, in der alles zu neuem Leben erwachte, doch Rebecca fühlte sich tot wie ein abgestorbener Ast. Sie schloss die Augen und merkte nicht, wie die Tür sich öffnete und wieder schloss.
Thomas stand eine ganze Weile vor ihr und sah sie prüfend an. Dann öffnete sie die Augen und zuckte zusammen, als sie ihn sah.
»Stehst du schon lange hier?«, fragte sie unbehaglich.
»Lange genug, um zu bemerken, dass es dir verdammt schlecht geht«, antwortete Thomas, während er sich langsam auf den Stuhl Rebeccas Schreibtisch gegenüber niederließ.
»Was ist los mit dir? Du bist schon seit ein paar Tagen völlig neben der Spur. So ähnlich hast du ausgesehen, als wir beide uns damals getrennt haben.«
Rebecca senkte den Blick und zuckte mit den Schultern.
»Wieso fragst du, was los ist, wenn du es schon weißt?«
»Also Liebeskummer«, analysierte Thomas zielsicher. »Wieso denn? Was ist passiert?«
Rebecca seufzte und stützte den Kopf in die Hände.
»Wenn ich dich damals, als wir noch zusammen waren, gefragt hätte, ob du mich heiraten willst, hättest du ja gesagt?«
Thomas sah leicht verwirrt aus, antwortete aber wahrheitsgemäß: »Weiß nicht, kann sein. Darf ich daraus schließen, dass Krishna nein gesagt hat?«
»Fast. Er braucht Zeit zum Nachdenken, sagt er. Zu diesem Zweck will er sich zwei Wochen in ein Kloster zurückziehen. Ausgerechnet in ein Kloster! Wo er sich sein ganzes Leben lang weder um Gott noch um den Papst gekümmert hat. Mein Antrag muss ihn wirklich sehr erschreckt haben, wenn er das jetzt als Zufluchtsort ansieht. Verstehst du das?«
»Naja, irgendwie schon«, gab Thomas zu.
»Männer!«, schnaubte Rebecca verächtlich. »Ihr steckt doch alle unter einer Decke!«
Thomas wollte noch was erwidern,
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