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Nichts als Knochen

Nichts als Knochen

Titel: Nichts als Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felizitas Carmann
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den Mönch finden«, stellte Thomas fest, »das ist zurzeit unser einziger Anhaltspunkt.«
    »Also, worauf wartest du dann noch?«, wollte Christina wissen und ging in Richtung Tür. »Du kannst mir helfen, die Klöster abzuklappern, sobald wir eine Liste mit Adressen haben.«

Differenzen
    R ebecca sah Krishna lange an und versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Ich glaube, ich habe dich nicht ganz verstanden«, sagte sie dann leise, »wiederhol es doch einfach noch mal, und erklär es mir so, dass ich es auch verstehen kann.«
    Ihre blauen Augen blitzten, und Krishna zog kaum merklich den Kopf zwischen die Schultern. Ein rascher Blick in ihr unbewegtes Gesicht genügte, damit er schnell die Augen senkte und zweimal tief Luft holte, um die sorgfältig zurechtgelegten Sätze noch einmal zu wiederholen.
    »Sieh mal, das kam alles ein wenig überraschend für mich. Du hast mich einfach überfordert mit deinem Antrag.«
    »So, hab ich das?«, schnappte Rebecca und stieß die angehaltene Luft durch die Nase aus.
    »Ja doch«, Krishna versuchte ein kleines Lächeln, »du weißt doch, dass die meisten Männer nicht sehr flexibel sind und auf Veränderungen panisch reagieren.«
    Ein weiterer Blick in Rebeccas Gesicht sagte ihm, dass ihr Sinn für Humor zurzeit nicht aktiviert war.
    »Sieh mal, ich will ja gar nicht ausschließen, dass wir heiraten, es ist nur, ich brauche ein wenig Zeit, Zeit zum Nachdenken.«
    »Zeit zum Nachdenken.« Rebecca kam sich vor wie ein Papagei und hasste sich dafür, dass ihre Worte dumpf und unbeteiligt klangen, obwohl sie ihm am liebsten ins Gesicht geschrien hätte, dass er sich zum Teufel scheren solle. Und jetzt eröffnete er ihr, dass er das genaue Gegenteil vorhatte. Was er plante, war eine Flucht! Eine Flucht vor ihr, wie sie sich in grimmiger Selbstzerfleischung klar machte. Genauso gut könnte er ihr gleich hier den Laufpass geben. Das wäre zumindest ein ehrlicher, klarer Schlussstrich. Aber für das, was hier ablief, fand sie überhaupt keine Worte.
    »Weißt du, Gregor hat mich auf die Idee gebracht«, fuhr Krishna fort, ohne sie anzusehen. »Er macht das schon seit Jahren mindestens einmal im Jahr. Er ist zwar Buddhist, aber er sagt, das tut der Sache keinen Abbruch. Die Atmosphäre ist es einfach, die einem hilft, die Dinge wieder klar und deutlich zu sehen. Man erweitert einfach seinen Horizont.«
    »Aber du bist kein Buddhist, du bist Atheist! Und da willst du ausgerechnet ins Kloster gehen?«
    Mit Rebeccas Selbstbeherrschung war es endgültig vorbei. Sie brüllte ihn an, was die Lungen hergaben.
    »Es ist doch nur für zwei Wochen.« Krishnas Stimme versuchte zu beschwichtigen. »Danach sieht die Welt wahrscheinlich ganz anders aus, und ich werde ohne Zweifel und voller Elan in die Ehe gehen.«
    »Na, dann such dir am besten schon mal jemanden, den du dann voller Elan heiraten kannst. Könnte sein, dass ich dann nicht mehr zur Verfügung stehe.«
    Rebecca schob wutschnaubend ihren Stuhl zurück und marschierte zum Fenster, um sich durch einen Blick in den Garten zu beruhigen. Krishna blieb am Tisch sitzen und stützte den Kopf in die Hände.
    »Es tut mir Leid«, sagte er nach einer Weile leise, »aber ich brauche diese Auszeit für mich. Es gibt so vieles, über das ich noch nachdenken muss. Und ich denke, so ein Kloster ist der richtige Ort dafür. Kein Job, kein Stress, kein Telefon …«
    »Keine Frauen!«, vollendete Rebecca die Reihe mit bissigem Unterton.
    »Ja, richtig. Frauen gibt es da auch nicht. Aber ich denke, es ist gut so, wenn ich mir darüber klar werden will, ob ich dich wirklich heiraten will.«
    »Vor ein paar Jahren brauchtest du kein Kloster, um dir darüber klar zu werden«, fuhr Rebecca ihn an, »du hast mich einfach gefragt, ob ich dich heiraten will. Schon vergessen?«
    »Nein, hab ich nicht. Und auch nicht, dass du abgelehnt hast. Schon vergessen?«
    Rebecca schloss für einen Moment die Augen und drehte sich dann langsam zu ihm um. Sie sah ihm lange in die verstörend schönen Augen und flüsterte: »Damals war es zu früh.« Sie zögerte einen Moment, bevor sie fortfuhr: »Ist es jetzt zu spät?«
    Er sprang auf, überwand die Distanz zwischen ihnen mit drei Schritten und zog sie in die Arme.
    »Nein«, flüsterte er, »es ist nicht zu spät. Ich brauche nur eine kleine Pause, das ist alles.«
    »Bitte fahr nicht«, raunte sie, während ihre Lippen an seinem Wangenknochen entlangfuhren.
    »Hör endlich auf damit«, schalt er leise, »es ist alles gebucht.

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