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Nichts bleibt verborgen

Nichts bleibt verborgen

Titel: Nichts bleibt verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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ohne Ringberührung durch das Netz flutschte.
    Doch vor allem liebte sie den Basketball, weil er eine eigene Welt darstellte, in der ausschließlich die Regeln des Sports galten. Ein einfaches überschaubares Universum, das aus Pässen, Würfen und Dribblings bestand. Aus dem Rhythmus ihres Atems und den Bewegungen ihres Körpers. Wenn sie Basketball spielte, traten alle privaten Probleme, Sorgen und Nöte in den Hintergrund. Dann gab es keine Bilder von München, die sich ganz von allein in ihr Bewusstsein drängten. Keine Mutter, die sich in aufgeblasene Schwachköpfe verliebte. Keinen Alexander, von dem sie nicht wusste, ob er je mehr als ein guter Freund sein würde. Und vor allem keinen Magnus, dem es egal war, ob er eine Klassengemeinschaft oder eine verschworene Clique kaputt machte.
    »Franziska, träum nicht!«, rief Björn.
    »Äh, was?«
    »Ich hab gesagt, wir üben Freiwürfe. Verteilt euch auf die Körbe. Und lasst euch genug Zeit bei den Würfen.«
    Franziska zog Mia auf die Beine. Die machte ein paar steife Schritte, als liefe sie auf Stelzen. Ihre Mitspielerinnen hatten bereits damit begonnen, den Ball von der Freiwurflinie auf den Korb zu werfen. Björn ging von einer zu anderen und verbesserte bei manchen die Wurftechnik.
    Doch während sich Franziska einen herumliegen den Ball schnappte, hatte Mia bereits Blickkontakt zu einem dunkelhaarigen, etwa sechzehnjährigen Jungen aufgenommen, der an der hölzernen Schwingtür des Geräteraums lehnte und ihnen aufmerksam zusah. Franziska glaubte, dass es ein Spieler aus der B-Jugend war.
    Mia ließ den anderen Mädchen den Vortritt und stieß Franziska in die Seite, als diese gerade werfen wollte. »Schau mal, der Typ da drüben, sieht der nicht schnuckelig aus?«
    »Mann, Mia, wir sind hier beim Training.«
    »Eben, beim Sport kann man super Jungs kennenlernen!«
    Franziska verdrehte die Augen. Ich geb’s auf, dachte sie. Mia war wirklich eine unverbesserliche Flirtmaschine. Jedenfalls kannte sie keine andere Person, die selbst beim Mädchentraining jede Chance ergriff, um mit wildfremden Jungs anzubandeln. Vor allem, wenn diese zwei, drei Jahre älter waren als sie.
    Insgeheim beneidete Franziska ihre Freundin um ihre Unbefangenheit und die Fähigkeit, mit fremden Jungs in Kontakt zu kommen. Andererseits hatte Franziska nicht das geringste Interesse daran, mit fremden Jungs in Kontakt zu kommen, weil sie sich auf einen einzigen konzentrierte. Wenn sie bei dem einen Schritt weiterkäme, würde ihr das vollauf genügen.

Kapitel 15
    Er stand am Fenster und blickte hinaus in den Garten, wo der böige Wind an den nackten Zweigen zerrte. Welkes Herbstlaub veranstaltete einen Zickzack lauf über den bleichen Rasen. In den leichten Nieselregen mischten sich die ersten Schneeflocken dieses Winters. Die Welt hatte ihre Farben verloren. Im Haus war es totenstill. Sein Magen krampfte sich zusammen. Die Übelkeit kam in Wellen und hatte ihn schon mehrmals gezwungen, auf die Toilette zu rennen und sich zu übergeben. Zuletzt war nur noch Galle gekommen.
    Dabei war vor zwei Tagen doch eigentlich alles nach Plan verlaufen. Er hatte sich unbemerkt aus dem Haus geschlichen und sein Vorhaben in die Tat umgesetzt. War ebenso unbemerkt wieder nach Hause gelangt. Die Flasche mit dem Brennspiritus hatte er wieder unter die Spüle gestellt, die unbenutzten Streichhölzer in derselben Schachtel verschwinden lassen, aus der er sie genommen hatte. Erst als er erneut in seinem Bett lag und keinen Schlaf finden konnte, war ihm der Fünferpack Streichhölzer eingefallen, der noch im feuchten Gras liegen musste, weil er ihn nicht sogleich aufgehoben hatte. Aber was machte das schon? Er war sich ziemlich sicher, dass man darauf keine Fingerabdrücke würde erkennen können. Niemand konnte ihm etwas nachweisen. Dieser Gedanken hatte ihn zunächst in ein wildes Hochgefühl versetzt.
    Doch auf einen Schlag hatte sich alles verändert. Anfangs war es nur ein Gerücht gewesen, das sich in Windeseile verbreitet hatte. Jetzt hatte er Gewissheit. Es stand sogar in der Zeitung, dass der Brand eines Schuppens auf der Sportanlage der Elisenbergschule ein Todesopfer gekostet habe.
    Er hatte ein Menschenleben auf dem Gewissen.
    Der Gedanke kam ihm so unwirklich vor.
    Das Kino in seinem Kopf spulte ein ums andere Mal dieselbe Szene ab: wie er für wenige Sekunden im Schuppen gestanden und die Wände hektisch mit der stinkenden Anzündflüssigkeit besprengt hatte. Der schnaufende Atem, der mehr

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