Nichts bleibt verborgen
entnervt.
»Mein ja nur.«
Franziska sah ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Erst machte Magnus ihre Klassengemeinschaft kaputt und jetzt trieb er auch noch einen Keil in ihre Clique hinein. Und obwohl sie eigentlich niemandem auf der Welt etwas Böses wünschte, hoffte sie insgeheim, dass Magnus sich möglichst bald als Täter herausstellen und wieder von der Bildfläche verschwinden würde. Auf Nimmerwiedersehen.
Kapitel 13
»Ich weiß nicht, wie’s dir geht, aber auf mich hat dieser Gulliksen einen verdammt nervösen Eindruck gemacht.« Ohlsen stand von seinem Schreibtischstuhl auf und begann, in seinem Büro auf und ab zu gehen.
»Wäre doch nicht der erste Zeuge, der nervös wird, wenn er von uns vernommen wird«, wandte Gustavsen ein und zupfte sich einen unsichtbaren Fussel von seinem karierten Pullunder.
»Das nicht, aber warum hat er sich dann in so viele Widersprüche verwickelt? Wenn der Schuppen wirklich abgeschlossen war, wie er sagte, wie ist dann das Opfer dort hineingelangt? Fest steht, dass eine bisher nicht identifizierte Person in dem Geräteschuppen starb, für den ausschließlich Gulliksen einen Schlüssel besitzt. Und was für ein Zufall, dass er sich just in jener Nacht, in der das passiert, einen Bluterguss unter dem Auge zuzieht.«
Gustavsen füllte ein Glas mit Leitungswasser. Dann zog er ein kleines weißes Tütchen aus der Hosentasche, riss es auf und streute ein feines Pulver in das Glas, das wie geriebener Parmesan aussah.
»Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?«
»Ja, ja, red nur weiter«, antwortete Gustavsen und rührte um.
»Stellen wir uns mal folgendes Szenario vor«, fuhr Ohlsen fort. »Der Hausmeister ist in irgendwel che kriminellen Machenschaften verstrickt. Jemand kriegt das spitz und erpresst ihn. Gulliksen hat also allen Grund, sich den Kerl vom Hals zu schaffen. Unter einem Vorwand lockt er ihn mitten in der Nacht zum Geräteschuppen. Sagt ihm vielleicht, dass dort das Geld bereitliegt, das er ihm zahlen will. Gulliksen versucht, ihn zu überwältigen. Es kommt zu einem Kampf, in dessen Verlauf er sich die Verletzung unter dem Auge zuzieht. Schließlich gelingt es ihm, seinen Widersacher in den Schuppen zu sperren und das Ding abzufackeln, ehe sich der andere daraus befreien kann. Schließlich hatte der Schuppen keine Fenster. Die Feuerwehr alarmiert er natürlich erst, als keine Rettung mehr möglich ist und alle Spuren verwischt sind – bis auf seinen Bluterguss.«
»Kann sein, kann aber auch nicht sein, wenn ich dich zitieren darf.« Gustavsen trank einen großen Schluck und verzog das Gesicht. »Pfui Teufel, das Zeug schmeckt wie Katzenpisse!«
»Wie lange willst du diese Diät eigentlich noch machen?«
»Rita würde sich bestimmt freuen, wenn ich bis Weihnachten durchhalte«, antwortete Gustavsen.
»Bis Weihnachten? Du bist doch jetzt schon ein dünner Hering! Willst du auf deine alten Tage etwa Skispringer werden?«
»Ich hatte eigentlich eher an Unterwäsche-Model gedacht«, entgegnete Gustavsen lapidar und leerte das Glas in einem Zug. »Und du glaubst, dass der Hausmeister zur Vorbereitung des Mordes auch die Streichhölzer zusammengebunden hat, die wir gefunden haben?«
»Wer auch immer das war, er hat jedenfalls alles gründlich geplant. Wer ist eigentlich Rita?«
Ohlsen und Gustavsen hatten im Laufe ihrer Zusammenarbeit eine besondere Form des Dialogs entwickelt, in der Berufliches und Privates aufs Engste miteinander verflochten waren.
»Rita ist meine Freundin«, antwortete Gustavsen mit hörbarem Stolz.
»Deine Freundin? Aber das ist ja großartig!« Ohlsen sah seinen Assistenten mit dem Stolz eines Vaters an, dessen Sohn sich gerade zum ersten Mal rasiert hat. »Wo habt ihr euch denn kennengelernt?«
»Rita wohnt schon seit einiger Zeit in meiner Wohnanlage«, erklärte Gustavsen bereitwillig, »und als wir uns neulich beim Leeren der Mülltonnen begegnet sind, kamen wir uns ein bisschen näher.« Er blickte verklärt in die Ferne. »Tja, und was dann passiert ist, das kannst du dir ja denken.«
Ohlsen konnte sich gar nichts denken, freute sich aber aufrichtig für seinen Kollegen, der eigentlich ein eingefleischter Junggeselle war und nicht gerade zu der Sorte von Männern gehörte, bei denen Frauen weiche Knie bekamen. Doch wer einen durch und durch zuverlässigen Partner suchte, der gespitzte Bleistifte und fusselfreie Pullunder zu seinen Hobbys zählte, dachte Ohlsen, der war bei Kommissar Gustavsen an der richtigen
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