Nichts bleibt verborgen
angeht«, fuhr er fort, »sind wir bei den Ermittlungen ein gutes Stück vorangekommen. Die Klärung der Identität des Toten gestaltet sich allerdings schwieriger als erwartet. Fest steht, dass es sich um einen Mann gehandelt hat, doch gibt es derzeit keine vermisste Person, die dafür infrage kommt.«
»Möglicherweise ein illegaler Einwanderer, der bei den Behörden nicht registriert ist«, ergänzte Gustavsen.
»Was hat die technische Untersuchung ergeben?«, wollte die Dezernatsleiterin wissen.
»Auf den Streichhölzern, die wir gefunden haben, konnten keine DNA -Spuren gesichert werden«, erklärte Ohlsen. »Als Brandbeschleuniger wurde eine chemische Flüssigkeit eingesetzt, Ethanol oder so was, das Übliche.«
»Irgendwelche Verdächtigen?«
»Jetzt wird’s interessant«, antwortete Ohlsen. »Verdächtiger Nummer eins ist der Hausmeister, ein Mann namens Gulliksen. Er war es, der den Brand gemeldet hat, doch sind uns bei seiner Aussage verschiedene Ungereimtheiten aufgefallen. Zum einen hatte er einen frischen Bluterguss unter dem Auge, der möglicherweise auf einen Kampf mit dem Opfer hindeutet. Zum anderen wusste er bereits von dem Toten, bevor wir ihn darüber informiert haben. Zum Dritten konnte er uns nicht schlüssig erklären, wie das Opfer in den Schuppen gekommen sein soll, obwohl er ihn nach eigener Aussage bereits am Nachmittag abgeschlossen hatte.«
Die Dezernatsleiterin nickte. »Hört sich vielversprechend an.«
»Zumal mir die gesamte Existenz dieses Man nes ein Rätsel ist«, fuhr Ohlsen fort. »Der ist nämlich der totale Messie. Selbst ziemlich ungepflegt und seine Wohnung völlig verwahrlost. Nach Aussage des Schuldirektors wurde er schon mehrfach abgemahnt, weil er seinen Aufgaben nur unzureichend oder gar nicht nachkam. Man könnte fast glauben, dass sein Job als Hausmeister nur eine Tarnung ist. Ich meine, warum sollte man denn eine solche Stelle annehmen, wenn man einen ausgeprägten Widerwillen gegen alle Reparatur- und Reinigungsarbeiten hat?«
»Wir Psychologen betrachten so etwas natürlich aus einem anderen Blickwinkel«, schaltete sich Nygaard beflissen ein. »Was nach einer getarnten Existenz aussieht, könnte in Wahrheit zum Erscheinungsbild einer gespaltenen Persönlichkeit gehören. Es gab da kürzlich einen hochinteressanten Artikel im Kriminalistischen Wochenblatt .«
»Kannst ja mal deine Supersoftware mit den Such begriffen Hausmeister, fettige Haare und kaputte Klingel füttern« schlug Gustavsen vor, »dann könnten wir uns hier die ganze Arbeit sparen«.
»Mich würde eher der zweite Verdächtige interessieren«, sagte Liv Eriksen. »Hattest du nicht eben vom Verdächtigen Nummer eins gesprochen, Nils?«
»Richtig. Verdächtiger Nummer zwei ist ein Schüler namens Magnus Granberg. Ein vernachlässigter Junge reicher Eltern, der früher schon eine auffällige Neigung zu Gewalt und Feuerspielen gezeigt hat. Er ist bereits zwei Mal von der Schule geflogen, weil er einen Mülleimer in Brand gesteckt beziehungsweise einen Getränkeautomaten in die Luft gesprengt hat. Darüber hinaus haben die Leute von der Spurensicherung ein Lederarmband von der gleichen Art, wie es der Junge sonst am Handgelenk trägt, in unmittelbarer Nähe des Tatorts gefunden. Könnte aber natürlich auch sein, dass der Junge das Armband einfach so verloren hat. Am Nachmittag hat er auf demselben Gelände noch am Sportunterricht teilgenommen.«
»Hast du den Jungen schon nach dem Armband befragt?«
»Ja, und er hat gar nicht abgestritten, dass es wahrscheinlich ihm gehört. Er konnte sich nur nicht erklären, wie es auf den Sportplatz gelangt ist.«
Die Dezernatsleiterin machte sich Notizen. »Danke, Nils, das sollte fürs Erste genügen, um Krogstad …«
»Wer hat denn gesagt, dass ich schon fertig bin?«, fragte Ohlsen.
»Gibt es etwa noch einen Verdächtigen?«
»Ja, und zwar unseren guten alten Bekannten Ivar Torkelsen. Der hat nämlich auch mal die Elisenbergschule besucht.«
Liv Eriksen stöhnte unwillkürlich auf, als sie diesen Namen hörte. »Kannst du dir wirklich vorstellen, dass der nach zehn Jahren aus dem Gefängnis kommt und sofort seinen Rachefeldzug fortsetzt? Er wäre doch nie entlassen worden, wenn die Psychologen ihn immer noch für gefährlich hielten.«
»Wir wissen doch alle, wie Psychologen sich irren können«, entgegnete Ohlsen trocken. »Tut mir leid, Kjell, das geht natürlich nicht gegen dich.«
Der Polizeipsychologe lächelte gezwungen.
»Also gut,
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